Schulerweiterung und Neubau Sporthalle Lew-Tolstoi-Grundschule, Berlin

Appendix

Peter Petz
8. June 2016
Modell

Peter Petz: In Berlin Lichtenberg soll die derzeit 2-zügige staatliche Europaschule Lew-Tolstoi-Grundschule erweitert werden. Welche Ausgangssituation haben Sie vorgefunden? 
Sven Fröhlich: Das Schulgrundstück im Ortsteil Karlshorst befindet sich in einem Umfeld, welches überwiegend von kleinteiliger Baustruktur hauptsächlich durch Wohnnutzung umgeben ist. Der bestehende Gebäudekomplex der Lew-Tolstoi-Schule ist ein eigenständiger städtebaulicher Baustein der 1970er-Jahre, welcher durch die weitere Verdichtung der Wohnbebauung vollumfänglich von dieser umschlossen wird. Der markante Schultypenbau SK Berlin ist durch einen einfachen Riegelbau mit einem im Osten platzierten Anbau mit Treppenhaus und Nebenfunktionen gekennzeichnet.

Bestand Straßenansicht

Wie kamen Sie zum neuen Baukörper? Welche Freiraumqualitäten sehen Sie vor?
Der bestehende «Riegelappendix» wird für den Ergänzungsbau typlogisch aufgegriffen. Aus diesem entwickelt sich der neue Ergänzungsbau. Durch eine gemeinsame Fassadenhülle verbindet sich Alt-Neu, der bestehende Schulriegel bleibt klar lesbar. Die Schulerweiterung führt somit die IV-Geschossigkeit des Bestandes fort und treppt sich zu der benachbarten Wohnbebauung zu einem kompakten III-geschossigen Baukörper ab.

Die ergänzende städtebauliche Setzung der Schulerweiterung und Sporthalle bezieht sich auf das Gebäudeensemble selbst, mit dem Ziel, einen optimal nutzbaren schulischen Außenraum mit Sportflächen und unterschiedlichen Qualitäten zu schaffen. So entsteht auf der Nordost-Seite zwischen Bestand und Ergänzung ein neuer Vorplatz mit Adresse des gewünschten neuen barrierefreien Haupteingangs.

Lageplan

Wie organisieren Sie den Neubau und die Schnittstellen zum Altbau?
Die Platzierung bietet bauliche wie funktionale Vorteile, zum einen wenig Eingriffe bei möglichem laufendem Betrieb und zum anderen eine Nutzung des Bestandstreppenhauses auch für den Erweiterungsbau. Alle Geschosse von Alt und Neu werden miteinander verbunden, durch die Verortung eines Aufzuges an der Nahtstelle zwischen Beiden, ist der gesamte Schulbau barrierefrei erreichbar.
Die Grundrissorganisation des neuen Erdgeschosses markiert weiterhin den bestehenden Hauptzugang am Römerweg. Eine neue «Schulstraße» mit allen Erschließungskomponenten verbindet Alt und Neu, öffentlichen Raum und Schulhöfe, sowie alle benötigten Zugänge. An dieser lagern sich alle schulischen Sondernutzungen an: die neue zusammengelegte Verwaltung mit guter Übersicht zu den Eingangsbereichen und Pausenhöfen, sowie die Mensa mit Möglichkeit einer Nutzung des Außenbereiches. In den beiden Obergeschossen sind alle Räume des allgemeinen Unterrichts mit Betreuungs- und Gruppenräumen untergebracht. Bewusst sind diese im Wechsel angeordnet, um eine Nutzung für Unterricht und Nachmittagsbetreuung mit kurzen Wegen und Synergien zu gewährleisten. Diese Anordnung in einem kompakten dem Grundstücksgrenzen folgenden Baukörper ermöglicht abwechslungsreiche Erschließungsflächen mit Aufenthaltsqualität für Pausenzeiten durch Sitzbereiche und Ausblicke auf die Schulhöfe.

Piktogramme

Welches architektonische Thema war Ihnen besonders wichtig?
Anbau und Erweiterung, die architektonischen Themen wie ein hundertfach gebauter Schultypenbau der Ostmoderne ergänzt werden kann, ohne seine gedachte Erscheinung zu überformen. Typenbau bleibt Typenbau und die Ergänzung ist nur eine Ergänzung. Also wirklich ein Appendix mit einer eigenen Formen-und Materialsprache.

Ansicht Ost

Welche Materialstrategie schlagen Sie vor?
Mit Gestalt und Verkleidung der Erweiterungsbauten soll bewusst der Charakter der additiven Ergänzung fortgeschrieben werden. So sind die Neubauten als Massivbauten mit hohem Wärmeschutz und robuster Vorsatzschale aus Ziegelmauerwerk gedacht.
«Putz trifft Ziegel». Dieser gefügte Werkstoff ist in Karlshorst in der umgebenden Wohnbebauung als ergänzendes Fassadenmaterial an Erkern, Eingängen und Sockelbereichen vielerorts zu finden.

Grundriss Erdgeschoss
Grundriss Obergeschoss

Gibt es schon einen geplanten Fertigstellungstermin?
Im Sommer 2019 soll der neue Schulkomplex fertiggestellt werden.

Schulerweiterung und Neubau Sporthalle Lew-Tolstoi-Grundschule, Berlin
Beschränkter Wettbewerb

Jury
Ingrid Hentschel, Vors, | Prof. Nadja Letzel | Marc Richter | Henrike Wehberg-Krafft

1. Preis
Architekt: AFF Architekten, Berlin
Landschaftsarchitekt: POLA, Berlin
Bauingenieur: BBS Ingenieurbüro Gronau + Partner, Weimar

2.Preis
Architekt: scholl architekten scholl.balbach.walker, Stuttgart
Landschaftsarchitekt: Philip Denkinger Landschaftsarchitekt, Stuttgart, Strasbourg
Bauingenieur: Herp Ingenieure GmbH & Co. KG, Salach

3. Preis
Architekt: Patrik Dierks Norbert Sachs Architekten BDA, Berlin
Landschaftsarchitekt: Holzwarth Landschaftsarchitektur, Berlin