Stadtbibliothek Rottenburg

Kommunizierender Baustein

harris + kurrle architekten
7. Februar 2018
Die neue Stadtbibliothek als vermittelnder Baustein zwischen Altstadt und bischöflichem Palais

Projekt: Stadtbibliothek Rottenburg | Architektur: harris + kurrle architekten | Bauherr: Stadt Rottenburg am Neckar | vollständige Bautafel s.u.

Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?
Das Besondere ist sicherlich die Lage des Gebäudes: Im Zentrum der Stadt, an der Schnittstelle zwischen der kleinteiligen mittelalterlichen Altstadt und dem raumgreifenden bischöflichen Palais, sollte der Neubau errichtet werden. Entstanden ist ein "kommunizierender Baustein" im städtischen Gefüge. Mit diesem Grundgedanken ist der Entwurf für die neue Stadtbibliothek konzeptionell angelegt. Kommunikation wird auf der stadträumlichen Ebene so verstanden, dass Themen der Umgebung aufgenommen, interpretiert und neu wiedergegeben werden. So kann etwas Neues entstehen, dessen „genetischer Code“ aus der Umgebung gespeist wird.

Welche Inspirationen liegen diesem Projekt zugrunde?
Ein offenes Haus für die Bürger der Stadt – so ist das Selbstverständnis, das durch die Räumlichkeiten vermittelt wird. Das Eingangsgeschoss mit Foyer und Cafe bzw. Veranstaltungsraum steht ganz im Zeichen der Kommunikation und zeichnet sich durch seine Offenheit aus. In den Obergeschossen mit den eigentlichen Bibliotheksflächen steht die Gestaltung der umfassenden Wände als raumbildende Regale im Vordergrund: es entstehen Bücherräume. Gegliedert werden diese durch große Fenster mit tiefen Laibungen, die zum Sitzen und Lesen einladen. Die Leser in den Fenstern werden von außen sichtbar und transportieren so die Funktion des Hauses in den öffentlichen Raum. Von innen bietet jedes der Lesefenster einen eigenen, gerahmten Blick in die Stadt, die dadurch zum Bestandteil der neuen Stadtbibliothek wird.

Vorplatz mit Blick in Gasse

Wie reagiert der Entwurf auf den Ort?
Der Baukörper für die Stadtbibliothek wurde in Anlehnung an die geknickte Bauform des Nachbargebäudes als dessen Gegenüber entwickelt – es entsteht ein räumlicher Dialog. Der dabei definierte Zwischenraum wird als öffentlicher Weg freigegeben, ein typischer Schleichweg im mittelalterlichen Stadtgrundriss. Das Grundstück liegt an der Schnittstelle ganz unterschiedlicher Maßstäblichkeiten. Die verschiedenen Traufhöhen des Neubaus – bedingt durch das gerade Satteldach auf der geknickten Gebäudeform – können zwischen dem imposanten bischöflichen Palais und den niedrigeren Gebäuden in der Altstadt vermitteln. Auch im Detail werden Themen der Umgebung aufgenommen. So orientieren sich die Oberflächen von Fassade und Dach – Putz und Kupfer – an den in der Altstadt vorhandenen Materialien. Der Glasanteil der Fassade bleibt maßvoll, geschlossene Flächen überwiegen.

Café und Veranstaltungsraum als Synergie
Medienbereich mit raumbildenden Regalen

Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren NutzerInnen den Entwurf beeinflusst?
In Zusammenarbeit mit der Bauherrschaft wurde das Gebäude in der Planungsphase nach dem Wettbewerbsgewinn deutlich kompakter. Im Gespräch stellte sich unter anderem heraus, dass durch eine Synergie der ursprünglich getrennten Funktionen Café und Veranstaltungsraum, Flächen und damit Kosten gespart werden können. Im Zuge der Planung wurde außerdem deutlich, dass eine Stadtbibliothek heute weniger als Bücherspeicher in traditionellem Sinne, sondern vielmehr als zentraler öffentlicher Ort und Treffpunkt in der Stadt funktionierten muss. So wurden in Abstimmung mit der Bibliotheksleitung Regalflächen zu Gunsten von Aktionsflächen reduziert.

