Bank als öffentlicher Ort

Author
Peter Petz
Published on
May 4, 2011

Gerber Architekten gewinnen den Wettbewerb um die Hauptstelle der Volksbank in Lippstadt. Eckhard Gerber stellt sich unseren Fragen zum Wettbewerb.
Situation 
Welche Antworten gibt Ihr Entwurf auf die Frage, die der Wettbewerb stellt?
Der Hauptsitz der Volksbank Lippstadt ist zurzeit in mehreren Bestandgebäuden organisiert, beengte Arbeitsplatzsituationen lassen keine optimalen Workflows zu. Unser Entwurf für den Neubau bietet einen für die Bank individuell entwickelten funktionalen Ansatz an, der gleichzeitig als ein zukunftsfähiges Corporate Identity auf die anderen Filialen übertragen werden kann.
Die Grundrissgestaltung ist kompakt und entspricht den Nutzererwartungen. Sie ergibt geringe Flächen für Verkehrswege und eine angemessene Bruttogeschossfläche und ist damit wirtschaftlich. Die Büros und die Multifunktionshalle überzeugen durch ihre gelungene Dimensionierung und repräsentative Gestaltung.
Die Volksbank verfügt über einen Sitz im Innenstadtbereich, in zentraler Lage, ist jedoch im Stadtbild nicht ausreichend wahrnehmbar. Auch darauf finden wir eine Antwort: Der zwei- bis dreigeschossige Neubau der Volksbank Lippstadt entwickelt sich als eine Gebäudeskulptur durch die Tiefe des Gebäudeblockes und ordnet die städtebauliche Situation neu.
Erdgeschoss, Schnitt 
Wie haben Sie auf den Kontext reagiert?
Der Bestandsbau wird an der Kahlenstraße ersetzt. Der Neubau der Volksbank wird mit der öffentlichen Durchwegung zwischen Kahlen- und Spielplatzstraße in das Netz der Stadtstruktur eingebunden. Obwohl der Schwerpunkt der Geschäfts- und Dienstleistungsangebote in der Spielplatzstraße liegt, bleibt der Eingang an vertrauter Stelle. Es gibt einen zweiten Eingang an der Spielplatzstraße. Er erhält eine vorgeschaltete Piazzetta – die Ausrichtung und räumliche Fassung lassen z.B. bei Veranstaltungen einen qualitativ hochwertigen Bereich erwarten. Die Bank selbst wird so zum öffentlichen Ort. Es entstehen drei kleinteilige städtische Platzsituationen, die eine attraktive Aufenthaltsqualität im Freien bieten. Wie kleine grüne Inseln. Sie laden zu einem angenehmen Aufenthalt im Freien für Mitarbeiter und Kunden ein und stärken die innerstädtische Alltagskultur.
Wir nehmen die Gebäudehöhe der Umgebung auf, das sind drei Geschosse.
Ansicht, Obergeschosse, Schnitt 
Blick von der Kahlenstraße auf den Haupteingang
(Animation: moka-studio, Hamburg) 
Können Sie uns durch das Gebäude führen als ob es schon fertiggestellt wäre?
Wie gewohnt betreten wir durch den Haupteingang in der Kahlenstraße die neue Schalterhalle, sie befindet sich im größeren Gebäudeteil. Hier treffen wir auf eine lichtdurchflutete von Offenheit und Durchlässigkeit geprägte Atmosphäre der zweigeschossigen Kundenhalle, auf eine Art „Marktplatz“, mit allen publikumsintensiven Funktionen, die übersichtlich strukturiert sind und dem Kunden eine gute Orientierung bieten. Der Nebeneingang an der Spielplatzstraße unterstützt diese Raumwirkung. Licht und Großzügigkeit sind durchgängig erlebbar. Im kleineren, parallel zur Spielplatzstraße verlaufenden Gebäudeteil sind alle diskreteren Nutzungen wie Vermögensmanagement untergebracht.
Es gibt zwei Aufzüge an der Kundenhalle, die das Gebäude vertikal erschließen. In den Obergeschossen erwarten uns offene Wartebereiche mit Blickbeziehungen zu den Stadtplätzen, zur St. Nicolai und Jakobi Kirche. Galerien bieten zusätzlichen Raum für eine Benutzung bei Veranstaltungen. Den Zuschnitt der Büros und die Zuordnung der Organisationseinheiten haben wir so gelöst, dass effiziente Workflows und Prozesse garantiert werden. Terrassen und Wintergärten im zweiten Obergeschoss, der Vorstandsetage, bereichern die Raumqualität der Büros und Besprechungsräume.
Blick vom Haupteingang zur Kundenhalle
(Animation: moka-studio, Hamburg) 
Welches architektonische Thema war Ihnen besonders wichtig?
Die Volksbank Lippstadt ist aus der Besonderheit des Ortes, seiner Geschichte, der umgebenden Bebauung und den Gegebenheiten der Erschließung entwickelt. So entsteht ein Gebäude, das im Kontext und unter Berücksichtigung aller einzelnen Aspekte eine markante und einprägsame Idee von Gebäude und Raum formuliert. Wir nehmen die Gebäudehöhe der Umgebung auf, das sind drei Geschosse. Die Kompaktheit des Baukörpers wird durch Wintergärten unterbrochen, das Bauvolumen so gegliedert, dass eine Analogie zur eher kleinteiligen Parzellenstruktur der historischen Altstadt herstellt wird - auch ohne geneigtes Dach. Die Fassade nimmt prägende Gestaltungselemente der bestehenden Bebauung auf, wie stehende Fensterformate, und interpretiert diese zeitgemäß.
Welche Materialstrategie schlagen Sie vor?
Im Erleben und Benutzen des realisierten Gebäudes wird die Gesamtkonzeption schließlich als Struktur spürbar und in allen Teilen in seiner Sinnfälligkeit und Selbstverständlichkeit bis hin zu Material und Farbe erkennbar sein.
Eine Fassade aus hellen Betonsteinelementen mit großzügigen Fensterformaten soll den offenen und freundlichen Charakter des Hauses unterstreichen. Auch im Innenraum werden helle Oberflächen verwendet - Fußböden der Schalterhalle aus hellen großformatigen Betonsteinplatten, Möbel aus hellem Holz, Teppichböden in den Büroflächen.
Fassadenausschnitt 
Gibt es schon einen geplanten Fertigstellungstermin?
Realisiert werden soll das Projekt nun über einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan. Mit einem Baustart ist in diesem Jahr nicht mehr zu rechnen. Die Zeit wird momentan zur Konkretisierung der Pläne und zur Erstellung der Genehmigungsplanung benötigt. Eine Fertigstellung des gesamten Gebäudes erfolgt Ende des Jahres 2013.
Modell (Foto: com | par, Dortmund)
(Modellbau: WUP Modellbau, Hamburg) 

Die gesamte Wettbewerbsdokumentation finden Sie in wa 04/2011
Hauptstelle Volksbank Lippstadt eG
Begrenzt offener Wettbewerb mit Bewerbungsverfahren

Jury
Prof. Dr. Volker Droste, Vors.
Jutta Gruß-Rinck
Prof. Klaus Legner
Heinrich Horstmann
Günter Hippchen
Markus Büchs
Jochen Brink
Alfred Köhne

1. Preis
Gerber Architekten
Dortmund
Mitarbeit: Hannes Beinhoff, Jens Bentfeld, Wiebke Vettrmann
TGA: Inros Lackner AG, Bremen, Olaf Höck

2. Preis
Architekturbüro Manfred Bukowski
Münster

3. Preis
Kleihues + Kleihues Architekten
Berlin