Juwelier-Geschäft «addore» in München

Gold, Edelstein und Leder

Thomas Geuder
19. Januar 2016
In München haben die Innenarchitekten von meierei ein Schmuckkästchen geschaffen, das eine exquisite Inszenierung für die Juwelen schafft. (Bild: Andreas Hoernisch)

Projekt: Juwelier-Geschäft «addore» (München, D) | Innenarchitektur: meierei Innenarchitektur | Design (München, D) | Bauherr: Elena und Andrei Chkhman (München, DE) | Hersteller/Großhandel: Leder-Hofmann München Stadt GmbH (München, D), Kompetenz: naturfarbenes Leder | weitere Projektdaten unten

Kaufwilligen wird das Shoppen heute so einfach gemacht, wie nie zuvor. Für sie sind die Entwicklungen im Einzelhandel der letzten Jahre ideal – für den Einzelhändler aber ist nichts mehr wie es einmal war. Denn seine Kunden lassen sich nur noch ungern in eine Schublade stecken. Alles darf, nichts muss, lautet das Credo der Gegenwart. So weiß der Händler nicht mehr wirklich, mit wem er es zu tun hat. Seine Zielgruppe ist diffuser denn je. Warenhäuser von heute müssen sich da schon einiges einfallen lassen, um die volle Aufmerksamkeit des Kunden zu erlangen. Die Erweiterung um ein Online-Angebot jedenfalls genügt schon lange nicht mehr. Vielmehr geht es darum, das Einkaufen zum prägnanten Erlebnis zu machen. Der Kunde ist der König! Wer den Kaufwilligen erreichen und halten will, muss ihn mitnehmen auf eine verlockende Reise, muss Geschichten erzählen und Welten schaffen, die es am heimischen Küchentisch nicht gibt und mit denen er sich identifizieren kann. Der Kunde dankt seinerseits mit der Treue zur Marke und Weiterempfehlung in der Community, live und in Farbe, per Facebook, Twitter und Co.

Mit dem «Drop» als Deckenskulptur suchen die Innenarchitekten eine Umkehr der Sehgewohnheiten, eine große Geste, die den Fokus des Besuchers auf den Schmuck lenkt. (Bild: Andreas Hoernisch)

Architekten bzw. Innenarchitekten sind dann gefragt, wenn es ums Übersetzen des Markenimages in die gebaute Realität und die räumliche Dimension geht, wenn die Marke ein Gesicht bekommt. So hat in München die Innenarchitektin Dorothee Maier vom Büro meierei, ebenfalls aus München, eine komplette Welt für das Juwelier-Geschäft «addore» erschaffen, vom Firmen-CI und der Entwicklung des Logos bis zur Gestaltung des 33 m² großen Ladens in der Prannerstraße, direkt neben den Münchner Fünf Höfen. In der Reihe der vielen prächtigen Bauten hier befindet sich der Laden in einem schmalen, durch seine feinen Jugendstilelemente aber nicht minder prächtigen Haus. Es besitzt kein ausladendes Schaufenster, so haben die Planer den Laden von Beginn an als Schmuckkästchen, mehr noch: als «Altarraum für exquisiten Schmuck aus aller Welt» gedacht.

Juwelen werden immer direkt auf der Haut getragen, so war das Material der Wahl für diesen Store ebenfalls die Haut, in diesem Fall naturfarbenes Leder. (Bild: Andreas Hoernisch)

Das Innere wird charakterisiert durch eine raumgreifende Deckenskulptur, die fast sakral an ein Gewölbe erinnert, den Raum wie ein «Drop» in seiner Mitte verdichtet und den Blick des Betrachters auf die Mitte fokussiert, wo sich die zentrale Theke mit den wichtigsten Schmuckstücken befindet. Die Skulptur besteht aus naturfarbenem Leder, eine Materialwahl, bei der sich die Innenarchitekten vom Thema Haut, auf der Juwelen normalerweise getragen werden, inspirieren ließen. Insgesamt 236 finite Elemente sind mit einzelnen Lederbändern verbunden und bilden so die Form. Die Skulptur ist alles andere als Stangenware: Das Leder stammt von einem Münchner Großhändler (Leder Hofmann). Jede einzelne Haut wurde von den Innenarchitekten gesichtet und ausgesucht, immer mit der Idee, die Individualität, Unterschiedlichkeit und Unperfektion einer Kuhhaut auch zu zeigen. Ein Polsterer hat die Häute dann mit einem Spezialkleber aus dem Autobau auf leichten Sandwich-Platten kaschiert. Vor Ort schließlich sind die Planer zusammen mit dem Trockenbauer selbst auf die Leiter gestiegen, um die einzelnen Elemente in echter Sisyphos-Arbeit perfekt anzuordnen. «Hier merkt man am eigenen Leib, wo der unterschied zwischen gerenderten, schönen Bildchen und der Umsetzung im echten Leben liegt. Spannst du hier nach, klafft es dort auf – alles ist in Bewegung und miteinander verbunden», resümiert Dorothee Maier nach getaner Arbeit.

Im gesamten Laden wie auch im Logo ist der Kreis ein wichtiges Gestaltungsthema, von den «Bubbles» über die «Plates» bis hin zu den Schatten. (Bilder: Andreas Hoernisch)

Umgeben ist die raumprägende Skulptur von Wandvitrinen, die sich in Grautönen eher zurückhalten. Das Thema der «Plates», das auch im Shop-Logo aufgegriffen ist, findet sich in den Vitrinen wieder, als runde Auflage für die Schmuckstücke und als «Bubbles», also Gucklöcher in der Wand. Individualität, die exakt auf Marke und Produkt zugeschnitten ist, übersetzt hier die hochwertige, leicht verspielte Welt der Schmuck-Designer in ein markantes Ambiente, das das Einkaufen zu einem emotionalen und exklusiven Erlebnis macht.

Der Schmuck liegt auf Lederkissen, um die Assoziation des Tragens auf der Haut zu wecken. (Bilder: Andreas Hoernisch)
Grundriss (Quelle: meierei)

Impressionen vom Aufbau: (Bilder: meierei)

Projekt
Juwelier-Geschäft «addore»
München, D

Innenarchitekt
meierei Innenarchitektur | Design
München, D

Team: Dorothee Maier, Andreas Utzmeier, Susanna Riede

Hersteller/Großhandel
Leder-Hofmann München Stadt GmbH
München, D

Kompetenz
naturfarbenes Leder

Bauherr
Elena und Andrei Chkhman
München, D

Fertigstellung
2015

Fotografie
Andreas Hoernisch
meierei


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