Universitätsstadt

Author
Peter Petz
Published on
Nov 9, 2011

raumwerk gewinnt den Teil Städtebau im Wettbewerb Campus Bundesstraße der Universität Hamburg. Sonja Moers stellt sich unseren Fragen zum Wettbewerb.
Modell (Foto: genius loci architekturcontor, Hamburg) 
Welche Bedeutung hat der Wettbewerb für den Universitätsstandort Bundesstraße?
Der Wettbewerb hatte die wichtige Aufgabe, ein Bild, eine Idee für den neuen Universitätscampus als Ganzes zu finden. Tatsächlich wird zwar an dem bisherigen Universitätsstandort Bundesstraße in Eimsbüttel festgehalten, der Gebäudebestand jedoch Zug um Zug nahezu vollständig ausgetauscht. Die Grundidee muss deshalb stark genug sein, um über den langen Entwicklungszeitraum, den ein solches Projekt benötigt, tragfähig zu bleiben. Unsere Ausgangsfrage war, welche Qualitäten kann und muss ein moderner Campus haben, der eben nicht auf der grünen Wiese sondern in zentraler Lage in der Stadt liegt? Welche Eigenschaften besitzt ein urbaner Campus und wie sind diese konkret am Standort Bundesstraße realisierbar? Man kommt recht schnell zu der Erkenntnis, dass das autistisch introvertierte Universitätsgelände in seiner jetzigen Form hier gravierende Mängel aufweist, die wir durch das neue Bild einer Universitätsstadt in der Stadt ersetzen wollen. Ich bin überzeugt, dass im Wettbewerb der Universitäten untereinander die neue baulich-räumliche Gestalt des Campus Bundesstraße einen wichtigen, positiven Aspekt darstellt.
Lageplan 
Wie verzahnen Sie den verdichteten Standort mit der Umgebung?
Das geforderte Flächenprogramm verlangt eine kompakte bauliche Dichte, welche die üblichen Hamburger Maßstäbe übersteigt. Diesen vermeintlichen Nachteil begreifen wir als urbane Qualität. Durch ein spannungsreiches Wege-Platz-System als Negativraum vernetzen wir das hochverdichtete Universitätsgelände mit dem umgebenden Stadtviertel. Hierbei werden besonders die wichtigen Zugänge zur U-Bahn Station Schlump sowie zur Grindelallee herausgearbeitet und grundsätzlich an alle vorhandenen Erschließungsadern der Umgebung angeknüpft. Den internen Plätzen ordnen wir bauliche Hochpunkte zu, die zur Orientierung dienen und durch Gebäude mit zentralen Einrichtungen der Universität besetzt werden.
Die neue Baustruktur entsteht durch die Überlagerung der historischen rechtwinkligen Blockbebauung der Umgebung und der hierzu diagonalen Ausrichtung der Bestandsgebäude der Universität. Bisher wurde das Gebiet durch die Bundesstraße durchschnitten und zerfällt in einen nördlichen und einen südlichen Bereich. Durch die neue Verzahnung der Baufelder über die Bundesstraße hinweg erreichen wir, dass das gesamte Universitätsareal wieder als eine Einheit erlebbar wird.
Verzahnung, Hochpunkte 
Welche stadt- und freiräumlichen Qualitäten soll das neue Quartier erhalten?
Das Erscheinungsbild des neuen Quartiers wird in besonderem Maße durch die Qualität der gefassten Plätze und konisch verengenden Passagen bestimmt, vielleicht sogar noch mehr als durch die Gebäude selbst.
Studenten sind sicherlich begeisterte und damit ideale Nutzer von Freiräumen, wenn die Aufenthaltsqualität stimmt. Neben dem südlichen Park am Schröderstift sind hier die die drei neuen Plätze im Innern des Gebiets sehr wichtig. Diese dienen als Magnete, an denen sich das universitäre Leben bündelt und im Austausch mit der Stadt steht. Hier werden konzentriert gewerbliche und öffentlichkeitswirksame universitäre Nutzungen untergebracht. Dabei ist es sicherlich von Vorteil, dass diese Platzzonen nur mittelbar an die Stadtadern Grindelallee und Bundesstraße anschließen und von starker Verkehrsbelastung geschützt sind. Fuß- und Radverkehr werden die dominierenden Verkehre sein.
