Spannungsvoller Gegensatz

Author
Peter Petz
Published on
Feb 1, 2011

Numrich Albrecht Klumpp gewinnen den Wettbewerb um das Forschungszentrum für Kultur und Informatik der HTW in Berlin. Timo Klumpp stellt sich unseren Fragen zum Wettbewerb.
Schwarzplan, Struktur, Wege, Plätze, Blicke, System 
Welche Antworten gibt Ihr Entwurf auf die Frage, die der Wettbewerb stellt?
Durch den Wettbewerb soll ein städtebaulicher Masterplan entwickelt werden, welcher der Hochschule an diesem Standort ein langfristiges Entwicklungspotenzial aufzeigt.
Da der konkrete Raumbedarf aktuell für einen ersten Bauabschnitt besteht, galt es ein möglichst flexibles städtebauliches Konzept zu entwickeln, das auf zukünftige Nutzungen reagieren kann.
Die stadträumlich schöne Situation am Ufer der Spree wird mit dem vorgelegten Entwurf durch die offene Bauweise aufgelockert und lässt so eine neue städtebauliche Qualität entstehen, die in spannungsvollem Gegensatz zu den geschlossenen Industriefronten steht. Die vorhandenen Baukörperstrukturen der alten Industriegebäude – also die lang gestreckten Gebäude, die Industriehallen und die Kopfgebäude – werden für die Neubauten aufgenommen und modifiziert fortgeführt. So wird die Uferzone aufgewertet und die Maßstäblichkeit der angrenzenden Gebäude aufgenommen. Mit Stellung und Anordnung des (und später der) Gebäude kann das prägnante Gebäude an der Ernst-Ziesel-Straße (Ziesel-/Nalbachbau) weiterhin von der Wasserlage profitieren. Entsprechend sind auch die neuen Gebäude mit den Fassadenflächen deutlich zum Wasser orientiert.
Blick von der Spree 
Wie haben Sie auf den Kontext reagiert?
Die in gegliederter Reihung zum Spreeufer stehenden neuen Gebäudeköpfe entsprechen der typischen industriellen Uferbebauung. Auch wird hier durch das starke Element der Reihung ein eigener Identifikationspunkt und neues Erkennungsmerkmal der HTW vom Wasser her geschaffen.
Die geplanten Gebäudekuben vermitteln in ihrer differenzierten Höhenentwicklung zwischen dem Gebäude G (historische Bezeichnung ‚Spreehalle’) und dem Gebäude F (Ziesel-/Nalbachbau). Durch Stellung und Anordnung der neuen Gebäude ist bei der beabsichtigten zeitversetzten Umsetzung gewährleistet, dass kein städtebaulicher Torso entsteht. Vielmehr kann – analog zur Entwicklung von Industriehallen entsprechend ihren jeweiligen funktionalen Anforderungen – das Ensemble immer weiter komplettiert werden.
Durch die gegliederten Vor- und Rücksprünge entstehen überschaubare Platzsituationen, die für das Areal typisch sind.
Erdgeschoss, Schnitt 
Wie organisieren Sie das Forschungszentrum?
Der entwickelte Baukörper ermöglicht die flexible Anordnung der drei in ihrer räumlichen Entwicklung und Flächenanforderung verschiedenen Funktionseinheiten wie Motion Capture Labor / Ausstellungsraum, Seminar-, Bibliotheks- und Büroräume.
Im Inneren entsteht so durch die unterschiedlichen Tiefen der Funktionsräume ein eigener innerer Raum, ein abwechslungsreiches Wegesystem, mit hoher Aufenthalts- und Kommunikationsqualität.
Die geplante interne Wegeführung ermöglicht die horizontale Anbindung der zukünftigen Ergänzungsbauten auf verschiedenen Ebenen. Die modulare Anordnung der einzelnen Bausteine ergeben eine hoher Flexibilität und erzeugen einen spannungsreichen Raum. Die unterschiedlichen Modulgrößen sind auf dem Primärraster von 1,35m x 1,35m stockwerksübergreifend variabel einsetzbar.
Die äußere Erschließung des Gebäudes erfolgt in der geografischen Mitte des Hauses und gewährleistet so eine leichte Orientierung und Auffindbarkeit der Funktionsräume. Die vertikale Erschließung erfolgt über eine großzügige einläufige Treppenanlage, die neben der reinen Erschließungsfunktion eine hohe kommunikative Atmosphäre bietet.
Die nachzuweisenden Funktionsflächen bestimmen die klare Gliederung des Gebäudes. Die beiden größten Räume (Ausstellungsraum mit ca. 200 m² und Motion Capture Labor mit 150 m²) sind funktionsgerecht und für ein hohes externes Publikumsaufkommen geeignet im Erdgeschoss um das großzügiges Foyer angeordnet. Im ersten Obergeschoss liegen die Seminarräume, die Bibliothek und das Multimedialabor, sowie ein Büroblock für die Hochschulleitung und die Dozenten. Im zweiten Obergeschoss befinden sich jeweils die Büroeinheiten und der Raum für studentisches Arbeiten.
Obergeschosse, Struktur 
Welches architektonische Thema war Ihnen besonders wichtig?
Die Ausbildung der Fassade steht im Fokus der Weiterentwicklung.
Wir stellen uns das Gebäude mit einer außenbündigen Fassade vor. Die geschlossenen und offenen Bereiche sollen ineinander übergehen, um ein möglichst homogenes Fassadenbild zu erzeugen. Im Wettbewerb hatten wir noch die Horizontale betont, davon sind wir inzwischen wieder abgerückt.
Detail 
Welche Materialstrategie schlagen Sie vor?
Wir untersuchen momentan unterschiedliche Materialkompositionen. Da das angesetzte Budget in der Materialfrage keine großen Spielräume zulässt, sind wird auf der Suche nach Materialien, die wir uns sowohl leisten können als auch gestalterisch leisten wollen. –Ende noch offen-
Gibt es schon einen geplanten Fertigstellungstermin?
Fertigstellung: 12/2012
Modell (Foto: Hans-Joachim Wuthenow, Berlin) 

Die gesamte Wettbewerbsdokumentation finden Sie in wa 02/2011
Forschungszentrum für Kultur und Informatik der HTW, Berlin
Begrenzt offener Wettbewerb mit Bewerbungsverfahren

Jury
Georg Augustin, Vors.
Bettina Götz
Jost Haberland


1.Preis
Numrich Albrecht Klumpp
Berlin

2. Preis
ReimarHerbst.Architekten
Berlin

3. Preis
BHBVT Ges. Von Architekten mbH
Berlin