Architekturpavillon von Gerkan in Hamburg

Schwungvoll hanseatisch

Thomas Geuder
7. Juni 2016
Der «Architekturpavillon von Gerkan» wurde vergangenes Jahr zusammen mit der Ausstellung «Aus freier Hand» eröffnet, pünktlich zum 50. Firmenjubiläum. (Bild: HGEsch)

Projekt: Architekturpavillon von Gerkan (Hamburg, DE) | Architektur: gmp Architekten (Hamburg, DE) | Bauherr: Meinhard von Gerkan | Hersteller: fsb Franz Schneider Brakel (Brakel, DE), Kompetenz: Fenstergriff, Türdrücker Reihe 1023, Türknopf Reihe 0802, Einlassmuschel Reihe 4252

Projekte wie der Berliner Hauptbahnhof, die Neue Leipziger Messe, das Chinesische Nationalmuseum auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking oder der Flughafen Berlin-Tegel – mit dem die Bürogeschichte von über 50 Jahren begann – sind nur einige wenige der Projekte, die bei von Gerkan, Marg und Partner (kurz: gmp) entstanden sind. Zusammen mit Volkwin Marg gründete Meinhard von Gerkan, damals 30-jährig, das Büro in Hamburg, das heute zu den wichtigsten Architekturschmieden weltweit zählt. Im Jahr des 50. Firmenjubiläums und seines 80. Geburtstags nun hat Meinhard von Gerkan einen kleinen, aber feinen Museumsbau just unterhalb des gmp-Hauptsitzes in Hamburg erbaut. Zukünftig sollen dort einige wichtige Projekte aus der Firmengeschichte gezeigt werden und Veranstaltungen stattfinden. Den Anfang machte im letzte Jahr die Ausstellung «Aus freier Hand – Meinhard von Gerkan – 50 Jahre Architektur in Zeichnungen und Skizzen», für die der Michael Kuhn, Kommunikationsleiter bei gmp und Kurator der Ausstellung, aus einem Archivbestand von weit über 3000 Blättern 125 Originale aus 39 Projekten zusammenstellte. Skizzen, die zeigen, wie von Gerkan auch mit wenigen aussagekräftigen Strichen aus freier Hand den Kern und Charakter eines Projekts definieren kann. Mit dabei waren natürlich auch die ersten Zeichnungen zum Entwurf des Flughafens Berlin-Tegel, dem Projekt also, mit dem die Bürogeschichte begann.

Nach Norden zum Hang, wo unter Ausnutzung der Geländetopografie ein terrassierter Garten angelegt wurde, gibt sich der Bau weitestgehend geschlossen. (Bild: HGEsch)

Der «Architektursalon von Gerkan» (wie das Haus offiziell heißt) sticht in seiner baulichen Umgebung am Museumshafen Oevelhönne bzw. dem Fähranleger Neumühlen/Oevelgönne hervor: Mit seiner geschwungenen Formensprache wirkt es zwischen dem Bestand eher wie ein weiteres Wohnhaus, wenn auch ein eher luxuriöseres. Drei Geschosse blicken gen Süden zur Elbe, alle drei mit raumhohen Panoramafenstern und vorgelagerter Terrasse. Hier schaut man auf den Hamburger Hafen mit seinen Kränen und den vielen bunten Containern. An der Nordseite des Gebäudes setzte sich die geschwungene Gebäudeform fort und geht über in einen terrassierten Garten, von wo aus man per Fußweg wieder zurück zum Platz vor dem gmp-Bürogebäude gelangen kann. Unterstrichen wird die kantenlose Kubatur des Architekturpavillons noch durch die deutliche Betonung der Horizontalität durch die Fugen der Fassadenverkleidung sowie die Geländer.

Der große Raum im Untergeschoss wie auch alle andere Geschosse können für Ausstellungen oder Veranstaltungen genutzt werden. (Bild: HGEsch)

Das Gebäude betritt man schließlich im Erdgeschoss, eigentlich das mittlere Geschoss, und gelangt zunächst ein kreisrundes Foyer, in dem jeweils eine Treppe nach oben und eine nach unten leitet. Das ermöglicht eine getrennte Nutzung der drei Stockwerke: Das untere Geschoss ist für die Dauerausstellung vorgesehen, die Stockwerke darüber können flexibler genutzt werden, etwa für Wanderausstellungen oder für Veranstaltungen und Workshops. Im obersten Stockwerk befinden sich außerdem Arbeits- und Empfangsräume, die auch zur Unterbringung von Gästen dienen können. Die markante Gebäudekubatur setzt sich im Innenraum fort, scharfe Raumkanten findet man hier nur wenige. Diese Idee setzt sich fort bis in die Garnituren an den Eingangs- und Zimmertüren wie auch den Fenstergriffen, bei denen die Architekten zu einem Design von Johannes Potente griffen (Reihe 1023, fsb), der dieses seinerseits basierend auf der sogenannten «Ulmer Türklinke» des Schweizer Architekten, Bildhauers und Designers Max Bill in Zusammenarbeit mit Ernst Moeckl entwarf. So entsteht im Innenraum ein wenig die Atmosphäre wie in einem Passagierschiff: hochwertig reduziert, mit Holzdielenboden, funktional ausgestattet, die Horizontale betonend. Ein echter Hamburger eben.

Nach Süden fächert das Haus sich Richtung Elbe und Hafen mit großen, raumhohen Fenstern und ausladenden Terrassen auf. (Bild: HGEsch)
Alle drei Geschosse werden über einen Eingangsbereich im Erdgeschoss erschlossen, von wo aus jeweils eine Treppe nach oben und eine nach unten leitet. (Bild: HGEsch)
Lageplan, Grundrisse und Schnitt (Quelle: gmp)
Die Garnituren wurden von den Architekten passend zur Formsprache des Gebäudes gewählt. (Bild: fsb)
Skizzen aus der Ausstellung «Aus freier Hand – Meinhard von Gerkan – 50 Jahre Architektur in Zeichnungen und Skizzen», die zur Eröffnung des Architekturpavillons gezeigt wurde. (Bild: HGEsch)
Zugänglich ist der Pavillon über den Fußgängerweg «Övelgönner Mühlenweg», der von der Elbchaussee bis an das Elbufer hinunterführt. (Bild: HGEsch)
Der von Meinhard von Gerkan gemeinsam mit Volkmar Sievers entworfene «Architektur-Pavillon» sticht aus der umgebenden Bebauung durch seine besondere, geschwungene Form hervor. (Bild: HGEsch)

Projekt
Architekturpavillon von Gerkan
Hamburg, DE

Architekt
gmp Architekten
Hamburg, DE

Team: Meinhard von Gerkan mit Volkmar Sievers (Entwurf), Kodula Noelle (Projektleitung), Fabian Färber, Alisa von Gerkan, Uli Rösler, Michèle Watenphul, Steffen Lepiorz, Raimund Kinski, Philippa Kannengiesser, Annette Walczynski

Hersteller
fsb Franz Schneider Brakel GmbH + Co KG
Brakel, DE

Kompetenz
Fenstergriff, Türdrücker Reihe 1023
Türknopf Reihe 0802
Einlassmuschel Reihe 4252

Bauherr
Meinhard von Gerkan

Tragwerksplanung
Wetzel & von Seht
Hamburg, DE

Haustechnik
RMN Ingenieure
Hamburg, DE

Landschaftsarchitekten
WES LandschaftsArchitektur
Hamburg, DE

BGF
670 m²

Fertigstellung
2015

Fotografie
HGEsch


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