Etappensieg

Elias Baumgarten
17. de maig 2019
Kommt gut voran: die Unterschriftenaktion für eine Volksbefragung zum Stadionbau am Pichlinger See bei Linz. Bild: »Rettet den Pichlinger See!«

Der Pichlinger See liegt ostwärts Linz. Das blau glitzernde Gewässer befindet zwischen der Autobahn A1 und den Bahnanlagen, die parallel der Donau nach dem Osten führen. Umgeben ist es von einem gepflegten Grüngürtel und Feldern. Ein Campingplatz und einige Restaurants stehen am Ufer, entlang dem ein Spazierweg angelegt ist. Der mit Grundwasser gefüllte Badesee ist dereinst künstlich entstanden: Während der Herrschaft der Nationalsozialisten wurde Schotter für den Bau der Hermann-Göring-Werke und der nahen Autobahn gewonnen. Nach dem Krieg flutete man die Grube. Seit Ende der 1940er-Jahre wird sie als Badesee genutzt. Für die Linzer*innen ist dieser ein wichtiges Naherholungsgebiet: 2013 wurde er im Örtlichen Entwicklungskonzept (ÖEK) der Stadt als schützenswert eingestuft. Im Sommer tummeln sich bis zu 40'000 Menschen am See. Hier, vor den Toren der Stadt und gerade 50 Meter vom Ufer entfernt, möchte der Linzer Athletik-Sport-Klub (LASK) sein neues Stadion errichten lassen. 50 Millionen Euro beabsichtigt der Fußballverein zu investieren. Der Haken: Ein großer Teil der Grünflächen müsste für das Projekt weichen.

Am Pichlinger See. Bild: Dergreg via Wikimedia Commons
Architekturwettbewerb? Fehlanzeige

Umfassen soll die Anlage ein Stadion mit 20'000 Plätzen, 3'500 Parkplätze sowie ein Trainingsgelände und Nebengebäude. Die Stadt soll 20 bis 30 Millionen Euro bereitstellen, um das neue Stadion zu erschließen, denn die Anbindung an den öffentlichen Verkehr ist mangelhaft: Nur zwei Buslinien führen hinaus aus der Stadt an den See. Zudem müssten gesamthaft 200'000 m2 Grünfläche umgewidmet werden. Schade, erfährt das Gebiet trotz seiner Bedeutung für die Erholung und Lebensqualität der Bevölkerung so wenig Wertschätzung. Bedenkenlos soll es den Interessen weniger geopfert werden.

Einer gestalterischen Kontrolle unterliegt das Großprojekt auch nicht. Einen Architekturwettbewerb gab es nicht. Stattdessen wird in einem Konkurrenzverfahren ein Totalunternehmer gesucht, der die Pläne umsetzen soll. Gegenüber der Presse hieß es seitens des LASK, dies geschehe aus finanziellen Gründen. So ließ man im März die OÖNachrichten wissen: »Aus Gründen der Kostensicherheit hat sich der LASK dazu entschieden, ein sogenanntes Totalunternehmerverfahren durchzuführen.« In der Presse tauchten zugleich erste Visualisierungen des geplanten Stadions auf. Sie zeigen einen grobschlächtigen Bau ohne jedwede gestalterische Ambition. Fragwürdig ist das Projekt auch deshalb.

Gesamthaft 200'000 m2 an Grünflächen sollen umgewidmet werden. Bild: »Rettet den Pichlinger See!«
Auf der Visualisierung nicht dargestellt sind Trainingsplätze und Nebengebäude, die ebenfalls gebaut werden sollen. Zu sehen ist allerdings schon der fehlende architektonische Anspruch. Bild © LASK
Undemokratisch

Politisch erfuhr der Verein zunächst Rückendeckung: Obwohl sich alsbald Proteste gegen die Umwidmungspläne häuften, wurde im Januar dieses Jahres eine Volksbefragung nicht eingeleitet. Eine breite Koalition aus FPÖ, ÖVP und SPÖ sperrte sich gegen diese und wusste sie zu verhindern. Lediglich NEOS, Grüne und KPÖ argumentierten gegen das Vorhaben. Wenig später organisierte sich die Bürgerinitiative »Rettet den Pichlinger See!«. Ihr Ziel: Eine Volksabstimmung über das Projekt erzwingen und eine basisdemokratische Entscheidung herbeiführen. Nicht geht es den Initiator*innen ausdrücklich darum, den Stadionbau grundsätzlich zu verhindern. Vielmehr soll neu ein anderer Bauplatz gefunden werden. Man sei dafür, dass Steuergelder für Sportstätten und Freizeitflächen aufgewendet würden, heißt es dazu, doch sei Oberösterreich bereits jetzt »Weltmeister im unnötigen Versiegeln von Grünflächen«. Zudem sei der See leider auf lange Sicht der teuerste aller möglichen Standorte für das Stadion.

Aufgestellt ist die Bürgerinitiative gut. Das 17-köpfige Führungskomitee ist namhaft: Unter den Mitgliedern sind mehrere Gemeinderät*innen, Umweltaktivist*innen, die Stadträtin für Umwelt, Eva Schobesberger, und auch der ehemalige Leiter für Stadtplanung Wolf-Dieter Albrecht. Vor allem liberale Politiker*innen engagieren sich, etwa der Stadtentwickler und Gemeinderat Lorenz Potocnik, und ebenso solche aus dem links-grünen Spektrum.

»Ich habe unterschrieben, weil ich das Naherholungsgebiet Pichlinger See bewahren möchte. So haben wir es vor gerade einmal 6 Jahren im Gemeinderat, beim letzten Flächenwidmungsbeschluss 2013 alle gemeinsam vereinbart. Abgesehen davon ist der enorme Flächenfraß für ein Stadion mit tausenden Parkplätzen mitten im Grünland nicht zu rechtfertigen, da wir ja in Linz ein öffentlich bestens angebundenes, funktionstüchtiges Stadion besitzen. Und das wäre womöglich nur der Anfang. Die Gefahr, dass hier weitere Verbauungen dazukommen ist riesengroß.«

Franz Dobusch, ehemaliger Bürgermeister von Linz

Erfolgsmeldung

Vor wenigen Tagen konnten die Initiator*innen melden: Ein erste Etappensieg ist errungen. Über die Hälfte der nötigen Unterschriften sind dank dem Einsatz der Unterstützer*innen bereits beisammen. Auch wichtige Persönlichkeiten wie Franz Dobusch (SPÖ), ehemaliger Linzer Bürgermeister, haben die Vorlage schon unterzeichnet. Hält der große Zuspruch weiter vor, dürfte das Erreichen der nötigen 6'100 Unterschriften bis Ende Juni sehr realistisch sein. Glückt das Unterfangen, könnten die Linzer*innen im Herbst an die Urne treten und über das Bauvorhaben abstimmen. Bis es soweit ist, wollen die Initiator*innen weiter mit aller Energie für die Unterschriftenaktion trommeln.

Sie können unterzeichnen, wenn Sie Ihren Hauptwohnsitz in Linz haben und zudem in Besitz eines österreichischen oder EU-Passes sind.

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