Neuer Grundschulstandort Pufendorfstraße, Berlin

Eigenständig und ansprechend

Numrich Albrecht Klumpp Architekten
28. February 2018
Innenraum

In Berlin Friedrichshain-Kreuzberg soll am Standort an der Pufendorfstraße 10 eine neue grundschule errichtet werden. Welche Ausgangssituation haben Sie vorgefunden?
Das Grundstück in Friedrichhain ist für Berlin ungewöhnlich, da es ein starkes Gefälle aufweist. Durch einen bestehenden Sportplatz wurde zwar das Gelände in Teilen nivelliert, dadurch ergeben sich jedoch starke Höhensprünge an den Rändern zur Umgebung hin.

Zudem handelt es sich um ein sehr kleines Grundstück auf dem im Vorlauf des Wettbewerbs schon ein MEB (Modularer Ergänzungsbau) für 16 Klassen platziert worden ist, dessen Position nicht veränderbar war. 
In direkter Nachbarschaft des Grundstücks befindet sich im Südwesten die denkmalgeschützte Auferstehungskirche sowie im Süden drei große parkähnliche, historische Friedhofsanlagen.

Im östlichen, höher gelegenen Bereich grenzt eine heterogene Wohnbebauung aus Punkt- und Zeilenbebauung an das Baufeld. Im nördlichen Bereich jenseits der Pufendorfstraße befindet sich um die Reste eines denkmalgeschützten Brauereikomplexes derzeit noch eine große Brache, auf der diverse Wohnbauten in aufgelockerter Blockrandbebauung entstehen sollen. 

Während der MEB vornehmlich die Klassenräume der Grundschule aufnimmt, sollen im Neu- und Erweiterungsbau eine 3-Feld-Sporthalle, die Verwaltung der Grundschule, Fachklassen sowie weitere Unterrichtsräume untergebracht werden.

Lageplan

Wie organisieren Sie die Grundschule?
Zusammen mit den Bestandsgebäuden der Auferstehungskirche und des MEBs bildet der Neubau für die Grundschule ein Ensemble aus drei öffentlichen Bauten. Diese Bausteine definieren durch ihre Setzung die Freibereiche der Schule und der Kirche, zum Beispiel den Vorplatz und den Pausenhof. Der MEB und der Neubau werden durch ein Vordach zu einer Einheit verbunden und dadurch als zusammengehöriges Schulhaus gekennzeichnet. 

Aufgrund der Enge und der Hanglage des Grundstücks ist die Sporthalle halb im Boden versenkt und das schulische Raumprogramm in zwei Geschossen über der Sporthalle angeordnet. Diese horizontale Schichtung und die Positionierung des Neubaus längs der Pufendorfstraße ergeben einen kompakten Baukörper und dadurch eine maximale Ausnutzung der Freibereiche für die benötigten Außenanlagen der Grundschule. Ein großzügiger Vorplatz zur Straße empfängt die Kinder, Lehrer und Eltern. Das Vordach leitet ganz selbstverständlich zu den Eingängen des MEBs und des Neubaus und trennt den Sport- und Pausenbereich im Westen vom öffentlichen Raum. 

Im Erdgeschoss des Neubaus befindet sich das Foyer der Grundschule, das über eine großzügige Treppe mit den oberen zwei Geschossen verbunden ist. Vom Foyer hat man bereits einen Einblick in die Sporthalle, ebenso wie von der Zuschauergalerie an der Längsseite der Halle. Ein separater Eingang von der Pufendorfstraße ermöglicht den Zugang zur Sporthalle und zur Galerie und somit eine Nutzung außerhalb der Schulbetriebszeiten. Ein kleiner Mehrzweckraum kann sowohl der Sporthalle als auch der Grundschule zugeschaltet werden. Im Untergeschoß befinden sich die Funktionsräume und Umleiden für die Sportler mit direktem Zugang zur Halle, sowie Technik und Lagerräume für die Schule und die Sporthalle. Im 1. Obergeschoss ist neben einigen Unterrichtsräumen der Bereich für die Verwaltung und die Lehrer angeordnet und im 2. Obergeschoss befindet sich zusätzlich zu den Unterrichtsräumen noch eine kleine Bibliothek für die Schüler. 

