Zeichen im Stadtgefüge

Author
Peter Petz | Podest
Published on
Feb 15, 2012

Schweger & Partner Architekten gewinnen den Wettbewerb ThyssenKrupp Haus Berlin. Mark Schüler stellt sich unseren Fragen zum Wettbewerb.
Nächtlicher Blick vom Schlossplatz 
Welche Bedeutung hat der Wettbewerb für den Berliner Schlossplatz?
Das Grundstück liegt im historischen Zentrum der Stadt. Es ist heute Straßenland und wurde im Zuge der Planungen zur Reparatur des Stadtgrundrisses als Baugrundstück neu geschaffen. Durch den exponierten Ort im Stadtraum erhält das "Thyssen Krupp Haus Berlin" eine ganz besondere Bedeutung, die über die Funktion der räumlichen Schließung des Schlossplatzes weit hinaus geht.
Das "Haus" tritt mit seiner inhaltlichen Zielsetzung – ein Treffpunkt für Menschen mit Ideen zu sein - in Dialog mit den vielfältigen vorhandenen und geplanten Institutionen am Schlossplatz.
Die stadträumliche Präsenz und Ausrichtung ist nicht nur auf den Dialog mit dem ESMT im ehemaligen Staatsratsgebäude, dem zukünftigen Humbold-Forum im wiederauf­gebauten Schloss und der Bauakademie beschränkt, sondern es wirkt im erweiterten Stadtraum als gegenwärtig bis hin zum Alten Museum.
Der Anspruch des "Hauses" in diesem mit historischen Gebäuden von großem Volumen besetzten Stadtraum ist nicht ausschließlich Integration. Dazu ist das Gebäude räumlich zu präsent obwohl im Volumen zurückgenommen. Das Haus soll sich zudem nicht auf die Ebene eines anspruchsvollen "Pavillons" beschränken. Die Herausforderung des Entwurfes war es, sowohl den historischen Bezügen als auch einer Zukunftsorientierung gerecht zu werden.
Situation 
Wie haben Sie die Wettbewerbsaufgabe interpretiert?
Für uns lag die Antwort auf die Aufgabe von vornherein nicht ausschließlich in der Darstellung der zukunftsgerichteten Dynamik des Technologiekonzerns, sondern vor allen Dingen in seiner Geschichte und natürlich der Geschichte dieses einmaligen Ortes der Dualität und Einheit.
Der Ausdruck des „ThyssenKrupp Hauses“ muss durch eine außerordentliche Symbolhaftigkeit und Körperhaftigkeit in Tag und Nacht gegenwärtig sein - ein Haus mit „skulpturaler Qualität“ und „zeitloser Eleganz“. Diese Qualitäten erhält der Entwurf durch sein homogenes Fassadengewand, die leichte Drehung im Stadtraum und das offene Zwischengeschoss. Die großmaßstäbliche Gliederung des Gebäudes interpretiert dabei die Typologien der angrenzenden Bauten mit Monumentalordnung.
Ansicht Nord 
Wie organisieren Sie das Gebäude?
Die Gliederung der Funktionen ist ein Abbild der Multifunktionalität des Hauses. Der Aufbau ist einfach und flexibel, das Haus gibt sich offen und luftig. Die gewünschten vielfältigen Nutzungen und Verknüpfungen werden genauso ermöglicht wie eine großzügige Öffnung des Hauses.
Die öffentlichen Nutzungen befinden sich dabei im zweigeschossigen Sockelbereich, die privateren Bereiche in den Ebenen über dem offenen Zwischengeschoss.
Das Cafe im Erdgeschoss ist dem Außenraum zum Spreekanal und dem Foyer gleichermaßen zugeordnet. Eine großzügige Treppe führt direkt in das Veranstaltungsgeschoss im 1.OG und von dort auf das offene Terrassengeschoss im 2.OG. Über dem Terrassengeschoss erschließen sich über eigene Lufträume und offene Treppen die Büro- und Konferenzebenen für ThyssenKrupp und ihre Partner.
Lobby, Erdgeschoss, Organisation 
Welches architektonische Thema war Ihnen besonders wichtig?
Das Ziel dieser Arbeit war es, dem Haus eine hohe abstrakte und skulpturale Qualität zu verleihen. Ein wichtiges Thema dabei ist dabei sicherlich das offene Terrassengeschoss im 2.OG, das dem Projekt in vielerlei Hinsicht eine zusätzliche Qualität gibt.
Es ermöglicht als offene bzw. temporär geschlossene Fläche die Wahrnehmung des Stadtraums im Sinne Schinkel’s „Dialektischen Blicks“ und fördert auf ungewöhnliche Weise den Austausch mit dem öffentlichen Leben auf Straßenniveau. Die Terrasse kann auf verschiedenste Weise auch für öffentliche Nutzungen bespielt werden.
Gleichzeitig ermöglicht das Terrassengeschoss Durchblicke durch den Baukörper, verstärkt die Transparenz und erlaubt die Wahrnehmung der verdeckten Teile des ehemaligen Staatsratsgebäudes.
So entsteht ein akzeptiertes Zeichen im Stadtgefüge, das Orientierung und Baukultur sein kann.
Ausstellungseröffnung, Empfang 
Welche Materialstrategie schlagen Sie vor?
Die geplante Fassade am ThyssenKrupp Haus in Berlin besteht aus einer hoch gedämmten thermischen Haut, welche am Rohbau befestigt ist und von schlanken Edelstahlprofilen gehalten wird. Eine vorgehängte Haut aus Glas prägt das äußere Erscheinungsbild. Die gebogenen Scheiben erlauben einen gesteuerten Ausblick. Teilbereiche der Umgebung werden gerahmt und dadurch hervorgehoben.
Von außen wirkt die Fassade wie ein Vorhang, der je nach Lichtsituation die Umgebung schemenhaft reflektiert, das Licht bricht und eine Refraktion der Umgebung zeigt oder bei Nacht das Gebäudeinnere preis gibt. Ziel ist es, eine Gebäudehülle zu schaffen, die eigenständig als Skulptur in Erscheinung tritt, mit dem städtischen Raum permanent interagiert und die physikalischen Bedingungen optimal erfüllt.
Das zeitlose Erscheinungsbild soll nicht durch multiple bewegliche Elemente an der Fassade gestört werden, welche nur ein Abbild des heutigen Stands der Technik darstellen können.
Detail 
Gibt es schon einen geplanten Fertigstellungstermin?
Nein.
Modell (Foto: Hans-Joachim Wuthenow) 

Die komplette Wettbewerbsdokumentation finden Sie in
wa 02/2012
ThyssenKrupp Haus Berlin
Begrenzt offener Wettbewerb mit Bewerbungsverfahren

Jury
Prof. Ulrike Lauber, Vors.
Mels Crouwel
Prof. Dietrich Fink
Prof. Manuel Scholl
Dr. Jürgen Claassen
Ralph Labonte
Regula Lüscher
Dr. Martin Grimm
Ephraim Gothe

1. Preis
Schweger & Partner Architekten
Hamburg

2. Preis
JSWD Architekten
Köln

3. Preis
Grüntuch Ernst Planungsgesellschaft
Berlin

3. Preis
Kaspar Kraemer Architekten
Köln