Die Chemie stimmt

Neubau Uni Gießen eingeweiht

Carsten Sauerbrei
6. September 2016
Instituts- und Hörsaalgebäude bilden gemeinsam den Rahmen der neuen «Piazza Süd». (Bild: Gerber Architekten/ HG Esch)

Wer in der Geschichte nach dem Beginn wissenschaftlicher Chemie-Forschung sucht, der wird in Gießen fündig. Justus Liebig, Namensgeber der Universität und 1824 an die damalige Ludoviciana berufen, entwickelte ein Labor, das zum Vorbild für die Ausstattung chemischer Laboratorien auf der ganzen Welt wurde. Mit diesem historischen Vorbild hat das neue Forschungsgebäude von Gerber Architekten jedoch kaum noch etwas zu tun. Sie schufen im Neubau modernste, klinisch saubere, tageslichthelle Studien- und Arbeitsräume für mehr als 200 Mitarbeiter und die Studierenden.
 

Farbige Fensterpaneele setzen verspielte Akzente in der Fassade des dynamisch wirkenden Institutsgebäudes. (Bild: Gerber Architekten/ HG Esch)

Klare Struktur und großzügige Räume
Bei der Einweihungsfeier lobte daher Prof. Dr. Jürgen Janek, Dekan des Fachbereichs Chemie und Biologie, auch die «offene und transparente Architektur» des Gebäudes. Er freue sich außerdem, dass «erstmals seit Jahren wieder alle chemischen Arbeitsgruppen räumlich vereint» seien. Zentrales städtebauliches Element des Neubaukomplexes, der aus Instituts- und freistehendem Hörsaalgebäude besteht, ist die glasüberdeckte Magistrale, eine innere Verbindungsachse längs des Institutsgebäudes. Über sie werden alle Gebäudeteile des Instituts erschlossen und der Baukörper in einen langgestreckten Riegel und einen u-förmigen Teil gegliedert. Beide Gebäudeteile umschließen gemeinsam einen großzügigen, terrassierten Gartenhof, zu dem sich alle Arbeits- und Studienräume öffnen. Das übersichtlich und wohltuend klar strukturierte Gebäudeensemble wird komplettiert durch das sich östlich an das Institut anschließende Hörsaalgebäude. Dieses bildet auch den Rahmen für einen neuen öffentlichen Platz, die Piazza Süd.

Über den großzügigen Gartenhof des Institutsgebäudes und eine langgestreckte Verbindungsachse, die «Magistrale» werden alle Räume erschlossen. (Bild: Gerber Architekten/ HG Esch)

Präzision und Farbakzente
Unaufgeregt und dennoch dynamisch wirken Außen- und Innenräume, die vom weißzementfarbigen Sichtbeton und den großzügigen Verglasungen geprägt werden. Farbige, verspielte Akzente setzen die in verschiedenen Gelb- und Grüntönen gehaltenen Fensterpaneele und die künstlerisch gestalteten Treppenhauswände im Hörsaalgebäude. Der türkisch-deutsche Künstler Ekrem Yalcindag konnte sich dort im vom Land Hessen ausgelobten Wettbewerb «Kunst am Bau» mit seinem farbintensiven, ornamentalen Entwurf «Red, Yellow and Blue» durchsetzen. Mit diesem Neubau gelingt es Gerber Architekten überzeugend, ein selten anzutreffendes Gleichgewicht zwischen Struktur und Auflockerung, Ruhe und Dynamik, Präzision und Verspieltheit zu erreichen.