Holz-Hybrid-Bau im Keramik-Kleid

Andreas Heupel Architekten BDA
4. October 2017
Eingangsbereich des H7 (Foto: Christian Richters)
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?

Von Beginn an stand die Frage der Nachhaltigkeit als erkennbares Zeichen im Raum. Wie kann ein Bürogebäude den Ankermieter, ein Betreiber von Biomärkten, vorbildlich darstellen? Es galt eine Architektur zu entwickeln, die sich absetzt von hochtechnisierten Gebäuden, bei denen man befürchten muss, dass der Bau der technischen Anlagen mehr Energie frisst als sie später einsparen und stattdessen eine für den Laien lesbaren Ausdruck findet. Früh wurde uns klar, dass die Konstruktion der Schlüssel ist. Holz als CO2- Speicher war daher die Basis unserer Überlegungen. Aber wir wollten gleichzeitig einen Schritt weitergehen und den gesetzlichen Rahmen von drei Geschossen überschreiten, um die Möglichkeiten von Holz als Konstruktionsmittel aufzuzeigen.

Welche Inspirationen liegen diesem Projekt zugrunde?

Wer sich mit zeitgenössischem Holzbau beschäftigt, kommt nicht an Hermann Kaufmann und dem LCT-Tower in Dornbirn vorbei. Durch unseren Partner ARUP wussten wir von der Entwicklungsgeschichte und den Möglichkeiten, ein Holz-Hybrid-Gebäude bis zu 20 Geschosse zu realisieren.

Ansicht Hafenseite (Foto: Christian Richters)
Ansicht Straßenseite (Foto: Christian Richters)
Wie reagiert der Entwurf auf den Ort?

Der Standort des H7 ist der ehemalige Stadthafen 1 der Stadt Münster. Dieser hat in den letzten 20 Jahren eine klassische Konversion durchlaufen. Das typische an der Hafenbebauung ist ihre Heterogenität, weshalb sich das H7 selbstbewusst als eigenständiger Körper positioniert. Dabei hat es die Dimension eines klassischen Getreidespeichers und interpretiert mit seinen beiden verglasten Stirnseiten auch deren übliche Orientierung zu Hafen und Straße. Ein weiteres ortstypisches Merkmal ist der Sockel von ca. 1,10 m, der die Höhe der ehemaligen Verladerampen aufnimmt.  

Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber und die späteren Nutzer den Entwurf beeinflusst?

Jeder gute Bauherr stellt Nutzungsanforderungen, erklärt seine Rahmenbedingungen und kann bestenfalls gewünschte „Atmosphären“ beschreiben. So ist jeder Entwurf am Ende der Maßanzug, der seine Wünsche umschreibt und somit von ihm beeinflusst. Die Raumkonfiguration der Büroetagen ist aber zum Beispiel so entwickelt, dass sie möglichst viele verschiedene Nutzeranforderungen darstellen kann, da viele Mieter zu Beginn des Projektes noch gar nicht bekannt waren. Der Ankermieter SuperBioMarkt hatte sich, wie eingangs erwähnt, vor allem eine sichtbare Nachhaltigkeit und möglichst viel Holz gewünscht.

Bürofläche (Foto: Christian Richters)
Lobby (Foto: Christian Richters)
Wie hat sich das Projekt vom ersten Entwurf bis zum vollendeten Bauwerk verändert?

Das Grundkonzept stand relativ schnell. Verändert hat sich vor allem das Fassadenmaterial, da wir anfangs geplant hatten, auch die Fassade in Holz auszuführen. Doch so wäre die Ostfassade nicht für die Feuerwehr erreichbar gewesen und wir planten um – im Nachhinein sind wir darüber sehr glücklich, denn so haben wir die Idee der Terrakottafassade entwickeln können.

Ansicht Haupteingang (Foto: Christian Richters)
Die grün glasierte Terrakotta-Fassade (Foto: Christian Richters)
Welche speziellen Produkte oder Materialien haben zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?

Unverkennbar natürlich das Holz. Der Sprung auf sieben Geschosse mit einer Holz-Hybrid-Konstruktion hat dem Projekt eine hohe Aufmerksamkeit gebracht. Aber es lebt sich auch besonders. Dadurch, dass es gelungen, ist das Holz nicht hinter einer Brandschutzkapselung verschwinden zu lassen, kann es mit seiner ganzen Natürlichkeit in den Raum strahlen. Die Atmosphäre ist dadurch deutlich wärmer als in einem Standardbüro. Das zweite, durch das Changieren der Farbtöne auffallende Material ist die grün lasierte und feingegliederte Terrakottaverkleidung.

Lageplan (Zeichnung: Andreas Heupel Architekten)
Grundriss Erdgeschoss (Zeichnung: Andreas Heupel Architekten)
Schnitte (Zeichnung: Andreas Heupel Architekten)
H7 – Büro- und Verwaltungsgebäude in Münster
2016
Am Mittelhafen 16
48155 Münster

Auftragsart
Direktbeauftragung

Bauherrschaft
DesRad Immobilien GmbH &Co.KG

Architektur
Andreas Heupel Architekten BDA, Münster

Fachplaner
ARUP Deutschland GmbH, Berlin (Tragwerk, Bauphysik)
Ingenieurbüro Nordhorn, Münster (Haustechnik)
Ingenieurbüro Nees, Münster (Brandschutzgutachten)
NTS Ingenieurgesellschaft, Münster (Freianlagen)

Kunst am Bau
Theresa Himmer

Ausführende Firmen​
ArGe H7 Münster Oevermann- Brüninghoff (Rohbau, Holzbau, Hülle)

Hersteller
Moeding (Keramikfassade)
Binderholz (Massivholzbauteile)
Alco (Holz-Alu-Fenster)

Energiestandard
Niedrigenergiehaus

Bruttogeschossfläche
9.500 m²

Gebäudevolumen
24.800 m³

Gesamtkosten
16.000.000 €

Auszeichnungen
Anerkennung Deutscher Holzbau Preis 2017
best architects18 - Gold prämiert

Fotos
Christian Richters