Neubau der Feuer- und Rettungswache Igstadt

Eindeutige Adresse

Peter Petz
28. September 2016
Blick von der Nordenstadter Straße

Peter Petz: Im Wiesbadener Ortsteil Igstadt soll am Ortsausgang der Ersatzneubau einer Feuer- und Rettungswache geplant werden. Wie haben Sie die Wettbewerbsaufgabe interpretiert?
Gunther Bayer und Peter Strobel: Bei der Bearbeitung dieser Aufgabe gab es eine ganze Reihe von Anforderungen und Bedingungen, die zunächst einmal sehr wenig Interpretationsspielraum ließen. Trotz des großen Gebäudevolumens war es uns aber wichtig, eine deutliche städtebauliche Idee zu formulieren. Einerseits sollte das Gebäude nach außen zum Ortseingang hin kräftig und prägnant wirken, zur anschließenden kleinteiligen Wohnbebauung jedoch in Maßstab und Höhe vermitteln. Daneben hat uns der Umstand beschäftigt, dass zukünftig drei Nutzer von dem Gebäude Gebrauch machen werden: Rettungsdienst, Freiwillige Feuerwehr und Berufsfeuerwehr. Wir wollten dabei eine Struktur entwickeln, die sowohl eine klare organisatorische Trennung der Bereiche gewährleistet als auch über eine gemeinsame, eindeutige Adresse verfügt. Unser Vorschlag ist nun ein Eingangshof, der alle Bereiche ganz selbstverständlich und unbeschwert miteinander verknüpft.

Bestand

Wie kamen Sie zum Baukörper?
Ein großer Teil des Erdgeschosses wird von den diversen Fahrzeughallen belegt. Die Grundfigur hat sich also wesentlich aus der Anordnung dieser Stellplatzhallen einschließlich der zugehörigen, davor liegenden Aufstellflächen für die Rettungsfahrzeuge ergeben. Dabei haben wir durch unser winkelförmiges Gebäude einen guten Lärmschutz zu den benachbarten Wohnhäusern angestrebt und im Außenraum zwei voneinander getrennte Bereiche ausgebildet: den großen Alarmhof der beiden Feuerwachen und den davon getrennten Bereich des Rettungsdienstes mit einer direkten Ausfahrt zur Straße für die zahlreichen täglichen Ein- und Ausfahrten. Auf die Fahrzeughallen sind die jeweiligen Nutzungsbereiche so gestapelt, dass neben der Erfüllung der funktionalen Anforderungen (kurze Wege, Übersichtlichkeit, Besucherverkehr et cetera) ein Baukörper entsteht, der sich einerseits zeichenhaft zum Ortseingang zeigt und andererseits Rücksicht auf die benachbarte Wohnbebauung nimmt. Glücklicherweise hat sich der Auslober auch einen kleinen Übungsturm gewünscht, dieser bringt die Baukörper auch kompositorisch in ein schönes Gleichgewicht.

Lageplan

Wie organisieren Sie die Feuer- und Rettungswache?
Mit der Entscheidung über die Anordnung der Fahrzeughallen war der wichtigste Anker für die Organisation des Gebäudes gesetzt. Die Erschließung der drei Nutzungsbereiche erfolgt über die Rückseiten der Hallen. Den Auftakt bildet dabei der gemeinsame Eingangshof, von dem aus – über getrennte Eingangstüren – die einzelnen Bereiche erreicht werden können. Innerhalb der Nutzungseinheiten liegen jeweils nah an den Fahrzeughallen die Umkleidebereiche für die Mitarbeiter und die den Hallen zugeordneten Werkstätten, Lager etc. Darauf folgen die Büros und Verwaltungsräume und schließlich die unterschiedlich großen Bereiche für den Aufenthalt – bis hin zu den Loggien, die auch bei schlechterem Wetter eine kurze Pause im Freien ermöglichen. Eine Besonderheit stellt die Sporthalle im 2. Obergeschoss dar. Sie dient der Berufsfeuerwehr und bietet aufgrund ihrer Lage über der Fahrzeughalle einen schönen Ausblick in die Landschaft.

Grundriss Erdgeschoss
Schnitt B-B
Schnitt C-C

Welches architektonische Thema war Ihnen besonders wichtig?
Für die Igstadter Bürger bedeutet die Ansiedlung der neuen Rettungswache eine große Veränderung, für die Mitarbeiter der Feuerwehr und des Rettungsdienstes wird das Gebäude deren neue berufliche Heimat bilden. Daher haben wir versucht, möglichst umsichtig mit dem großen Raumprogramm zu agieren und neben den funktionalen Abläufen auch immer die gewachsenen Nachbarschaften im Auge zu behalten. Durch die Gliederung der Baumassen und deren Anordnung auf dem Grundstück wollten wir einerseits die bestmögliche Nachbarschaft für die Igstädter und andererseits eine ideale Arbeitsstätte für die zukünftigen Nutzer schaffen.

Ansicht Nord
Ansicht Ost

Ansicht West

Gibt es schon einen geplanten Fertigstellungstermin?
Es ist geplant, das Gebäude spätestens im Jahr 2020 in Betrieb zu nehmen.

Modell

Neubau der Feuer- und Rettungswache Wiesbaden-Igstadt
Beschränkter Wettbewerb

Auslober/Bauherr: Landeshauptstadt Wiesbaden
Betreuer: Thomas Grüninger Architekten BDA, Darmstadt

Jury
Prof. Roland Burgard, Ferdinand Heide, Prof. Anett Maud Joppien, Peter Maurer, Prof. Zvonko Turkali, Prof. Reinhard Ries

1. Preis
Architekt: Bayer & Strobel Architekten BDA, Kaiserslautern

2. Preis
Architekt: Tiemann-Petri und Partner Freie Architekten BDA, Stuttgart

3. Preis
Architekt: Schulz und Schulz, Leipzig

4. Preis
Architekt: Drei Architekten, Stuttgart