Aus heimischem Holz

Manuel Pestalozzi
28. de novembre 2020
Das Holz für den Aussichtsturm wird aus den Wäldern der beteiligten Gemeinden stammen. (Visualisierung: Nightnurse Images, Zürich)

Man kann schon fast von einem Geheimtipp sprechen: Der Hardwald wird von den unspektakulären Zürcher Vorortgemeinden Koten, Bassersdorf, Dietlikon, Wallisellen und Opfikon-Glattbrugg umringt. Seine Fläche beträgt stattliche 4,7 Quadratkilometer – deutlich mehr als beim berühmten Central Park in New York. Ohne Lichtung oder bedeutende Gewässer überdeckt der Wald mit Durchmessern zwischen zwei und drei Kilometern einen Teil der sanft modellierten Moränenlandschaften nördlich des Glatttals. Inmitten der Hügelrücken und Talsenken kann man sich wegen der Absenz von Landmarken bisher durchaus verirren. Der einzige markante Bau ist das Hockeystadion Schluefweg in Kloten, das in den nordwestlichen Rand eingebettet ist.

Für das Gebiet verantwortlich ist der Zweckverband Forstrevier Hardwald Umgebung, an dem fast alle umliegenden Gemeinden beteiligt sind. Eine der Aufgaben des Zusammenschlusses: die Schaffung eines attraktiven Grünraums für Erholungssuchende. Um die Gegend aufzuwerten, soll ein Aussichtsturm gebaut werden. Als Standort wurde aufgrund ihrer erhöhten und zentralen Lage die Waldpartie Herrenholz, die auf dem Gebiet der Gemeinde Dietlikon liegt, ausgewählt. 

Im anonymen Projektwettbewerb war vorgegeben, eine Holzkonstruktion zu planen. Die Standortgemeinden beabsichtigen, das gesamte benötigte Rundholz aus den eigenen Waldungen bereitzustellen. Sie können allerdings aufgrund der Zusammensetzung des Waldes nur Fichte, Tanne, Föhre, Buche, Eiche und Esche liefern. Dies war für das Wettbewerbsprojekt zwingend zu berücksichtigen. Die Bäume wurden mittlerweile bereits geschlagen, um die rasche Realisierung des Vorhabens zu gewährleisten: Schon im Herbst 2021 soll der Turm fertig sein.

Wie der Schnitt verdeutlicht, wird der Turm aus vier Modulen bestehen, die zueinander verdreht sind. Im Inneren führt eine Treppe zur Aussichtsplattform empor. 
Die Konstruktion beruht statisch auf einem System gleichseitiger Dreiecke. (Modellfoto © luna productions)

Gewonnen hat den Wettbewerb die Arbeitsgemeinschaft aus dem Ingenieurbüro Holzing Maeder und den Nachwuchsarchitekt*innen von luna productions, die unter anderem 2019 den dritten Platz beim Foundation Award belegten. Ihr Projekt »Point de vue« basiert auf vier weitgehend identischen, mehrheitlich geschlossenen Holzmodulen. Diese bestehen aus drei- und viereckigen Wandflächen und sind je 10 Meter hoch. Sie sollen vorfabriziert, vor Ort endmontiert und anschließend mit einem mobilen Kran gestapelt werden. Jedes Element ist um 60 Grad gegenüber dem vorangehenden verdreht. Je nach Blickwinkel ergeben sich dadurch bei der Annäherung unterschiedliche Turmsilhouetten. Statische Grundlage der Tragstruktur sind gleichseitige Dreiecke. Die Aussichtsplattform erreicht man über eine Wendeltreppe. Es wird einen gedeckten Ausstieg auf der wetterabgewandten Seite geben. 

Doch was wird man von oben sehen, schließlich wird der Bau seine Umgebung nur wenig überragen? Im Hardwald werde das Aussichtserlebnis durch zwei Aspekte intensiviert, meinen die Auslober*innen: Einerseits werde die Baumschicht an einem Ort durchstoßen, an dem normalerweise keine Aussicht möglich sei, andererseits ließen sich die am nahen Flughafen Kloten startenden und landenden Maschinen aus der Nähe und einem interessanten Blickwinkel beobachten. Und bei guten Sichtverhältnissen sei der Blick frei auf den gesamten Alpenbogen und weit über die Landesgrenze hinaus nach Deutschland.

Der Standort (Pfeil) befindet sich im Zentrum des Hardwalds an erhöhter Lage. (Karte: map.geo.admin.ch)

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