Modernisierte Ikone

HPP Architekten
25. March 2015
Das Ensemble um den Gustaf-Gründgens-Platz bestehend aus Dreischeibenhaus, Schauspielhaus und Kö-Bogen. (Foto: Momeni Gruppe)
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?

In der einzigartigen Identität des Dreischeibenhauses als Wahrzeichen für Düsseldorfs moderne Verwaltungsbauten! Dazu kommt die filigrane Glasfassade, die  silbernen schlanken Edelstahlfassaden, die eigene Farbigkeit von Silber, über Dunkelgrün bis Petrol. Außerdem ist das Dreischeibenhaus seit 1988 ein Baudenkmal. Dieses gilt es zu erhalten und gleichzeitig die heutigen baulichen Anforderungen an Wärmeschutz, Brandschutz und Flexibilität der Büro-Arbeitswelt zu erfüllen.

93 Meter ragt das modernisierte Dreischeibenhaus in die Höhe. Dank der neuen dezentralen Haustechnik werden nun erstmalig alle der 24. Obergeschosse als Büroflächen genutzt. (Foto: Ralph Richter)
Welche Inspirationen liegen diesem Projekt zugrunde?

In der Zeit des Wiederaufbaus der 1960er-Jahre entstand das Dreischeibenhaus als Zeichen für die Zukunft der deutschen Industrie, speziell der Stahlindustrie und des Unternehmens Phoenix später Thyssen. Die drei Schreiben ergeben im Grundriss und Aufriss einen Baukörper mit großer Leichtigkeit, fast Schwerelosigkeit. Das Dreischeibenhaus steht in einer Linie mit dem Lever-Haus von Gordon Bunshaft in New York und dem Seagram-Gebäude von Mies van der Rohe: Materialgerechte Stahl-Glas-Ästhetik in zeitloser Eleganz.

Die denkmalgeschützte äußere Bestandsfassade wurde erhalten, während von innen geschossweise eine neue Primärfassade mit öffenbaren Fenstern eingesetzt wurde. Die 12 cm hohen Lüftungsschlitze unter- und oberhalb der Prallscheiben sorgen für die Luftzirkulation. (Foto: HG Esch)
Inwiefern findet sich die „Handschrift des Büros“ im Gebäude wieder?

HPP steht seit jeher für werthaltige Architektur und das Dreischeibenhaus als denkmalgeschützte Architekturikone der 1960er Jahre ist sozusagen unser Paradebeispiel dafür. 50 Jahre nach der Entstehung wurden wir, als die Nachfolger der Urheber, mit der Modernisierung beauftragt. Es lag in unserer Verantwortung, die Sanierung bzw. Modernisierung im Sinne des architektonischen Erbes mit den Anforderungen an eine Büroimmobilie des 21. Jahrhunderts in Einklang zu bringen.

Das denkmalgeschützte Foyer wurde optisch unverändert erhalten, erfüllt aber dank Brandschutzvorhängen und einem zusätzlichen Notausgang die Anforderungen des zweiten Rettungsweges. (Foto: Ralph Richter)
Beeinflussten aktuelle energetische, konstruktive oder gestalterische Tendenzen das Projekt?

Natürlich, die denkmalgeschützte Fassade wurde energetisch ertüchtigt, indem wir in den Bürobereichen geschossweise innen eine zweite Fassade, eine sogenannte Primärfassade, mit öffenbaren Fenstern eingebaut haben. In Deutschland, wie in keinem anderen Land, steht und fällt die Vermietbarkeit von Büroflächen mit der individuellen Regulierung von Frischluft. Das öffenbare Fenster liegt in der neu eingesetzten, dreifach verglasten Primärfassade. Die bestehende äußere Fassade wirkt als Prallscheibe mit zwei oben und unten angeordneten 12 cm großen Lüftungsschlitzen für die Luftzirkulation. Zwischen den beiden Fassaden liegt der Sonnenschutz, der ebenfalls individuell regulierbar ist. Mit dem Erhalt der denkmalgeschützten äußeren Fassade  ist es gelungen, Proportion und Aussehen des Hauses nicht zu verändern, jedoch durch die innenliegende Primärfassade den energetischen Ansprüchen zu genügen.

Die ehemaligen Dachflächen auf den beiden äußeren Scheiben werden nun als Dachterrassen genutzt. (Foto: HG Esch)
Wie reagiert der Entwurf auf den Ort?

