Eiermann-Magnani-Haus saniert

Flüchtlingswohnen 1947

Carsten Sauerbrei
3. July 2018
Das jetzt als Museum eröffnete Eiermann-Magnani-Haus ist eine Hälfte eines Doppelhaus im ersten Bauabschnitt einer Siedlung für Heimatvertriebene. (Bild: Thomas Wolf © Wüstenrot Stiftung)

Migration und deren Folgen für Bauen und Wohnen ist nicht nur ein Thema unserer Zeit, das im besten Fall zu innovativen Lösungen führt, sondern war es auch schon nach 1945, als in Deutschland Millionen Flüchtlinge neuen Wohnraum benötigten. Das Mitte Juni als Museum eröffnete, von der Wüstenrot-Stiftung denkmalgerecht sanierte Eiermann-Magnani-Haus in Buchen-Hettingen ist ein solches Vorzeigeprojekt der Nachkriegszeit. Es entstand im Rahmen einer zwischen 1946 und 1948 errichteten Genossenschaftssiedlung für Heimatvertriebene und Einheimische aus der Zusammenarbeit des Architekten Egon Eiermann und des Ortspfarrers Heinrich Magnani.

Bereiche zur wirtschaftlichen Selbstversorgung wie Holzschuppen, Kleintierstall und Gemüsegarten gehörten zum Siedlungskonzept. (Bild: Thomas Wolf © Wüstenrot Stiftung)

Die Siedlung in Hettingen, für die Egon Eiermann 20 Einfamilienhäuser und 3 Mehrfamilienhäuser in zwei Bauabschnitten plante, wie die Kunsthistorikerin Sonja Hildebrand in ihrer detailreichen Studie zum Eiermann-Magnani-Haus schreibt, entstand größtenteils in Eigenleistung der zukünftigen Bewohner und mithilfe ehrenamtlicher Freiwilliger, um die Baukosten niedrig zu halten. Für die Hettinger Siedlerhäuser Eiermann schuf einerseits eine auf das Nötigste reduzierte Architektur, die durch die extreme Not und Materialknappheit der ersten Nachkriegszeit geprägt ist. Andererseits erreichte Eiermann trotz sehr begrenzter Platzverhältnisse und geringer materieller Ressourcen im Inneren eine Atmosphäre von räumlicher Großzügigkeit und Wohnlichkeit.

Wohnbereich und Küche gehen im Erdgeschoss ineinander über. (Bild: Thomas Wolf © Wüstenrot Stiftung)

Das äußere Erscheinungsbild der doppelgeschossigen Häuser des 1. Bauabschnitts prägen die Außenwände aus luftgetrocknete Lehmziegel im Prüssverband und flach geneigte Satteldächer aus einer Holz sparenden Konstruktion aus genagelten Brettbindern. Im Inneren vereint die «Hettinger Küche» als nur ein Beispiel für Eiermanns geschickten Umgang mit den engen Rahmenbedingungen in zukunftsweisender Form die Arbeitsküche des Neuen Bauens der zwanziger Jahre mit der traditionellen Wohnküche. Finanzielle Not führte dazu, dass das jetzt als Museum eröffnete Gebäude kaum verändert wurde. Da auch trotz Sanierung die Nutzungsspuren der Bewohner erhalten blieben, ist es bestens geeignet, um die Architektur- und Sozialgeschichte der unmittelbaren Nachkriegszeit erlebbar werden zu lassen.

Im Obergeschoss befinden sich zwei durch einen Schrankraum verbundene Schlafzimmer, sowie ein kleineres Gästezimmer. (Bild: Thomas Wolf © Wüstenrot Stiftung)