Grundriss Erdgeschoss
Grundrisse 2. und 1. Obergeschoss, Untergeschoss
Querschnitt

Welches architektonische Thema war Ihnen besonders wichtig?
Im Gegensatz zum MEB, der eine reine Flurschule mit eingeschränkten räumlichen Qualitäten ist, sollte der Neubau durch die Möglichkeiten der Cluster- oder Kompartmentbildung differenzierte räumliche Angebote anbieten, die die Umsetzung zeitgemäßer pädagogischer Konzepte ermöglichen. So gruppieren sich die Unterrichtsräume um eine zentrale „Lernlandschaft“, die über 2 Innenhöfe belichtet und gegliedert wird. Eine großzügige Treppenanlage dient zudem als Kommunikationsraum, der das Gefühl für die Schulgemeinschaft stärken soll. 

Da der MEB sehr funktional und generisch gestaltet ist und keine standortspezifischen Anpassungen erlaubt, sollte die neue Grundschule zumindest durch den Neubau zur Pufendorfstraße hin ein eigenständiges und ansprechendes Erscheinungsbild erhalten. Dabei ist auch das Zusammenspiel mit der Fassade der denkmalgeschützten Kirche von großer Bedeutung. In den beiden oberen Geschossen zeigen sich in der regelmäßigen Anordnung der Fenster die funktionalen Anforderungen an die Unterrichts- und Verwaltungsräume. Im Gegensatz dazu stehen die freier und spielerischer angeordneten Öffnungen im Erdgeschoss. Sie erlauben einen Einblick in die Sporthalle, sowie einen Durchblick in den Pausenhof und beleben - vor allem auch am Abend - den Straßenraum. Die bogenartige Form der Öffnungen orientiert sich an der Gestaltung der Kirche und des ehemaligen Brauereigebäudes in der Umgebung. Der rötliche Ziegel der Fassade nimmt das Material der Kirche auf und betont dadurch die Besonderheit des Ensembles gegenüber der Wohnbebauung.
 

Ansicht Nord-West
Ansicht Süd-West

Gibt es schon einen geplanten Fertigstellungstermin?
Die Grundschule in der Pufendorfstraße ist Bestandteil des MOBS-Projektes (Modellvorhaben beschleunigter Schulbau) in Berlin. Insgesamt 6 Schulen sollen von einem Generalübernehmer errichtet werden, um so die Planungs- und Bauzeit erheblich verkürzen zu können. Da das Baufeld auf einer ehemaligen Friedhofsanlage liegt, müssen die Erdarbeiten durch einen Archäologen begleitet werden und erfolgen als vorgezogene Maßnahme Anfang nächsten Jahres. Die Rohbauarbeiten beginnen danach im Frühsommer 2019, die Fertigstellung ist zum Beginn des Schuljahres 2021 geplant.

Modell (Bild: Hans-Joachim Wuthenow)

Neuer Grundschulstandort Pufendorfstraße, Berlin
Nichtoffener Realisierungswettbewerb

Auslober/Bauherr: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen, Abteilung V Hochbau, Berlin

Jury
Prof. Hellmut Raff, Vors. | Prof. Susanne Gross | Johannes Kuehn | Gabriele Pütz

1. Preis
Architekt: Numrich Albrecht Klumpp Architekten, Berlin
Landschaftsarchitekt: KuBuS Freiraumplanung GmbH & Co. KG, Wetzlar, Berlin

2. Preis
Architekt: schätzler architekten, München
Landschaftsarchitekt: w+p Landschaften, Berlin, Offenburg, Schiltach
Energieplaner: Ingenieurbüro Hausladen GmbH, Kirchheim, München

3. Preis
Architekt: Patrik Dierks Norbert Sachs Architekten BDA, Berlin
Landschaftsarchitekt: guba + sgard LANDSCHAFTSARCHITEKTEN, Berlin
Tragwerksplaner: EiSat GmbH, Eisenloffel, Sattler + Partner, Berlin
TGA-Fachplaner: b.i.g. bechtold Ingenieurgesellschaft mbH, Oberding, Berlin, Karlsruhe
Brandschutzplaner: KREBS+KIEFER Ingenieure GmbH, Darmstadt, Berlin, Freiburg im Breisgau, Karlsruhe, Dresden, Main, München