Betriebsrestaurant Audi AG von Landau + Kindelbacher

Dynamisch

Thomas Geuder
4. June 2017
Landau + Kindelbacher haben in Ingolstadt ein Audi-Betriebsrestaurant ganz im Sinne einer Corporate Architecture eingerichtet. (Bild: Christian Hacker)

Projekt: Betriebsrestaurant der Audi AG (Ingolstadt, DE) | Innenarchitektur: Landau + Kindelbacher Architekten Innenarchitekten (München, DE) | Bauherr: Audi AG (Ingolstadt, DE) | Hersteller: pinta acoustic (Maisach, DE), Kompetenz: Akustikzylinder Rondo A2 | vollständige Bautafel siehe unten

Eine gestaffelte Bürolandschaft mit drei bis fünf Geschossen, als nahezu nahtloser Übergang von Industrie- zu Wohnbebauung, entsteht hier auf dem ehemaligen Brunnquell-Gelände südlich des Audi-Werkgeländes in Ingolstadt bis 2017, entworfen bereits 2012 von Behnisch Architekten aus Stuttgart. Auf insgesamt 28.000 m² soll dann rund 2.500 Mitarbeiter vorwiegend aus den Geschäftsbereichen Vertrieb und Marketing lichtdurchflutete, flexible und moderne Arbeitsplätze vorfinden. Der erste Bauabschnitt wurde bereits im Herbst 2016 für die ersten 1.000 Mitarbeiter fertiggestellt. Für sie entstand im gleichen Zuge auch das nunmehr neunte Betriebsrestaurant auf dem Gelände von Audi, mit Platz für momentan rund 1.100 Gäste, in der Endausbaustufe dann mit maximal 1.700 Sitzplätzen. Das klingt zunächst viel, ist mit Blick auf die rund 44.000 Mitarbeiter bei Audi relativ überschaubar. Und doch bringt diese Menge mit sich, dass räumlich einige Ideen umgesetzt werden müssen, damit der Ablauf zur Mittagsstunde reibungslos über die Bühne geht.

Eine gestaffelte Bürolandschaft – entworfen von Behnisch Architekten – mit mehreren, großzügigen Innenhöfen soll viel Tageslicht in den Büroräumen garantieren. (Bild: Audi)

So haben die Innenarchitekten von Landau + Kindelbacher ein Konzept entwickelt, das sie «between home and work» nennen und das die immerhin 4.180 m² große Fläche in Bereiche mit verschiedenen Aufenthaltsbereiche gliedert. Diese Zonierung geschieht zunächst durch prägnante Raumelemente, die – man kennt diesen naheliegenden Gedankengang bereits von Entwürfen für andere Autobauer – aus den weichen, fließenden Formen der Silhouette eines Automobils, in unserem Fall eines Audis entliehen sind. Klassische Sitzmöglichkeiten an rechteckigen Bistrotischen, große, freistehende, runde Tische und Hochvarianten mit Barhockern und Sitznischen sollen so ein attraktives und einladendes Umfeld für unterschiedliche Kommunikationsbedürfnisse schaffen. «Diese Zonierung ist grundlegend. Wir haben zwar inhaltlich eine Großkantine installiert, die Besucher sollen sie als solche aber gar nicht wahrnehmen», erklärt Gerhard Landau sein Raumkonzept. Reduzierte Materialien wie Corian, Glas, Stein und geshapte Oberflächen sowie der Boden aus Feinsteinzeug unterstützen diesen formalen Anspruch noch.

Der Entwurf arbeitet mit dynamischen Einbauten, die als Raumelemente das Volumen in verschiedene Aufenthaltsqualitäten zonieren sollen. (Bild: Christian Hacker)

