Wiederaufbau Hotel Restaurant Krone von L3P Architekten

Gekrönte Fassade

Thomas Geuder
9. April 2017
Erst beim zweiten Blick ist erkennbar, dass das Gebäude über den Regensberger Stadttor nahezu gänzlich neu ist. (Bild: Sabrina Scheja / L3P)

Projekt: Wiederaufbau Hotel Restaurant Krone (Regensberg, CH) | Architektur: 3P Architekten ETH FH SIA AG (Regensberg, CH) | Bauherr: privat | Hersteller: Scherrer Metec AG (Zürich, CH), Kompetenz: Sonderanfertigung Fassadenbleche Messing brüniert

Das kleine, mittelalterliche Landstädtchen Regensberg, rund 20 km nordwestlich von Zürich, ist Idylle pur. Angelegt auf einem Felssporn hoch über dem benachbarten Dielsdorf wurde es bereits 1244 vom Freiherren Lütold V von Regensberg gegründet, als ringförmige Burganlage mit voluminösem Bergfried. Das Haupttor zur Oberburg, wie der historische Kern heute heißt, bildete über Jahrhunderte das Gasthaus Krone, eine traditionsreiche und geschichtsträchtige Taverne. Seit 1997 schließlich waren in dem Gebäude Wohnungen untergebracht. Der 12. September 2011 allerdings war ein Schicksalstag für das Bauwerk: Über dem Stadttor brach ein Großbrand aus, bei dem das Haus fast komplett zerstört wurde. Hier in der Folge eine Lücke zu reißen und diese mit einem gänzlich neuen Bau zu ersetzen, wäre ob des markanten und für die Gemeinde prägenden Orts kein guter Weg gewesen. So wurden die Planer von L3P Architekten, die ihr Büro nur rund 200 m vom Objekt entfernt haben, mit dem möglichst sensiblen Wiederaufbau des Hauses beauftragt. Entscheidend für die Planung war, das Gebäude wieder als Hotel und Restaurant aufzubauen. Die Volumetrie und die Dachform sollten dabei unverändert bleiben, um die Gesamtheit des historischen Stadtrings nicht zu unterbrechen. Formal, technisch und im Material aber sollte ein klarer Bezug zur aktuellen, zeitgenössischen Baukultur erkennbar werden. Historisch bedingt wurde in Regensberg schon immer mit Kalkstein gebaut. So entschieden sich die Architekten, den Neubauteil über dem mit Kalkputz versehenen Bestand in Kalkbeton auszuführen, mit Sichtqualität und gestockt, wodurch die Oberfläche durch Bearbeitung mit einem Stockhammer bearbeitet wird und danach quasi wie mattiert erscheint.

Grundmaterial beim Wiederaufbau des Gebäudes war Kalkstein, was etwa in die Verwendung von Kalkbeton in der Außenansicht mündete. (Bild: Sabrina Scheja / L3P)

Kalk taucht auch im neuen Innenraum wieder auf, wo die neuen Bauteile in den öffentlichen Bereichen sowie in der Haupterschließung mit historischen Kalkmischungen verputzt sind und so ein burgiges Ambiente erzeugt werden soll. Es entsteht im Innen- wie im Außenraum eine Spannung zwischen Altbau mit Natursteinwänden sowie viel Holz und Neubau mit klarer Form- und Materialsprache, die kein Gegeneinander, sondern eher ein feines Ineinander ist. Die Fassade zum Dorfplatz öffnet sich – etwas versteckt – mit großzügiger «ung. Enorm wichtig für die Gesamtwirkung war demgegenüber die Fassade an der Außenseite des Stadtrings, ursprünglich eine Lochfassade mit dunklen Holzfenstern. Um auch hier mehr Licht ins Gebäude zu bringen, haben die Architekten bis zu sieben Meter lange Panoramafenster eingebracht. Die sind allerdings nicht als horizontales Langfenster belassen. Damit die ursprüngliche Wirkung der Fassade nicht verändert wird, sind sie in regelmäßigen Abständen mit dunklen, brünierten Messingblechen verblendet, die aus der Ferne wie Fensterläden wirken. In Wirklichkeit sind sie jedoch mit einer feingliedrigen Perforation versehen, sodass von drinnen bei Tag der Blick nach draußen möglich ist bzw. umgekehrt das (gedämpft) Licht hinein fallen kann. Um hierfür die richtige Perforierung zu finden, wurden zahlreiche Modelle teilweise im Maßstab 1:1 angefertigt. Am Ende gewann das Muster einer immer wiederkehrenden, stilisierten Krone, selbstredend eine Referenz an das Hotel und Restaurant «Krone». So ist es den Architekten durch kreative Detailarbeit und feinfühlige Materialwahl gelungen, ein zeitgenössisches Gebäude auf historischem Bestand zu errichten, das seine Entstehungszeit deutlich zum Ausdruck bringt und die Vergangenheit geschickt einbindet.

Die bis zu sieben Meter langen Panoramafenster werden durch vorgesetzte, fein perforierte Bleche aus Messing unterbrochen. (Bild: Sabrina Scheja / L3P)
Die Fensterrahmen der unterbrochenen Panoramafenster sind so gestaltet, dass die Ansicht wie eine Lochfassade mit durchsichtigen Wandstücken wirkt. (Bild: Sabrina Scheja / L3P)
Die neuen öffentlichen, lichtdurchfluteten Räume sind – in Anlehnung an das Grundmaterial Kalkstein – mit Kalkputz versehen. (Bild: Sabrina Scheja / L3P)
Auch in den Hotelzimmern findet sich der Kalkputz und die klare Form des Entwurfs. (Bild: Sabrina Scheja / L3P)
Durchdachte Blickbeziehungen zum Außenraum finden sich drinnen immer wieder. (Bild: Sabrina Scheja / L3P)
Prägnante Farbgebungen und unverwechselbare Materialien überraschen im Innenraum. (Bild: Sabrina Scheja / L3P)
Die vom Brand verschonten Gebäudeteile erinnern durch die Natursteinwände und das vorherrschende Holz fast an ein Stallgebäude. (Bild: Sabrina Scheja / L3P)
Lageplan (Quelle: L3P Architekten)
Grundrisse (Quelle: L3P Architekten)
Detailschnitt horizontal (Quelle: L3P Architekten)
Zahlreiche Modellvarianten wurden teilweise im Maßstab 1:1 erstellt, um die richtige Licht-Schatten-Wirkung herauszufiltern. (Bild: L3P Architekten)
Die 1:1-Modelle wurden vor Ort auf ihre Wirkung getestet. (Bild: L3P Architekten)
Gewinner des aufwändigen Auswahlverfahrens war schließlich ein brüniertes Blech mit sich wiederholenden, stilisierten Kronen. (Bild: L3P Architekten)
Ein Brand zerstörte im September 2011 einen Großteil des historischen Torhauses von Regensberg. (Bild: L3P Architekten)

Projekt
Wiederaufbau Hotel Restaurant Krone
Regensberg, CH

Architektur
L3P Architekten ETH FH SIA AG
Regensberg, CH

Hersteller
Scherrer Metec AG
Zürich, CH

Kompetenz
Sonderanfertigung Fassadenbleche Messing brüniert

Perforierung der Bleche mit Wasserstrahlfräse
Cantech AG
Wetzikon, CH

Bauherr
privat

Tragwerksplanung
Bona+Fischer dipl. Bauingenieure ETH FH SIA
Winterthur, CH

Fertigstellung
2015

Fotografie
Sabrina Scheja


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