Ein Parkgewebe für Schmalkalden

Author
Peter Petz
Published on
Nov 9, 2010

sinai. Faust. Schroll. Schwarz. gewinnen den Wettbewerb um die 3. Thüringer Landesgartenschau Schmalkalden 2013. AW Faust stellt sich unseren Fragen zum Wettbewerb.
Blick von Osten in den zukünftigen Westendpark 
Welche Bedeutung hat der Wettbewerb für Schmalkalden?
Im Hinblick auf den Freiraum ist eine Gartenschau für eine Stadt wie Schmalkalden ein Generationenereignis. Mal unabhängig vom Ein-Sommer-Event Gartenschau: mit keinem anderen Instrument können vergleichbare Mittel aktiviert werden. Wenn es gut läuft, kann eine Stadt ihr Grün so umfassend reformieren, dass ein städtebaulicher Schub für die Stadt als Ganzes herauskommt. Und eine Stadt sich neu zu sehen lernt.

Schmalkalden hat sich in seinen Vorkonzepten für ein dezentrales Konzept entschieden. Glücklicherweise. Wir sehen große Chancen für eine sehr wirkungsvolle Vernetzung und Durchdringung der Stadt als Ganzes.

Wie es aussieht, ist Schmalkalden mit der Sanierung seiner historischen Straßen und Plätze sehr weit gekommen. Die Innenstadt ist in den letzten Jahren auf sehr charmante Weise erneuert worden. Drumherum sind allerdings erhebliche qualitative Brüche erkennbar. Mit der Gartenschau und ihren Einzelparks entsteht ein grünes Gewebe zwischen der westlichen Vorstadt und dem Schloss im Osten, das diese Brüche zu überbrücken hilft.
Dauerzustand 
Welche landschaftsarchitektonischen Themen war Ihnen für die Gartenschau besonders wichtig?
Die westliche Innenstadt Schmalkaldens war Schwerpunkt des Wettbewerbs. Der Raum ist baulich sehr heterogen, zeigt kaum fassende Strukturen und ist zudem im Umbruch, zum Teil sogar im Verfall begriffen.
Mit den neuen Anlagen versuchen wir, ein stützendes Gerüst mit verbindenden landschaftlichen Merkmalen und einer gemeinsamen Identität zu entwickeln. Bei aller Unterschiedlichkeit der Orte werden dabei gewisse Strukturelemente zum übergreifenden Prinzip, es gibt gestalterische Spielregeln: eine einfache, sehr klare gestalterische Sprache, das Erleben von großzügigen offenen Zentralräumen, die zurückhaltende Inszenierung des Reliefs mit flachen Terrassen an den Gewässern und natürlich ein übergreifendes Materialkonzept.

Am auffälligsten im Plan sind vielleicht die „Parkschalen“ als intensiv gegliederte Pflanzfelder, die gleichzeitig abschirmen und verbinden können; Darin eingeschnitten werden „Zeitfenster“ als erzählerische Themenstationen und Experimentierräume der Gartenschau.

Wir verstehen die Parks und ihre Verbindungsräume also als Teile einer zusammenhängenden städtischen Landschaft und haben zuerst mal ihr Vokabular definiert.
Gartenschau 
Wie organisieren Sie die einzelnen Telibereiche?
Die beschriebenen Merkmale der städtischen Landschaft gelten zunächst für alle Parkteile. Sie sind einfach und robust. Und sie ermöglichen es in den so geschaffenen Rahmen sehr unterschiedliche Parkprogramme zu verwirklichen. So steht im Westendpark das Erleben der Flussnatur der Schmalkalde im Vordergrund. Den Park an den Quellteichen dagegen sehen wir als intensiven Spielpark: Angebote der unterschiedlichsten Nutzergruppen umhüllen einen gemeinsamen Zentralraum. Wir fordern dazu auf, sich in jedem Parkteil auf etwas zu konzentrieren, Zeit für etwas zu nehmen: Zeit für Veränderung, Zeit für Natürlichkeit, Zeit für Gemeinsamkeit. In dieser Art haben wir das vorgegebene Thema der Gartenzeitreise interpretiert.

Wir haben Parkfigur und Parkprogramm, Gefäß und Inhalt in Schmalkalden sehr gewusst entkoppelt. Wir erhalten so übergreifend ruhige und verbindende Raumbilder bei einer sehr differenzierten Ausstattung. Wir setzen uns so auch mit einem Dilemma der Landschaftsarchitektur auseinander: Die Langsamkeit der pflanzlichen Entwicklung und die Schnelllebigkeit von Nutzungs­anforderungen. Wir wollen davon ausgehen, dass die geschaffenen Räume in 20 Jahren ohne weiteres mit einer neuen Nutzungsebene gefüllt werden kann. Die Vegetation kann sich also ruhig auch Zeit nehmen.
Kernzone A 
Welche stadträumlichen Qualitäten werden die geplanten Hochbaumaßnahmen haben?
Der Park am Quellteich umfasst den ehemaligen Busbahnhof. In allem Optimismus hat unser Team das wenig ambitionierte Gebäude zur Perle im Park erklärt: Es muss gelingen, dieses nicht alte Haus zu einem überzeugenden öffentlichen Parkgebäude umzubauen. Die Botschaft ist, dass wir uns Resträume mit minderer Architektur nicht leisten können.

Auf dem aufgegebenen Gewerbestandort am Quellteich entsteht nahe Schule und Senioreneinrichtung ein neues Wohnquartier. Der Park erhält damit zunächst mal eine städtische Kante. Die angebotene Struktur vermittelt dabei in Körnung und Dichte den Maßstabsbruch zwischen den Nachbarschaften, also den Großfiguren der Gemeinschaftseinrichtungen und der Einzelhausbebauung.

Das Quartier setzt auf ein robustes und verbindendes Raster, in dem sehr unterschiedliche Wohnformen entstehen können. Die Grundlage dafür sind kombinierbare Module, die vielfältig kombiniert werden können. Passend zur Nachbarschaft steht das „Miteinanderwohnen“ im Vordergrund, also generationenübergreifendes und altersgerechtes Wohnen.
Kernzone C 

Die gesamte Wettbewerbsdokumentation finden Sie in wa 11/2010
3. Thüringer Landesgartenschau Schmalkalden 2013
Begrenzt offener Wettbewerb mit Bewerbungsverfahren

Jury
Prof. Hermann Brenner, Landshut, Vors.
Detleff Wierzbitzki
Wolfram Stock
Marita Striewe
Wolfgang Altmann
Forsten
Simone Hold
Dr. Anke Schetter


1. Preis
sinai. Faust. Schroll. Schwarz.
Freiraumplanung + Projektsteuerung GmbH
Berlin
Machleidt + Partner, Büro für Städtebau
Berlin
Mola Winkelmüller Architekten
Berlin

2. Preis
bekaa – beretta kastner architetti
Monza
Ubi Studio s.r.l.
Mailand
Harbig Architekten
Erfurt

4. Preis
kokenge.ritter gmbh landschaftsarchitektur
Dresden
Worschech Architekten Planungsgesellschaft
Erfurt

4. Preis
plancontext gmbh landschaftsarchitektur
Berlin
Siegmüller.Vodde Architektur + Stadtplanung
Berlin