Neue Lesung

Elias Baumgarten
24. d’octubre 2019
Lois Welzenbacher, »Haus Settari«, Bad Dreikirchen, 1923 (Foto © Forschungsinstitut Archiv für Baukunst)
 

Bis heute ist Lois Welzenbacher vor allem für seine der klassischen Moderne zuzurechnenden Bauten bekannt. Und besprochen werden diese meist anhand seiner eigenen fotografischen Inszenierungen: Österreichs mit berühmtester Architekt der Zwischenkriegszeit machte alle Aufnahmen selbst und retuschierte die Bilder, um seine Entwurfsgedanken besser sicht- und nachvollziehbar zu machen. Doch in Wahrheit ist sein umfangreiches Werk um vieles heterogener. Und deswegen zeigen das aut. architektur und tirol und das Archiv für Baukunst noch bis 11. Jänner 2020 im ehemaligen Adambräu Sudhaus in Innsbruck (Lois Welzenbacher Platz 1), das Welzenbacher einst gestaltet hat, die Schau »über lois welzenbacher«.

Lois Welzenbacher, Flugzeugwerke Siebel, Halle an der Saale, 1944 (Foto © Forschungsinstitut Archiv für Baukunst)
Lois Welzenbacher, »Haus Heyrovsky«, Zell am See, 1932 (Foto © Forschungsinstitut Archiv für Baukunst)
Interessante Lebensgeschichte

Welzenbacher ist eine überaus spannende Figur der österreichischen Architekturgeschichte: Er studierte an der TU München bei Theodor Fischer und nahm 1932 als einziger in Österreich lebender Gestalter an der von Philip C. Johnson und Henry-Russell Hitchcock konzipierten Schau »The International Style« (1932) im Museum of Modern Art (MoMA) in New York teil. Seine Architektur ist von einer enormen stilistischen Bandbreite, die vom Klassizismus über die sogenannte Neue Sachlichkeit bis hin zu organischen Raumkonzepten reicht, aber bisweilen auch regionale Tendenzen und Versatzstücke aufgreift. Wenig aufgearbeitet ist Welzenbachers Rolle im »Dritten Reich«: Er gestaltete zum Beispiel die Siebel Flugzeugwerke (1944), in denen Maschinen für die Luftwaffe montiert wurden. Bereits vor diesem Engagement hatte er auch an Aufträgen in Nazideutschland so gut verdient, dass er sich ein großzügiges Wohnhaus mit Atelier in München errichten lassen konnte.

Lois Welzenbacher, »Haus Proxauf«, Innsbruck-Arzl, 1931 (Foto © Forschungsinstitut Archiv für Baukunst)
Lois Welzenbacher, »Haus Schulz«, Recklinghausen, 1929 (Foto © Forschungsinstitut Archiv für Baukunst)
Vielfältig

Zwischen 1920 und 1955 realisierte Welzenbacher zahlreiche Bauten – vorwiegend entlang des bayerischen Alpenrands und in Tirol. Viele davon sind heute allerdings leider gar nicht mehr oder zumindest nicht im Originalzustand erhalten. Zu seinen herausragendsten Arbeiten zählt das »Haus Settari« (1923) in Südtirol mit seiner organischen Raumkonfiguration und Formensprache; bemerkenswert auch seine Landhäuser »Buchroithner« (1930) und »Heyrovsky« (1932) in Zell am See, bei deren Gestaltung er sich am Internationalen Stil orientierte. Letzteres weist übrigens keinen einzigen rechten Winkel auf und gilt deshalb als österreichische Ikone des organischen Bauens. Hervorzuheben ist ferner auch das Adambräu Sudhaus (1927) in Innsbruck. Der zeichenhafte Industriebau zählt bis heute zu den prägnantesten Bauwerken der Tiroler Landeshauptstadt. Welzenbacher war ferner auch als Städtebauer aktiv: Er arbeitete zeitweilig als Stadtbaudirektor von Plauen. Nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte er Wiederaufbaupläne für Wien, die sich an den Theorien Theodor Fischers orientierten. Diese wurden jedoch nie aufgegriffen oder gar realisiert.

Lois Welzenbacher, »Haus Schmucker«, Ruhpolding, 1939 (Foto © Forschungsinstitut Archiv für Baukunst)
Was erwartet Sie?

aut und Archiv für Baukunst zeigen in »über lois welzenbacher« weniger bekannte Projekte des Architekten, die nichtsdestotrotz mit »feiner Klinge« gestaltet sind. Zu sehen ist eine filmische Dokumentation von Rainer Köberl und Lukas Schaller. Sie operiert mit langen, ruhigen Kameraeinstellungen und präsentiert 17 Häuser Welzenbachers, die heute noch erhalten sind. Zudem gibt es Pläne, Fotografien und Modelle zu sehen. Und überdies wurde zur Schau eine eigene Webseite lanciert, auf der längst vergriffene Publikationen über Welzenbacher abrufbar sind.

Die Ausstellung kann bis zum 11. Jänner 2020 besucht werden. Das Adambräu befindet sich nahe dem Innsbrucker Bahnhof und hat dienstags bis freitags von 11 bis 18 und an Samstagen von 11 bis 17 Uhr geöffnet. 

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