Wir haben für jeden Platz ein eigenständiges Thema vorgesehn, welches sich aus den unterschiedlichen Nutzungsschwerpunkten ergibt: Während der 'Campusplatz' durch die zentralen Nutzungen Mensa, Hörsaalgebäude und Bibliothek geprägt wird, bestimmt die zentrale universitäre Ausstellungsfläche das Bild des „Museumsplatzes“. Diese beiden werden durch den 'Institutsplatz' südlich der Bundesstraße ergänzt, welcher von Instituten und sonstigen universitätsaffinen Nutzungen gefasst wird.
Campusfelder 
Wie erschließen Sie die Teilbereiche?
Eine besondere Herausforderung des Wettbewerbs lag sicherlich in der komplexen Kausalkette der verschiedenen Bauabschnitte. Die grundsätzliche Entscheidung, anstelle eines zentralen Freibereiches ein Plätze-Wege-System herauszubilden, bietet den Vorteil, dass bereits die ersten Baustufen eigenständige Einheiten mit städtebaulich-freiräumlichen Qualitäten herausbilden können. Diese werden durch die folgenden Bausteine immer weiter ergänzt. Während in den ersten Realisierungsstufen noch die Bundesstraße die dominierende interne Verbindungsader ist, wird diese ab der vierten Realisierungsstufe durch ein vielfältiges Wegenetz ersetzt. Eine Besonderheit stellt die Errichtung des MIN-Zentralbaus dar. Durch die Trennung in zwei Gebäudeteile kann bereits im 2. Realisierungsabschnitt dieser zentrale Gebäudekomplex über die neue wichtige Nord-Süd-Achse mit dem Klimacampus verbunden werden. Die funktionale Vernetzung von Bibliothek, Zentraler Lehre, Service und Mensa wird hierdurch im Stadtraum sichtbar. Nach Fertigstellung des Campusplatzes erhält das zentrale Mensagebäude einen zweiten gleichwertigen Zugang von Norden und orientiert sich nun zum Platz.
Durchwegung, Erschließung 
Welche Nutzungen sind vorgesehen? Wie soll das Projekt etappiert werden?
Mit dem Wettbewerb wurde ja neben dem städtebaulichen Konzept für das Areal als Ganzes auch bereits eine architektonische Lösung für den ersten Baustein Klimacampus gesucht. Unter diesem Begriff wurden Lehr- und Forschungseinrichtungen unterschiedlicher Fachgebiete mit Umweltbezug zusammengefasst. Dieses Gebäude soll nun zügig in die Realisierung gehen.
Damit eng verknüpft sind die Gebäude des zweiten Bauabschnittes 'MIN-ZENTRALBAU', bestehend aus Mensa, Bibliothek, Zentrale Lehre und weiteren Einrichtungen. Beide Bauabschnitte sind sehr konkret. Über den zeitlichen Horizont der weiteren Realisierungsabschnitte, welche vor allem den Neubau der Chemiefakultäten und Institute betrifft, kann zum jetzigen Zeitpunkt noch keine verlässliche Aussage gemacht werden.
Nutzung, Etappierung 
Ist schon ein Rahmenplan in Arbeit?
Erste Sondierungsgespräche fanden statt.
Schwarzplan 

Die komplette Wettbewerbsdokumentation finden Sie in
wa 11/2011
Campus Bundesstraße der Universität Hamburg
Begrenzt offener Wettbewerb mit Bewerbungsverfahren

Jury
Prof. Dietmar Eberle, Vors.
Birgit Fuhlendorf
Markus Hammes
Stefan Holst
Prof. Dr. Michael Koch
Prof. Hilde Léon
Volker Staab
Prof. Jörn Walter
Michael Scheuermann

Städtebau
1. Preis
Stadtpl.: raumwerk
Frankfurt/Main
L.Arch.: STraumA
Berlin
Arch.: SEHW Architekten
Hamburg

2. Preis
Stadtpl. : AS&P Albert Speer & Partner
Frankfurt
Arch. : Schweger Associated Architets
Hamburg

3. Preis
Arch./Stadtpl. : gmp Architekten
Hamburg