Optimale Ergänzung

Author
Peter Petz
Published on
May 25, 2011

Heinle, Wischer und Partner gewinnen den Wettbewerb um das Max-Planck-Institut für Psycholinguistik in Nijmegen (Niederlande). Till Behnke stellt sich unseren Fragen zum Wettbewerb.
Blick von Nord-Ost 
Worin lag die Herausforderung der Aufgabenstellung?
Der Neubau soll als Erweiterungsbau das vorhandene Institut für Psycholinguistik in seiner vielschichtigen, komplexen Nutzungsstruktur optimal ergänzen. Bei der Konzeptfindung lag eine besondere Herausforderung in dem Ziel, einen sensiblen Umgang mit dem wunderschönen Park, den darin befindlichen Bestandsgebäuden und eine hohe funktionale Qualität zu verbinden. Der neue Baukörper definiert als Pendant zum vorhandenen Institutsgebäude räumlich die Magistrale, die bereits jetzt eine sehr hohe Aufenthaltsqualität hat.
Lageplan 
Wie binden Sie das Projekt an den Bestandsbau an?
Der Entwurf stellt einen Anschluss an den dreigeschossigen Bestandsbau dar und lehnt sich an dessen Höhe und Geschosszahl an. An der Nordseite ist er aufgeständert, sodass vom Hörsaal aus ein freier Blick in den Park möglich wird und der Innenhof fließend in den Außenraum übergeht. Die Verknüpfung sowohl mit der Landschaft als auch mit den Außenräumen auf dem Gelände setzt sich im Gebäudeinneren durch große Öffnungen in der Fassade fort. Die einzelnen Gebäudeabschnitte entlang der Magistrale bilden neue Kommunikationsbereiche.
Erdgeschoss 
Wie organisieren das Institutsgebäude?
In dem Institutsgebäude sind Sprachlabore und molekularbiologische Labore untergebracht. Die zusammenhängend angeordneten Sprachlabore befinden sich im Erdgeschoss. Sie beherbergen die empfindlichen Apparate, die hohe Anforderungen an eine akustische und elektromagnetische Abschirmung stellen. Hier finden die Forschungen zur Sprachverarbeitung an Kindern und Babys statt, deshalb ist ihnen auch ein kindgerechter Wartebereich vorgeschaltet. Der Zugang von Besuchern und Probanden erfolgt über die Magistrale. Die molekularbiologischen Labore befinden sich im Obergeschoss mit direkter Anbindung an eine technische Zentrale auf den Dachflächen darüber. Die Ausstattung mit Medien kann so auf kurzem Weg erfolgen und die Geschosshöhe kann den jeweiligen Bedürfnissen angepasst werden. Eine nachhaltige Nutzung ist durch die flexible und variable Raumaufteilung gegeben. Sie erlaubt eine Anpassung an die Bedürfnisse der Nutzer und ermöglicht ein Zusammenlegen zuvor getrennter Arbeitsräume. Hierdurch kann ein ganzheitliches und vielschichtiges Arbeitsumfeld entstehen. Durch die Aufnahme der Geschosshöhen ist außerdem eine barrierefreie Nutzung aller Bereiche gegeben.
Funktionen, Raumstruktur 
Welche Besonderheiten hinsichtlich Konstruktion und Material zeichnen Ihren Vorschlag aus?
Das Gebäude wird als Skelettbau in Stahlbeton konstruiert. Die konventionelle Bauweise ermöglicht eine ökonomische Umsetzung. Im Inneren können zudem die Räume durch Systemtrennwände in ihrer Größe frei verändert werden. Die Fassade orientiert sich in ihrer Zurückhaltung an der Erscheinung des Bestandsgebäudes. Durch ihr Material und ihre Gliederung spricht sie jedoch eine eigene, zeitgemäße Sprache. Bedruckte Brüstungsgläser reflektieren den umgebenden Baumbestand und nehmen die Formenvielfalt der Natur auf. Horizontale Fensterbänder zerschneiden das ebene Bild und lassen Einblicke in das Innere zu. Sie verdeutlichen die Korrespondenz des Gebäudes mit der Umgebung durch großzügige Ausblicke in die Parklandschaft, die zudem eine optimale Belichtung der Arbeitsplätze zulassen. So entsteht ein helles und offenes Gebäude mit optimalen Arbeitsbedingungen für den Nutzer. Zur Orientierung im Gebäude wird ein Farbkonzept entwickelt, das als Inszenierung den Außenraum zitiert. Das helle und freundliche Erscheinungsbild nach Außen setzt sich also im Inneren fort.
Detail Fassade 
Auf welche Erfahrung konnten Sie bei der Bearbeitung zurückgreifen?
Eine wichtige Referenz für den Entwurf ist zum Beispiel das Institutsgebäude für Hörforschung an der Universität Oldenburg mit Studioräumen. Die Sprachlabore darin entsprechen mit ihren Anforderungen den Räumen zur Untersuchung der individuellen Unterschiede in der Sprachverarbeitung. Weitere Projekte sind das Institut für Biochemie an der Universität Konstanz und das Deutsche Krebsforschungszentrum in Heidelberg. Hier hat besonders die Anordnung der Labore als großräumlich, flexibel ausgerichtete Arbeitsplätze das Wettbewerbsergebnis beeinflusst.
Ansicht Ost, Längsschnitt 
Gibt es schon einen geplanten Fertigstellungstermin?
Mit der Planung des Neubaus wurde unverzüglich begonnen. Erste Abstimmungstermine haben stattgefunden. Geplant ist, dass das Gebäude 2013 übergeben wird.
Modell (Foto: FSW Düsseldorf GmbH) 

Die gesamte Wettbewerbsdokumentation finden Sie in wa 05/2011
Max-Planck-Institut für Psycholinguistik in Nijmegen (Niederlande)
Begrenzt offener Wettbewerb mit Bewerbungsverfahren

Jury
Prof. Horst Ermel, Vors.
Dieter Grömling
Mels Crouwel
Thomas Habscheid-Führer
Nils Krause
Thomas de Graaf
Prof. Peter Hagoort
Prof. Simon Fisher

1. Preis
Heinle, Wischer und Partner
Stuttgart
Wettbewerbsteam: Till Behnke (verantwortlicher Partner), Andreas Braun, Claudia Wohlfrom, Arta Alijaj
Visualisierung: Marco Kniesel
Modellbau: Peter Goebel

2. Preis
F29 Architekten
Dresden

3. Preis
Meyer Architekten
Düsseldorf