Erhalt durch Umbau

mia2 Architektur
9. Juni 2023
Foto: Kurt Hörbst
Frau Gnigler, Herr Wilhelm, worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?


Sandra Gnigler: Der Bauernhof – ein Familienerbstück – war in die Jahre gekommen. Er hatte seine ursprüngliche Bestimmung verloren, denn die Zeiten haben sich geändert, die Bedürfnisse sind heute ganz andere. Doch wie, so überlegten wir uns, könnte der Bestand in seinem Charakter weiterbestehen, selbst wenn Teile aufgrund ihres schlechten Zustands abgebrochen werden müssen? Fragen wie diese hatten wir bei diesem Projekt zu beantworten.

Gunar Wilhelm: Der massive Bestand des Hofes war aufgrund des jahrzehntelangen Leerstands in einem wahrlich desolaten Zustand und somit auch nicht mehr zu retten. Die Scheuen und die Wirtschaftsteile jedoch waren noch gut nutzbar. So wurde der Großteil des maroden Gemäuers abgetragen, und wir ergänzten die Anlage um zwei massive Wohntrakte. Zwischen ihnen spannt ein großzügiges Dach über den sehr hellen Wohnraum. Der bestehende Innenhof blieb auch nach dem Umbau in seiner vertrauten Form erhalten. Er verbindet sich über den Wohnraum mit dem Garten an der Südseite.

Foto: Kurt Hörbst
Foto: Kurt Hörbst
Welche Inspiration liegt diesem Projekt zugrunde?


Sandra Gnigler: Einen Teil der Geschichte weiterzuleben, ohne dabei künstlich zu werden und so eine Atmosphäre zu schaffen, also das Echte zu finden – das hat uns bewegt. Danach suchen wir bei all unseren Umbauprojekten. Wer sind die Nutzer? Worin besteht die Aufgabe? Was bergen Substanz und Ort? All diese Themen sind Inspirationsquellen für unsere Arbeitsweise.

Wie hat der Ort auf den Entwurf eingewirkt?


Gunar Wilhelm: Ganz wesentlich! In dem kleinen Ort ist noch gut spürbar, wie sehr alte Höfe wie dieser die Ortschaften in der Gegend prägen und Identität stiften. So war von Anfang an klar, dass der Hof in seiner Struktur bleiben muss und mit einer guten Planung in die Jetztzeit geführt werden soll.

Foto: Kurt Hörbst
Foto: Kurt Hörbst
Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren Nutzer*innen den Entwurf beeinflusst?


Sandra Gnigler: Sehr, da wir wie bei jedem unserer Projekte in einen intensiven Diskurs mit der Bauherrschaft eingestiegen sind. Stets gilt es, alles Notwendige zu erfahren und die erhaltenen Informationen mit Bedacht zu filtern, um das richtige Ergebnis für die Nutzer und das Umfeld zu entwickeln.

Wie gliedert sich das Gebäude in die Reihe der bestehenden Bauten Ihres Büros ein?


Gunar Wilhelm: Unsere Qualitäten liegen im feinfühligen, nachhaltigen Umgang mit Raum, Architektur und Nutzung. So gleicht keines unserer Projekte dem anderen. Unsere Bauten sind stets auf den Charakter und die Anforderungen der Bauherren sowie die Aufgabenstellung abgestimmt. In diesem Sinne gliedert sich dieses Projekt wie selbstverständlich in die Reihe unserer Bauten ein.

Foto: Kurt Hörbst
Foto: Kurt Hörbst
Welches Produkt oder Material hat zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?


Sandra Gnigler: Bei einer Sanierung ist der Umgang mit gegebenen beziehungsweise geerbten Materialien von wesentlicher Bedeutung. Diese werden, wo es notwendig ist, bereinigt. So werden ihre Eigenschafen und Funktionen sichtbar gemacht. Bei diesem Hof galt es, den alten Teil bestmöglich zu erhalten und seinen Charme wirken zu lassen, sodass der Neubau in wunderbarem Kontrast dazu steht. So ergibt sich eine Selbstverständlichkeit im Bestand, die wir auch im Neubau zu finden versuchten. 

Gunar Wilhelm: Beim Neubau ist Holz im Sinne einer ökonomischen und ökologischen Bauweise das passendste Material. Doch im Großen betrachtet, ist es die Summe aller eingesetzten Materialien, die den Charakter des Hauses ausmacht.

Foto: Kurt Hörbst
Foto: Kurt Hörbst
Grundriss Erdgeschoss (© mia2 Architektur)
Grundriss Dachgeschoss (© mia2 Architektur)
Schnitt (© mia2 Architektur)
Bauwerk
der HOF
 
Standort
Niederfraunleiten 2, 4490 St. Florian
 
Bauherrschaft
Privat
 
Architektur
mia2 Architektur ZT GmbH, Linz
 
Fertigstellung
2022 

Fotos
Kurt Hörbst

Andere Artikel in dieser Kategorie