Zeitgenössisch ersetzt Moderne

Carsten Sauerbrei
19. Mai 2017
Zwischen Ausstellungshaus und Eingangsbau öffnet sich das Neubauensemble mit Museumsplatz und Freitreppe zur Altstadt. (Bild: © Stadt Frankfurt LUMEN)

Denkt man an Frankfurts Architektur, dann fallen den meisten sicherlich zunächst Hochhäuser ein und dann auch der Streit um Rekonstruktionen in der Altstadt. Auch die nun übergebenen Neubauten von «LRO Lederer Ragnarsdóttir Oei», Stuttgart sind Teil jener Frankfurter Architekturentwicklung, die mehr Bezug zur Bautradition sucht, ersetzen sie doch den die Geschichte ignorierenden Vorgängerbau von 1972. Allerdings fiel dieser nicht nur der ästhetischen Ablehnung durch die Öffentlichkeit zum Opfer, sondern auch den hohen Kosten, die für seine Sanierung veranschlagt wurden.

Das neue Eingangsgebäude, das an den historischen Saalhof anschließt, bildet zusammen mit dem neuen Ausstellungshaus und den Altbauten ein kleinteilig strukturiertes Quartier. (Bild: © HMF/Robert Metsch)

Auch architektonische Anforderungen wie die städtebauliche Einbindung in die Umgebung erfüllte der abgerissene Vorgängerbau nur ungenügend: Er war zu groß im Vergleich zum historischen Saalhof, umklammerte und verdrängte diesen und schottete das gesamte Ensemble gegen die Nachbarschaft ab. Die nun übergebenen Neubauten passten die Architekten dagegen mit der Aufteilung der Baumassen in ein großes Ausstellungshaus und einen kleineren Eingangsbau wesentlich besser in die Altstadtstruktur ein. Zwischen beiden neuen Baukörpern entstand dadurch auch ein städtisch wirkender Museumsplatz mit großer Freitreppe, der das Quartier mit der Altstadt verbindet und unter dem sich als zweites Foyer, eine Verteilerebene befindet. Über diese können alle Gebäudeteile, alte und neue erreicht werden.

Die Architektur des neuen Ausstellungshauses verbindet zeitgenössische Formensprache mit historischen Bezügen. (Bild: © Stadt Frankfurt LUMEN)

Auch die Architektur der Neubauten verbindet gelungen Zeitgenössisches mit Historischem. So wirkt das Ausstellungshaus mit rund 60 Metern Länge wie ein großer Speicher in der Stadt. Die markanten Doppel-Satteldächer, Giebel und vorkragenden Erker sowie die Wahl von Mainsandstein für die Fassade stellen ebenfalls den Bezug zur lokalen Baugeschichte her. Dezidiert zeitgenössisch erscheinen dagegen die abstrahiert-minimalistische Geometrie von Fassaden und Baukörper und die feine Detaillierung von Fenstern, Türen, Fassadenöffnungen, Dach und Traufe. Kein Wunder, dass die Vertreter der Stadt voller Lob waren für die neuen Gebäude des Historischen Museums, das in den letzten zehn Jahren außerdem von einem «Fachmuseum für Geschichte» zu einem modernen Stadtmuseum geworden sei, wie der Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann bei der Übergabe betonte.

Unter dem neuen Museumsplatz befindet sich eine große Verteilerebene und Teile der Ausstellung, die Passanten durch das goldfarbene Museumsperiskop betrachten können. (Bild: © Stadt Frankfurt LUMEN)