Campus der Ecole Polytechnique Fédérale de Lausanne

Auf Zickzack

Thomas Geuder
18. November 2015
Um im globalen Wettbewerb der Universitäten auch architektonische Strahlkraft zu zeigen, setzt die EPFL seit Jahren konsequent auf auf emblematische Gebäude. (Rendering: Dominique Perrault Architecture)

Projekt: Ecole Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL) (Lausanne, CH) | Architektur: Dominique Perrault Architecture (Paris, FR) | Bauherr: Swiss Confederation, vertrten durch den Conseil des écoles polytechniques (Lausanne, CH) | Hersteller: GKD – Gebr. Kufferath AG (Düren, D), Kompetenz: Metallgewebe Typ Escale

Die großen Universitäten stehen – so hört man oft – in einer Art Konkurrenz zueinander, in der es darum geht, die besten Studenten und Wissenschaftler aus aller Welt zu sich zu holen. Ein nicht zu vernachlässigender Faktor in diesem Spiel ist die Architektur, denn spektakuläre Gebäude machen aus einem Uni-Campus einen berühmten Ort. So ist es kein Wunder, dass die Universitäten sich immer wieder mit großen Architektennamen schmücken wollen, die ihrerseits für Bauten sorgen, die in aller Munde sind. So hat die Welt der Architektur vor gut fünf Jahren etwa sehr viel über die Ecole Polytechnique Fédérale in Lausanne gesprochen, wo die beiden Japaner Kazuyo Sejima + Ryue Nishizawa (SANAA) das sogenannte Rolex Learning Center errichteten, ein extrem in die Breite gezogener, irgendwie einer Lasagne ähnlicher Bau, der jedoch sehr unterschiedliche Räume und Raumbezüge schafft. Dieser Ikone folgten weitere, etwa der Umbau der ehemaligen Zentralbibliothek zum Verwaltungs- und Servicezentrum von Dominique Perrault oder das Swiss Tech Convention Center von Richter Dahl Rocha & Associés, ebenfalls aus Lausanne.

Campus der Universität: Mit dem Rolex Learning Center wurde 2010 von SANAA der erste Meilenstein auf dem Weg zu einem zeitgemäßen Gesicht der Universität gesetzt. (Rendering: Dominique Perrault Architecture)

Über einen eingeladenen Wettbewerb für Bauentwickler schaffte Dominique Perrault nun den Sprung zu einem weiteren Projekt auf dem Uni-Campus, das sich gleich in Nachbarschaft zum SANAA-Gebäude befindet. Eigentlich handelt es sich auch hier abermals um einen Umbau: Mit der Renovierung und gleichzeitig Ausbau des ehemaligen Instituts für Maschinenbau will Perrault den Bogen in die Zukunft integrierter Forschungskonzepte schlagen. Zukünftig werden sich hier die Lehrstühle für Robotik und Orthopädie gemeinsam mit dem Zentrum für Neuroprothesen dem Feld der Bioingenieurwissenschaften widmen. Zentrum der interdisziplinären Forschung ist die Behandlung von Rückenmarksverletzungen, die Wiederherstellung von motorischen und sensorischen Funktionen nach Amputationen sowie die Steuerung von Robotern durch Gedanken.

Geschlossen gewährleisten die Paneele effizienten Sonnenschutz, blendfreie Arbeitsplätze und dennoch Blickbeziehungen nach draußen. (Bild: GKD)

Vorherrschendes Thema Perrault‘s Entwurf ist eine Art Zickzackmuster, das sowohl innen im Atrium durch die Stege und Treppen zu spüren ist als auch die Fassade des vier Stockwerke hohen Gebäudes dominiert. Sie besteht aus 630 einzelnen Paneelen, jedes 1,10 x 3,60 m groß, die den Bau wie konvex und konkav angeordnete Fallarmmarkisen kleiden. Sie bestehen aus naturfarben eloxiertem Aluminiumgewebe (Escale, GKD), in Dreiergruppen in einem stabilen Rahmen befestigt, jeweils zwei Paneele lassen sich motorisch hinter das dritte fahren. Dies bietet vor allem in Sachen Tageslicht für die Innenräume große Vorteile, denn geschlossen wirkt das Gewebe wie ein Sonnenschutz, der dennoch den Blick nach draußen zulässt. Um den individuellen Bedürfnissen nachzukommen, sind die Paneele raumweise bedienbar.

Am Eingangsbereich, wo der Baukörper dem bestehenden Rolex Learning Center zugewandt ist, faltet sich die Fassade wie von einem Windstoß geblasen nach oben auf. (Bild: Dominique Perrault Architecture / Adagp)

Das Spiel an der Fassade mit den Flächen kann durchaus als Antwort auf den organisch fließenden Nachbarn von SANAA verstanden werden. Die 7 mm breiten und 150 mm langen Spiralen des Gewebes reflektieren das Sonnenlicht zusätzlich und nehmen dem kompakten Bau seine Schwere. Zusätzlich bietet der im Erdgeschoss verwendete 2 mm starke Flachdraht verstärkten Schutz vor Vandalismus. Hier im Erdgeschoss faltete sich die das Gewebekleid im Eingangsbereich eindrucks- und kunstvoll nach oben, als ob es eben durch einen Windstoß heraufgeblasen wurde. Filigrane Streben und Stützen, an denen die Rahmen befestigt sind, tragen die Kräfte an diesem Vordach ab. Auf Grund der Lage im Gebirge, mit dem Genfer See in unmittelbarer Nähe galt es bei deren statischer Berechnung, mussten die erhöhten Wind- und Schneelasten sowie eine Totalvereisung berücksichtigt werden, weswegen hier ein Edelstahlgewebe verwendet wurde. Zur Zertifizierung dieser Konstruktion wurden deshalb drei Prototypen ein Lahr lang den realen Bedingungen ausgesetzt.

Blick ins Atrium: Das jüngste Gebäude auf dem Campus ist der Ausbau des bestehenden Instituts für Manschinenbau, das mit dem erst 2008 gegründeten Zentrum für Neuroprothesen (CNP) zusammengelegt wurde. (Bild: Dominique Perrault Architecture / Adagp)
Schema Lageplan (Bild: Dominique Perrault Architecture / Adagp)
Schema Gebäudeorganisation (Bild: Dominique Perrault Architecture / Adagp)
Das Gewebe reflektiert mit seinen 7 mm breiten und 150 mm langen Spiralen das Sonnenlicht besonders intensiv und verleiht der Fassade so eine gewisse Leichtigkeit. (Bild: GKD)
Dominique Perrault verzichtete bewusst auf eine rückwärtige Verankerung der Paneele, alle Kräfte werden durch die Rahmen abgeleitet. (Bild: Dominique Perrault Architecture / Adagp)

Projekt
Ecole Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL)
Lausanne, CH

Architektur
Dominique Perrault Architecture
Paris, FR

in Zusammenarbeit mit
Steiner AG
Zürich, CH

Hersteller
GKD – Gebr. Kufferath AG
Düren, D

Kompetenz
Metallgewebe Typ Escale

Bauherr
Swiss Confederation, vertrten durch den Conseil des écoles polytechniques
Lausanne, CH

Ingenieur Fassade
Felix Construction
Denges, CH

Ingenieur Statik
Daniel Willi SA
Montreux, CH

Grundstücksfläche
15.500 m²

Geschossfläche
20.800 m²

Geschossvolumen
81.120 m³

Fertigstellung
2015

Eröffnung geplant
Mai 2016

Fotografie
Adagp
Dominique Perrault
GKD  
 


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