Quadratisch reliefiert

Carsten Sauerbrei
12. Januar 2018
Klarheit und Ruhe, aber auch Lebendigkeit prägen das Erscheinungsbild des strengen, aber stark plastischen Fassadenrasters des Mannheimer Neubaus. (Bild: Roland Halbe)

«Neubau Forschungs- und Lehrgebäude für die Universität Mannheim im Quadrat B6» so lautete ganz offiziell der Projektname des Anfang November eingeweihten Gebäudes des Stuttgarter Büros Wulf Architekten. Den Einladungswettbewerb hatten die Stuttgarter Planer 2013 unter anderem mit ihrem streng gerasterten, Ruhe und Klarheit ausstrahlenden Fassadenentwurf gewonnen, der sich bewusst auf die Geschichte der barocken Planstadt und das historisch geprägte Umfeld des Bauplatzes mit barocker Jesuitenkirche und dem Barockschloss Mannheim bezieht.

Das neue Lehrgebäude vervollständigt die aufgelockerte Blockstruktur auf dem Stadtquadrat B6. (Bild: Roland Halbe)

Mit dem winkelförmigen Neubau leisten Wulf Architekten einen wichtigen Beitrag zur Wiederherstellung der strengen Blockstruktur, die für Mannheim stadtbildprägend ist. Wobei auch mit dem Neubau auf dem Stadtquadrat B6 statt einer komplett geschlossenen Blockrandbebauung eine aufgelockerte, immer wieder durchbrochene Baustruktur im Zusammenspiel mit den Bestandsgebäuden entsteht. Der Baukörper des Neubaus besteht dabei aus einem relativ schmalen Hauptflügel an der Straße und zwei tieferen, zum Blockinneren orientierten Seitenflügeln, die Sondernutzungen wie Seminarräume und Gruppenarbeitsräume aufnehmen.

Straßen- und Hofseite des Neubaus gaben die Architekten mit zwei gleichwertigen Zugängen und dem homogenen Fassadenraster ähnliches Gewicht. (Bild: Roland Halbe)

Straßen- und Hofseite des Neubaus gaben die Architekten mit zwei gleichwertigen Zugängen und dem sich gleichmäßig über alle Fassaden erstreckenden Raster ähnliches Gewicht. Das plastisch zurückspringende, homogene Fassadenrelief besteht aus einer modular aufgebauten Quadratstruktur aus hellbeige eingefärbten, sandgestrahlten Betonelementen, die das annähernd quadratische Fenster als gestalterisches Grundthema mehrfach einrahmen. Verstärkt wird der plastische Eindruck durch die durch das Sonnenlicht hervorgerufenen horizontalen Schatten an der oberen Fenstereinfassung, die mit den beiden horizontalen, dunklen Fensterblechen aus eloxiertem Aluminium an der unteren Fenstereinfassung korrespondieren.

Im Inneren des Gebäudes beeindruckt das Treppenhaus mit einer barock anmutenden Inszenierung des Raumes. (Bild: Roland Halbe)

Klarheit kennzeichnet auch die Innenräume des Neubaus. Mit der großzügig entworfenen, dreiläufigen Treppe suchen Wulf Architekten abermals die Nähe zu historischen Vorbildern, diesmal barocke Inszenierungen von Treppenräumen. Das Forschungs- und Lehrgebäude stellt den ersten von mehreren Bauabschnitten dar, die das Stadtquadrat B6 und sowie das angrenzende A5 als «Freiraum für exzellente Forschung» neu definieren sollen. Damit leistet der durch seine formale Strenge gerade besonders reizvolle Neubau einen wesentlichen Beitrag zur Stadtreparatur der durch Krieg und Nachkriegszeit stark betroffenen Mannheimer Innenstadt.