Sinnvolles Ganzes

Author
Peter Petz
Published on
Jul 6, 2011

Peter Böhm Architekten gewinnen den Wettbewerb um das Philosophikum am Domplatz in Münster. Peter Böhm stellt sich unseren Fragen zum Wettbewerb.
Situation 
Welche Bedeutung hat der Wettbewerb für das Münsteraner Universitätsareal?
Mit seiner zentralen Lage direkt am Domplatz soll hier in Zukunft die schöne Verflechtung der Universität mit der Altstadt von Münster besonders zum Ausdruck kommen. So haben wir großes Augenmerk auf die öffentlichen Platzräume gelegt, wo das studentische Leben sich mischt mit der Öffentlichkeit. Der Weg vom Domplatz zum Philosophikum und dann weiter am Theologikum vorbei bis zum kleinen Flüsschen Aa wird den urbanen Charakter der Uni unterstützen.
Perspektive und Idee 
Wie kamen Sie zum Baukörper? Wie gehen Sie mit dem Gelände um?
Der Bestandsbau des Philosophikums mit seinen drei vorspringenden Resaliten und der auch damit verbundenen Querausrichtung bildet eine schwierige und unruhige Ausgangslage für einen neuen öffentlichen Stadtraum an dieser Stelle. So haben wir hier einen sehr schmalen Riegel vorgestellt, der in Proportion und Traufhöhe auf sein Gegenüber, das Fürstenberghaus, eingeht,
und so einen harmonischen und ruhigen Platz formt. Dieser Riegel, der überwiegend eine Bibliothek beherbergt, ist wie ein fünf-geschossiges Büchermagazin ausgebildet, dessen Fassade rhythmisiert ist im Wechsel von den Kopfenden der Regale mit den gläsernen Zwischenräumen.
Den Platzboden bildet eine sanft abfallende Stufenrampe, die oben vom Domplatz kommend in einer schmalen Gasse beginnt sich dann über die gesamte Platzfläche erstreckt und unten zum Eingang des Philosophikums hinabführt.
Eingangsebene 
Können Sie uns durch das Philosophikum führen als ob es schon fertiggestellt wäre?
Den Eingang markiert eine Arkade am Fußpunkt des Vorplatzes. Von hier gelangt man in eine gläserne Halle, die sich rechts als schmale hohe Gasse zwischen den Altbau und dem neuen Riegel hinein schiebt. Dies ist die Bibliothekshalle, deren linke Seite eine mächtige Ziegelwand mit großen Fenstern zu den Fluren des Seminartraktes bildet. Rechts fällt der Blick auf die Geschoße der Magazine, mit den zur Halle gerichteten Lesepulten, die wie Simse zwischen die Ziegelstützen gehängt sind. Zwei lange einläufige Treppen erschließen die Ebenen.
Möchte man nicht zur Bibliothek so führt der Weg weiter geradeaus zur Studiobühne, die unabhängig vom übrigen Betrieb von den Studenten für verschiedenste Veranstaltungen genutzt wird und die bis in die Abendstunden das Haus mit Leben füllen wird.
Von hier gelangt man ebenfalls in die seitlich angrenzenden Flure, die über mehrere Geschosse
die Seminarräume erschließen. Die helle sandfarbene Oberfläche der geschlämmten Ziegelwände, der Blick in die Bibliothek und das Tageslicht über die Glashalle werden hier dem Haus eine freundliche Arbeitsatmosphäre geben.
Geht man den Flur im ersten Obergeschoss bis ans Ende, gelangt man in den denkmalgeschützten gründerzeitlichen Teil des Altbaus, mit dem schönen gewölbeüberspannten Treppenaufgang und von hieraus wieder hinaus auf den Domvorplatz.
Ansicht Süd, Grundrisse 
Schnitte 
Welches architektonische Thema war Ihnen besonders wichtig?
Bei einer solchen Bauaufgabe ist mir immer zunächst das Bestreben ordnend einzugreifen Ausgangspunkt der Planung. Zunächst geht es mir dabei natürlich um die Außenräume, aber dann gilt es gleichermaßen den Baukörper selbst zu ordnen, in seiner plastischen Struktur in seiner übersichtlichen Erschließung und dann in Zusammenhang mit den dazukommenden Anbauten, dass es ein neues sinnvolles Ganzes wird, welches jedoch in seinen Einzelgliedern ablesbar bleibt.
So entsteht durch den vom Altbau schräg abgesetzten neuen Riegel ein hoher schmaler Spalt, der als gläserne Bibliothekshalle genutzt wird.
Neubau, Bestand 
Welche Materialstrategie schlagen Sie vor?
Mit dem Material der Fassade möchten wir diese Einheit von Alt und Neubau unterstützen. Die alte Ziegelfassade, an der der Ziegel durch die Verwitterung des Putzes teilweise durchscheint, inspirierte uns etwas Ähnliches für die alte und neue Fassade zu planen. Der Putz soll entfernt werden sodass der Ziegel freigelegt wird und anschließend soll eine Schlämme aus hellem sandsteinfarbenem Kalkzementmörtel aufgebracht werden. Der Ziegel wird dann nur ganz leicht durch diese Oberfläche rötlich hindurchschimmern. Diese Oberfläche soll dann auch ins Gebäude hineingezogen werden in die Flure und in die Bibliothek, sodass hier eine angenehme Atmosphäre entstehen wird.
Raummodul Büro Bibliothek 
Gibt es schon einen geplanten Fertigstellungstermin?
Unser Wettbewerbsbeitrag hat mehr Nutzfläche möglich gemacht als der Bauherr ursprünglich erwartet hat. Dieses möchte er gerne nutzen, muss aber erst das Raumprogramm darauf abstimmen und dann wird über Termine geredet.
Modell 

Die komplette Wettbewerbsdokumentation finden Sie in
wa 06/2011
Philosophikum am Domplatz in Münster
Begrenzt offener Wettbewerb mit Bewerbungsverfahren

Jury
Friedrich Wolters, Vors.
Georg Breuer
Dr. Karoline Friemann
Reinhard Greshake
Martin Halfmann
Prof. Martin Korda
Wolfgang Lutterbey
Prof. Robert Niess
Hartwig Schultheiß
Dr. Reginbert Taube
Markus Vieth
Georg Wendel

1. Preis
Arch.: Peter Böhm Architekten
Köln
TGA: Ingenieurgemeinschaft TEN
Tragwerk: Kempen Krause Ing.-Ges.
Aachen

3. Preis
Arch. : Bolles + Wilson GmbH & Co KG
Münster
TGA : ZWP Ingenieur-AG
Köln
Tragwerk : w+b ingenieure gmbh
Münster

3. Preis
Arch. : mm Architekten
Hannover
TGA : GMW-Ingenieurbüro Gmbh
Hannover
Tragwerk : Drewes + Speth
Hannover

4. Preis
Arch. : Birk und Heilmeyer Architekten
Stuttgart
TGA : WBP Ing. für Haustechnik GmbH
Münster
Tragwerk : Knippers Helbig GmbH
Stuttgart