Cluster für Kleine und Große

Author
Peter Petz
Published on
Nov 30, 2011

Spiecker und Sautter Architekten gewinnenden Wettbewerb Evangelische Montessori Schulen in Freiburg. Manfred Sautter stellt sich unseren Fragen zum Wettbewerb.
Modell (Foto: Volker Rosenstiel, Freiburg) 
Welche Vorstellung von Schule liegt Ihrem Entwurf zugrunde?
Entsprechend der Entwurfsaufgabe, also der Planung eines Montessori-Schulzentrums, haben wir einen Gebäudetyp entworfen, der eine Umsetzung der Montessori-Pädagogik im Schulalltag begünstigt und unterstützt. Ein Grundzug dieser Pädagogik ist die Förderung und möglichst freie Entfaltung eines jeden Kindes nach seinen individuellen Neigungen und Begabungen. Hierzu bedarf es eines ausdifferenzierten Angebots an Freiräumen und pädagogischen Materials und einer möglichst geringen Abgrenzung der einzelnen Schultypen untereinander, damit die „Kleinen“ von den „Großen“ lernen können, und die „Großen“ lernen für die „Kleinen“ Verantwortung zu übernehmen.
Lageplan 
Wie kamen Sie zum Baukörper? Welche Rolle spielen die Freiräume in Ihrem Entwurf?
Das Grundmodul der Schule ist nicht die Jahrgangsstufe sondern das „Cluster“ in dem je 4 altersgemischte Gruppen mit ihren jeweiligen Pädagogen zusammengefasst sind. Ein Cluster besteht nicht nur aus Klassenräumen, die sich um einen großzügigen Freiarbeitsbereich mit Leseecken gruppieren, sondern verfügt auch über eine Terrasse und einem ihm zugeordneten Freibereich, einer der Terrasse vorgelagerten Nische des Schulhofs. Die Gliederung des Baukörpers spiegelt sich so in der Gliederung des Freibereichs wider. Als städtebauliche Dominante über dem Eingangsbereich dient die Sporthalle. Durch deren Anordnung über Halle und Mensa gewinnen wir Platz für großzügige Freianlagen.
Erdgeschoss, Schnitt, Ansicht Süd 
Wie organisieren Sie die Montessori Schulen?
Die zentralen Einrichtungen der Montessori Schulen bilden den Auftakt im „Kopfbau“. Aula, Speisesaal und Universalraum Musik können durch mobile Trennwände zu einem großen Veranstaltungsraum für Schulfeste, Abschlussfeiern und Aufführungen zusammengefasst werden. Der Speisesaal lässt sich problemlos nach Süden in den von der im 2. Obergeschoss auskragenden Sporthalle überdachten Außenbereich erweitern. Diese vorgelagerte Terrasse kann dadurch auch witterungsunabhängig bei Veranstaltungen „mitbespielt“ werden. Die Sporthalle wird für die Nutzung außerhalb der Schulzeiten zusätzlich separat erschlossen.
Die Klassenbereiche schließen sich nach Westen in der ruhigeren Mitte des Grundstücks an. Die Fachunterrichtsräume bilden dabei das Rückgrat der Schulen und werden ausschließlich von Norden gleichmäßig und blendfrei belichtet. Der von jeweils vier Klassen zweiseitig umschlossene gemeinschaftliche Vorbereich bietet in jedem der sogenannten „Cluster“ die Möglichkeit zur individuellen Ausgestaltung und Nutzung. Die Garderoben sind diesem Bereich vorgeschaltet, so dass hier tatsächlich das wohnliche Montessori-Schulleben stattfinden kann. Die jedem Cluster zugeordnete große Terrasse/Loggia nach Osten bietet einen geschützten Bereich zum Lernen im Freien und stärkt die Idee der von vier Klassen gemeinschaftlich gestalteten und genutzten Organisationseinheit. Die Cluster bieten durch ihre Anordnung, Ausgestaltung und den eigenen Freibereich gleichermaßen Rückzugsmöglichkeit und Öffnung gegenüber den anderen Bereichen.
Die Freianlagen werden klar zoniert. Die Bereiche nördlich und westlich des Gebäudes werden der Erschließung zugeordnet, während südlich mit dem Schulhof und östlich mit dem Eingangsplatz verkehrsfreie Bereiche mit hoher Aufenthaltsqualität entstehen. Der Schulhof mit differenziert ausgebildeten Zonen trägt den altersbedingt unterschiedlichen Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler Rechnung.
Obergeschoss, Schnitte, Ansicht Süd 
Welche Materialstrategie schlagen Sie für den Schulbau und die „Goldene“ Sporthalle vor?
Hier zum jetzigen Zeitpunkt eine verbindliche Aussage zu treffen scheint uns noch zu früh. Nachdem über den Wettbewerb das Gebäudekonzept und das städtebauliche Erscheinungsbild entschieden wurden, ist der nächste Schritt, mit der Bauherrschaft in einen intensiven Dialog über die Qualitäten der Oberflächen innen und außen einzutreten. Neben den ästhetischen Wünschen und Anforderungen werden die Fragen nach der Dauerhaftigkeit und Finanzierbarkeit, wie bei fast allen Bauprojekten, eine ganz erhebliche Rolle spielen. Uns ist es hierbei wichtig, dass die Schule durch ihre Materialien einen hellen, freundlichen und unverwechselbaren Charakter erhält,
Natürlich spielt hierbei das, wie Sie sagen „Goldene“ Sporthalle eine ganz entscheidende Rolle, als „Gesicht“, mit dem sich die Schule der Öffentlichkeit zuwendet.
Gibt es schon einen geplanten Fertigstellungstermin?
Angestrebt wird Schuljahresbeginn 2013.
Blick von der Merzhauser Straße 

Die komplette Wettbewerbsdokumentation finden Sie in
wa 12/2011
Evangelische Montessori Schulen in Freiburg
Begrenzt offener Wettbewerb mit Bewerbungsverfahren

Jury
Prof. Dr. Thomas Jocher, Vors.
Stella Hoeppner-Fillies
Prof. Horst Methner
Prof. Dr. Ch. Schneider-Harpprecht
Cornelia Stark
Prof. Wulf Daseking
Prof. Ulrike Lauber
Prof. Sophie Wolfrum

1. Preis
Spiecker und Sautter Architekten
Freiburg

2. Preis
Barbara Pampe, Schmidt von Holst
Kairo/Berlin

3. Preis
Roser Architekten
Waldkirch