Der Entwurf ist eine zeichenhaft klare Architektur.Das Bauwerk ist Nord-Süd ausgerichtet, parallel zum Verlauf des Rheins, mit einem extrem schlanken Breite-zu-Höhe-Verhältnis von 1:11 an den Schmalseiten. Das freistehende Hochhaus mit seiner um ca. 1 Meter vom umgebenden Gelände erhobenen Erdgeschossebene lässt den umliegenden Hofgarten quasi unter das Gebäude laufen, so dass die Erdberührung minimiert erscheint. Die großflächigen Glasfassaden nach Osten und Westen gerichtet, lassen die Lichtstimmungen im Tagesverlauf widerspiegeln und bereichern damit den Ort.

Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren NutzerInnen den Entwurf beeinflusst?

Ziel unserer Modernisierungsplanung war es, das Dreischeibenhaus von der Eigennutzung durch Thyssen/Krupp in ein frei vermietbares Gebäude mit flexiblen Büroraumstrukturen zu verwandeln: Kommunikative Büroflächen mit Einzelbüros und Großraumbüros, übersichtlich und variabel gegliedert, teilweise mit internen Kommunikationstreppen zur schnellen Verbindung zwischen zwei Mietetagen. Kühl- bzw. Heizdecken mit dezentraler Lüftungstechnik je Halbetage reduzieren den Platzbedarf der ehemaligen Haustechnikzentralen im 22. bis 24. Obergeschoss. Heute nutzt der Eigentümer die neu gewonnenen Flächen in den obersten Etagen selbst und entwickelt dort besondere Nutzräume, wo früher nur zentrale Technikräume waren. Selbstverständlich haben die übrigen Mieter jegliche Freiheit zur Gestaltung ihrer eigenen Büroetagen genutzt.

Die im Kragdach befindliche Lichtdecke illuminiert den Haupteingang (Foto: HG Esch)
Welche speziellen Produkte oder Materialien haben zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?

Das ursprünglich verwendete Edelstahl verhüllt noch immer die schlanken Stirnseiten der Fassade und beweist somit seine Dauerhaftigkeit. Dies gilt ebenso für die Edelstahlverkleidung der Kernwände in der Eingangshalle und dem grünen Marmorboden „Tauern Green“, dessen Steinbruch noch ein wenig Material für Ergänzungen im ganzen Haus lieferte. Die Foamglasdämmung aus der Entstehungszeit, hinter den Edelstahlpaneelen der Stirnfassade, wurden ebenfalls erhalten. Das Gebäude ist eine Stahlbaukonstruktion, deren Filigranität und Leichtigkeit heute, wie in der Entstehungszeit, die Anmutung des Hochhauses ausmacht.

Lageplan (Zeichnung: HPP Architekten)
Grundriss Regelgeschoss, 2 Mieteinheiten (Zeichnung: HPP Architekten)
Schnitt (Zeichnung: HPP Architekten)
Modernisierung Dreischeibenhaus
2015
Dreischeibenhaus 1
40211 Düsseldorf

Nutzung
Bürobau

Auftragsart
Direktbeauftragung

Bauherrschaft
Dreischeibenhaus GmbH + Co. KG, eine Joint Venture der Momeni Gruppe und Black Horse Investments

Architektur
Entwurfsarchitekten Bestand: Helmut Hentrich und Hubert Petschnigg mit Fritz Eller, Robert Walter und Erich Moser
Modernisierung: HPP Architekten
Partner: Joachim H. Faust
Projektpartner: Claudia Roggenkämper
Projektleiter: Karl Heinz Wolff
Mitarbeiter: Fritz Altland, Sema Arda, Detlev Armeloh, Ugur Aybirdi, Erwin Drese, Anika Keßel, Markus Leiting

Fachplaner
Projektsteuerung: Witte Projektmanagement GmbH, Düsseldorf
Bauüberwachung: HW-Ingenieure GmbH, Düsseldorf
Fassadenplanung/Bauphysik: DS-Plan GmbH, Köln
TGA: IB Nordhorn GmbH & Co. KG, Münster
Tragwerksplanung: AWD Ingenieurgesellschaft mbH, Köln

Ausführende Firmen
Fassade: GU Fassadentechnik, Edewecht

Hersteller
Klimatechnik, Lüftung: Trox, Neukirchen-Vluyn
Boden: Amtico, Neuss
Teppich: CarpetConcept, Bielefeld
Original-Natursteinboden: Lauster Steinbau, Stuttgart
Trennwände: 
Lindner Group, Arnstorf
Beleuchtung: Regent Licht, Düsseldorf
Schalter, Steckdosen, Raumbediengeräte: 
Jung, Schalksmühle

Energiestandard
LEED Gold angestrebt

Gebäudevolumen
138.550 m³

Bruttogeschossfläche
33.700 m²

Auszeichnung
MIPIM Award 2015, Kategorie „best refurbished building"

Fotos
Momeni Gruppe (1)
Ralph Richter (2, 4)
HG Esch (3, 5, 6)