Wichtig waren den Architekten bei aller formaler Zonierung auch die Beleuchtung und die Akustik, die beide dieses Konzept aktiv mitgestalten und nicht zuletzt die großzügige Raumhöhe von 7,50 m etwas relativieren sollen. Die Innenarchitekten lösen das mittels einer dreidimensional geformten Akustikdecke, die ebenfalls weich und dynamisch durch den gesamten Raum fließt und wie eine Art Wolkenhimmel Bereiche definiert. Die Decke besteht aus abgehängten, vertikalen Akustikzylindern aus Melaminharzschaumstoff in der Brandklasse A2 (Rondo A2, pinta), die von dem Deckenspezialisten Lindner AG eingebracht wurden und als besonders alterungsbeständig wie formstabil gelten. Die Zylinder sind unterschiedlich lang (von 200 bis 1800 mm) und erzeugen dadurch eine weiche Wellenbewegung durch den Raum. Fast unsichtbar in diese markante Zylinder-Welle integriert sind schließlich verschiedene Spots und Pendelleuchten, die ein warmes Licht auf die Tische bringen und so das Tageslicht ergänzen, das durch die großzügigen Fensterflächen hinein fällt. Sie sind entweder in gleicher Form und Größe ausgebildet und schimmern ab und an durch die Wolkendecke hervor (Pendelleuchten) oder verstecken sich im Zylinder, von wo aus sie den Spot auf die Tische werfen. Auf der Galerieebene mit Work Lounge und Kaffeebar setzt diese Deckenwelle dann jedoch aus und öffnet den Blick auf eine normale, gelochte Akustikdecke. Im Sinne des Wellen-Wolken-Themas wäre hier ein Eintauchen in diese Wellenlandschaft zwar wünschenswert gewesen, dafür gibt es zum Kaffee gemütliche Lounge-Möbel, lauschige Poufs und Feinsteinzeug in Holzoptik am Boden, was den Arbeitsalltag ganz bestimmt etwas versüßen wird.

Durch den langen, dafür recht schmalen Raum bewegt sich an der Decke eine Welle aus Akustikzylindern. (Bild: Christian Hacker)
In gleicher Form fügen sich Lichtzylinder und Spots in die Decke ein. (Bild: Christian Hacker)
Entwickelt ist die formale Idee ganz im Sinne einer Corporate Architecture aus den weichen und fließenden Formen eines Automobils. Im Bild: Skizzen aus der Ideenphase. (Bild: Landau + Kindelbacher)
Einen besonderen Akzent sollen die dynamischen Farbflächen über den Ausgabestationen setzen, in die man, so die Innenarchitekten, je nach Tagesform ein grafisches Muster oder die Konzeptidee eines neuen Automodells interpretieren kann. (Bild: Christian Hacker)
Grundriss Obergeschoss mit Möblierung (Quelle: Landau + Kindelbacher)
Grundriss Erdgeschoss mit Möblierung (Quelle: Landau + Kindelbacher)
Detail Akustikdecke (Quelle: Lindner)
Die Work Lounge mit Baristabar auf der Galerieebene soll zum Verweilen laden und die Kommunikation der Mitarbeiter untereinander fördern. (Bild: Christian Hacker)

Projekt
Betriebsrestaurant der Audi AG
Ingolstadt, DE

Innenarchitektur
Landau + Kindelbacher Architekten Innenarchitekten
München, DE

Hersteller
pinta acoustic
Maisach, DE

Kompetenz
Rondo A2, Sonderfarbe Grau, mit integrierter Gewindestange und Bodenplatte aus verzinktem Stahl, Durchmesser 190 mm, Länge 200 bis 1800 mm

Weitere Hersteller und Produkte
Möbel: Arper, greige
Möbelpolster: Leder Arper, greige
Raumteiler/Bar: Corian Deep Gray
Wandfliese: Freeflow Atlas Concorde 3D Fliese ‚Blade‘
Wandverkleidung: Lochblech, Aluminium eloxiert
Arbeitsflächen: schwarzer Granit Nero Assoluto, gestockt und imprägniert
Teppichauflage: Object Carpet, Poodle
Sitzbereich / Ausgabestationen: Feinsteinzeug, großformatige Fliesen
Work Lounge: Marazzi / Treverk outdoor, Feinsteinzeug in Holzoptik

Bauherr
Audi AG
Ingolstadt, DE

Architektur Gebäude
Behnisch Architekten
Stuttgart, DE

Lichtplanung
Lichtvision Design GmbH
Berlin, DE

Signaletik
Büro Uebele
Stuttgart, DE

Ausführung Akustikdecke
Lindner AG
Arnstorf, DE

Gesamtfläche
4.180 m²

Fertigstellung
2016

Fotografie
Christian Hacker
Audi


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