Jüdisches Gemeindezentrum Mainz

Schriftzeichen

12. October 2010

Jüdisches Gemeindezentrum Mainz
2010
Synagogenplatz 1
55118 Mainz

Auftraggeber
Jüdische Gemeinde Mainz
Mainz

Architektur
Manuel Herz Architekten
Basel

Projektleitung
Manuel Herz

Bauleitung
Klaus Dittmar Architekt
Mainz

Projektsteuerung
Mainzer Aufbaugesellschaft mbH
Mainz

Tragwerksplanung
Arup GmbH
Düsseldorf

Elektroplanung
Dörflinger GmbH
Allendorf

Planung Keramik
Niels Dietrich Werkstatt für Bildhauerei
Köln

Außenanlagen
Harald Heims Landschaftsarchitekt
Mainz

Bruttogeschossfläche
2.500 m²

Baukosten
6.0 Mio. €

Fotografie
Gerhard Hagen

Reste der einstigen Synagoge erinnern an das imposante Bauwerk.

Bis zur Progromnacht 1938 stand hier ein stattlicher Jugendstilbau: die Hauptsynagoge einer jüdischen Gemeinde, die einmal das Zentrum jüdischer Gelehrsamkeit in ganz Europa gewesen ist. Die Umgebung ist ein stadtkernnahes, homogenes Gründerzeitviertel mit klarer städtebaulicher Kontur, die Manuel Herz zum Ausgangspunkt seines Entwurfs nahm, mit dem er 1999 den Wettbewerb für das Jüdische Zentrum gewonnen hatte. Stadträumlich erweist sich der geometrisch komplexe Baukörper als neue, subtile Einheit aus traditioneller Blockrandbebauung und modernem Solitär. An den Straßen passt sich die Fassade den Straßenzügen des Quartiers an, und nur über Eck weicht der Baukörper in wohlproportionierter Distanz zugunsten eines kleinen Vorplatzes zurück. Nur in dieser Distanz wächst er im Abschnitt der Synagoge über die übliche Höhe mit einer zunächst rätselhaften Kontur hinaus.

Keramikstäbe in Grüntönen strukturieren die Fassade.

Es geht hier nicht nur um eine Synagoge, die ohnehin kein Sakralraum im kirchlichen Sinne ist, sondern um ein Gemeindezentrum mit einem Veranstaltungssaal für dreihundert Menschen, einem Kindergarten und Jugendräumen, den üblichen Verwaltungsräumen und der Synagoge. All diese Funktionen sind hier in Mainz in einem bandähnlichen Baukörper zusammengefasst, an dem außen allenfalls die mächtige, trichterförmige Überhöhung der geosteten Synagoge ablesbar ist. Ablesbar mag für Kundige des Hebräischen sein, dass die Silhouette des Baukörpers aus dem Wort "Keduscha" abstrahiert ist, dem hebräischen Wort für "Segensspruch". Die jüdische Kultur ist eine Schrift- und keine Bildkultur.

Der Veranstaltungssaal reicht bis unters Dach und entspricht der äußeren Gebäudekubatur.

Das Jüdische Zentrum steht jedermann offen, und das Innere überrascht mit hellen, fließend ineinander übergehenden, schrägkantigen Räumen, die nicht am Computer, sondern mit kaum zählbaren Modellen ausgetüftelt wurden. Links des verglasten Windfangs öffnen sich das Foyer mit Aufgang zu den Emporen, außerdem ein hoher, heller Veranstaltungssaal. Rechterhand geht es zur Synagoge – ein hoch hinauf ragender, nach oben, zum Licht aufgeweiteter Raum, der mit einer merkwürdigen Haut ausgekleidet ist: Hebräische Schrift ist hier zu einem ornamentalen Wandflächenrelief abstrahiert worden, das dem Auge kaum Halt bietet, keine Aufmerksamkeit aufzwingt, sondern Wanderlust bereitet.

Blick in die Synagoge von der Empore aus

Die Stuckflächen sind in einem goldockerfarbenen Ton gehalten, auf denen die Fülle des Tageslichtes gemildert wird. Dunkler Holzfußboden und dunkle Sitzbänke vermitteln Geborgenheit und tragen zum introvertierten Charakter des Raums bei, der sich nur nach oben der Außenwelt, dem Licht öffnet.
Das neue Jüdische Zentrum in Mainz beweist, welche Stadtverträglichkeit vermeintliche Solitäre auszeichnen können. Es ist zugleich ein deutliches Zeichen dafür, wie selbstverständlich Menschen unterschiedlicher Glaubensrichtungen gerade in städtischer Dichte miteinander leben können.
Ursula Baus

Lageplan

Jüdisches Gemeindezentrum Mainz
2010
Synagogenplatz 1
55118 Mainz

Auftraggeber
Jüdische Gemeinde Mainz
Mainz

Architektur
Manuel Herz Architekten
Basel

Projektleitung
Manuel Herz

Bauleitung
Klaus Dittmar Architekt
Mainz

Projektsteuerung
Mainzer Aufbaugesellschaft mbH
Mainz

Tragwerksplanung
Arup GmbH
Düsseldorf

Elektroplanung
Dörflinger GmbH
Allendorf

Planung Keramik
Niels Dietrich Werkstatt für Bildhauerei
Köln

Außenanlagen
Harald Heims Landschaftsarchitekt
Mainz

Bruttogeschossfläche
2.500 m²

Baukosten
6.0 Mio. €

Fotografie
Gerhard Hagen