Architekturfakultät der Hochschule München

Studierende wollen in der Karlstraße bleiben

Oliver Pohlisch
8. April 2016
Architekturschule in Karlstraße, Ansicht von Südwesten, Foto: Rudolph Buch via Wikimedia Commons

Eine mit Naturstein verkleidete Fassade, dahinter luftige Räume, filigrane Säulen im Treppenhaus und ein Lichthof: All dies sollte die Monumentalität der Nazibauten in der Nachbarschaft kontrastieren und einen Neuanfang signalisieren. Entworfen von der Architektengemeinschaft Adolf Peter Seifert, Rolf ter Haerst und Franz Ruf, entstand ab 1954 in zwei Abschnitten die «Staatsbauschule München Akademie für Bautechnik» auf einem Trümmerareal an der Karlstraße.

Heute sind darin die Fakultäten Architektur, Bauingenieurwesen und Geoinformation der Hochschule für Angewandete Wissenschaften München (HM) untergebracht. Das Gebäude steht unter Denkmalschutz, doch seit längerem herrscht Unsicherheit über die Zukunft dieser Immobilie. Der Zahn der Zeit hat an ihr genagt. Sie müsste kostenaufwändig saniert sowie energetisch ertüchtigt werden. Und sowieso: Die Hochschulabteilungen sollen demnächst in einen noch zu errichtenden Bau auf den neuen HM-Campus an der Lothstraße umziehen.

Die rund 400 davon betroffenen Studierenden wollen die Adresse Karlstraße 6 allerdings nicht verlassen. Zusammen mit Angehörigen des Lehrkörpers und den Mitgliedern des Freundeskreises des Baudenkmals wehren sie sich gegen das Vorhaben. Seit dem vergangenen Sommer laufen Protestaktionen, zum Beispiel veranstalteten die Studierenden im Juli einen öffentlichen Trauerzug mit Brass Band durch die Münchner Maxvorstadt. Das Studentische Parlament der HM sprach sich einstimmig für den Erhalt des Hochschulgebäudes aus. Und haben mehr als 4300 Personen eine entsprechende Internetpetition unterzeichnet.

Die Umzugsgegner argumentieren, dass am neuen Platz wichtige Vorteile des bisherigen Standorts verlorengingen. Dazu gehörten die fußläufige Nähe zur Musik- und Filmhochschule, zu den Pinakotheken, zur Architekturgalerie und zum Architekturmuseum der TU im zentrumsnahen Kunstquartier. Nur einen Steinwurf von der Karlstraße 6 entfernt befänden sich zahlreiche herausragende Zeugnisse der Baugeschichte Bayerns. Dementsprechend sei dort eine bessere Architekturausbildung möglich als in einem Neubaugebiet, sind sie sich sicher. Zumal die ökonomischen Rahmenbedingungen die Einrichtung von Arbeitsplätzen in einer Qualität, wie sie in dem von Seifert, ter Haerst und Ruf entworfenen Komplex zu finden sei, gar nicht mehr zuließen. Das für den Neubau vorgesehene Grundstück in der Lothstraße sei für die Raumbedürfnisse der drei Fakultäten offensichtlich zu klein, kritisieren sie.

Im Dezember hatte eine Expertenkonferenz aufgezeigt, wie eine nachhaltige Modernisierung des Ensembles an der Karlstraße möglich wäre: durch Mitwirkung der Studierenden, die so Praxiserfahrung sammeln könnten. Seitdem hätten sich auch die Initiatoren der Internetpetition um einen Termin mit CSU-Kultusminister Ludwig Spaenle bemüht, erklärte der Freundeskreis. Spaenle hätte aber mitteilen lassen, dass er keine Zeit für ein Treffen habe. Die Studenten und Unterstützer befürchten nun, dass ihr Anliegen auf diese Weise abgebügelt werden solle, während die Hochschulleitung Fakten schaffe.

Wie der Münchner Merkur berichtete, traf sich CSU-Kultusminister Ludwig Spaenle nämlich am Mittwoch mit Hochschulpräsident Michael Kortstock um unter anderem über das Schicksal der Architekturschule an der Karlstraße zu sprechen. Spaenle bezeichnete in der Vergangenheit die Pläne der Hochschule als «schlüssig und tragfähig». Mit modernen Räumen und Labors biete ein Neubau viel bessere Möglichkeiten als etwa ein saniertes und denkmalgeschütztes Haus. Die Hochschule hofft nicht nur auf einen verbesserten Austausch zwischen den auf dem neuen Campus zusammengefassten Fakultäten, sondern auf eine gegenseitige Bereicherung von akademischem Personal und den Kunst- und Kulturschaffenden im angrenzenden Kreativquartier entlang der Dachauer Straße.

Prominente Vertreter der Architektenszene hatten laut der Süddeutschen Zeitung aber schon vor langem gefordert, dass dafür keine «geistige Wüste» in der Innenstadt hinterlassen werden darf. Immerhin hat die Kommune planungsrechtlich festgelegt, dass das Gelände an der Karlstraße der Lehre und Forschung vorbehalten bleibt. Doch für viele wäre ein Abriss und Neubau nicht weniger schlimm als der Wegzug der Architekturschule. Dass sie damals ausgerechnet im Kunstquartier gebaut wurde, hätten Studenten erkämpft. «Diesem demokratischen Engagement der Nachkriegsjahre fühlen wir uns verpflichtet», so Karl Kegler, einer der an der Karlstraße lehrenden Professoren.

Treppenhaus in der Karlstraße 6, Foto: D. Fuchsberger via Wikimedia Commons