Kulturhistorisches Zentrum von Pool Leber Architekten, München

Skulpturale Giebelreihe

Carsten Sauerbrei
27. Oktober 2017
Mit dem am Eingang großzügig verglasten Erdgeschoss öffnet sich das Museum zur Stadt. (Bild: Brigida Gonzalez)

Skulpturale Baukörper sind in der zeitgenössischen Architektur beliebt. Auch die von der Geschichte inspirierte Baukunst hat ihren anerkannten Platz im aktuellen Baugeschehen. Gebäude jedoch, die beides vereinen, sind wesentlich rarer. Die Münchner Architekten des Büros Pool Leber schufen (in ARGE mit Bleckmann Krys Architekten, Bauleitung) mit dem «kult» solch ein Bauwerk, dessen mehrfach gefaltetes Dach Bezug auf die mittelalterlichen Stadtsilhouette Vredens und die damals üblichen Dach- und Giebelformen nimmt.

Bestand einbezogen

Vor Baubeginn fanden Pool Leber Architekten zwei Gebäude der 70er-/80er-Jahre des bereits dort ansässigen Museums für Regionalgeschichte vor und mit Armenhaus und Pulverturm auch zwei mittelalterliche Bauwerke. Den Bestand bezogen sie in den langgestreckten Neubau entlang der einstigen Stadtmauer ein. Dazu befreiten sie einerseits die mittelalterlichen Gebäude von störenden Anbauten und homogenisierten andererseits mit Hilfe der neuen Fassadenbekleidung aus kohlegebrannten Ziegeln das Erscheinungsbild der restlichen Gebäudeteile. Nur ein leicht anderer Farbton der Ziegel und die markant postmodernen Fensterstürze weisen heute noch auf deren abweichende Bauzeiten hin.

Inspiration für die Gestaltung des Baukörpers fanden die Architekten in der mittelalterliche Stadtsilhouette Vredens. (Bild: Brigida Gonzalez)

Nicht nur in der Horizontalen auch in der Vertikalen entwarfen die Architekten einen kleinteilig vor- und zurückspringenden Baukörper. In diesen schnitten sie präzise Öffnungen hinter abgeschrägten Laibungen, die nicht nur die skulpturale Wirkung verstärken, sondern auch auf wichtige historische Orte in Vredens Stadtbild ausgerichtet sind. Den Haupteingang markierten sie mit einer großzügig verglasten Erdgeschosszone und schufen damit eine auf die Stadt und den kleinen Vorplatz gerichtete einladende Geste, die jedoch auf Grund der Massivität der darüber «schwebenden» Obergeschosse auch ein wenig Unbehagen auslöst.

Sinnlich präzise Formensprache

Im Inneren des Gebäudes setzen Pool Leber Architekten ihre sinnlich präzise Gestaltung mit dem sichtbaren Betontragwerk mit sägerauer Bretterschalung im Foyer oder auch mit intensiv gelben Einbauten und Oberflächen für Kasse und andere Nebenfunktionen fort. Im zentralen Treppenhaus zeigt sich abermals wie gekonnt die Architekten mit Lichtführung, Sichtbezügen und Detaillierungen umgingen. Scharfkantig eingesetzte Öffnungen, eine Vielfalt an Ein-, Aus- und Durchblicken und die zwar puristische und dennoch optisch und haptisch reizvolle Formensprache lassen den Besuch des Gebäudes schon vor Betreten der Ausstellung als Genuss erscheinen.

Das zentrale Treppenhaus verbindet die verschiedenen Ausstellungsteile und -geschosse miteinander. (Bild: Brigida Gonzalez)
Teilweise intensiv gelb gestalteten Einbauten und Oberflächen beleben die Nebenräume. (Bild: Brigida Gonzalez)