Welche speziellen Produkte oder Materialien haben zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?
Gebaut wurde das Haus als massive Ziegelkonstruktion mit Stahlbetondecken, sowie aussteifenden Stahlbetonwänden. Die Wärmedämmung erfolgt über die Füllung der Hohlziegel mit Mineralwolle. Somit konnte der als Besenstrich ausgeführte Putz direkt auf die massiven Außenwände aufgebracht werden. Durch das Abrollen der Kornspitzen des Besenstrichs mit einem helleren Farbton erhält die Fassade eine besondere Tiefenwirkung und Lebendigkeit.

Ein Lesefenster von Innen
Lageplan
Grundriss 2. Obergeschoss
Querschnitt

Projekt
Stadtbibliothek Rottenburg
Königstraße 2
72108 Rottenburg am Neckar
 
Nutzung
Stadtbibliothek, Café, Veranstaltungsraum

Auftragsart
Wettbewerb

Bauherrschaft
Stadt Rottenburg am Neckar

Architektur
harris + kurrle architekten bda partnerschaft mbb, Stuttgart
Projektleiter: Bertram Wruck
Mitarbeiter: Vojtech Bast, Florian Foetsch, Kristina Herberg, Mirko Schaab

Fachplaner
​Landschaftsarchitekt: Schmid | Treiber | Partner Freie LandschaftsarchitektenBDLA, Leonberg
Haustechnikplanung (HLS, E/FM): Heimann Ingenieure GmbH, Lorsch
Prüfstatik: Reck+Gass Ingenieurgesellschaft für Bauwesen, Horb a.N.
Küchenplanung: Edgar Fuchs GmbH, Kirchentellinsfurt
Brandschutzplanung: Planungsgruppe Kuhn GmbH & Co.KG, Sindelfingen
Thermische Bauphysik: TEB GmbH, Vaihingen/Enz
Si-Ge-Koordination: IGE Weyersberg, Die geologen GmbH, Bietigheim-Bissingen
Vermesser: Vermessung Wellhäußer, Rottenburg a.N.

Bauleitung
Göppel Strittmatter Halling Gesellschaft von Architekten mbH, Ludwigsburg
Kunst am Bau Autor (Name, Ort)

Ausführende Firmen
Rohbauarbeiten: Adolf List Bauunternehmung GmbH & Co.KG, Gönningen
Gerüstarbeiten: Postweiler Gerüstbau GmbH & Co. KG, Ammerbuch
Zimmer- und Holzbauarbeiten: Thiel Holzbau, Vöhringen-Wittershausen
Dachdeckungs- und Abdichtungsarbeiten: T + H Ackermann Metalldachtechnik GmbH, Nürtingen
Sonnenschutzarbeiten: Andreas Höfgen, Leinfelden-Echterdingen
Putzarbeiten: MDD Stuck GmbH, Hechingen
Heizung: Lignasol, Starzach
Lüftung: Ernst Rieber GmbH & Co. KG, Albstadt
Blitzschutzarbeiten: Marschner Blitzschutz GmbH & Co. KG, Gottmadingen
Außenanlagen: Oberer Garten- und Landschaftsbau GmbH, Sulz a.N.
Estricharbeiten I: R.N. Estrich-Service e.K., Lichtenstein
Bodenbelagsarbeiten: Lang Objekt GmbH, Michelfeld
Aufzugsanlagen: ATH GmbH & Co. KG, Heilbronn
Baureinigung: everclean, Rottenburg a.N.
Estricharbeiten II: Stone Tec Terrazzo, Fellbach
Schreinerarbeiten I: Karl Westermann GmbH & Co.KG, Denkendorf
Schlosserarbeiten I: Frank Theurer, Tübingen
Schlosserarbeiten II: M&S Türen und Tore GmbH, Bisingen
Trockenbauarbeiten: sat. Gebäudesanierung GmbH,Worms
Schlosserarbeiten IV: Schlosserei Schäuble Stahl- & Metallbau GmbH, Rottenburg-Wurmlingen
Küchenplanung und -bau: Edgar Fuchs GmbH, Kirchentellinsfurt
Maler- und Lackierarbeiten: Heinrich Schmid GmbH & Co.KG, Albstadt
Schlosserarbeiten III: Keizers Türen + Konzepte GmbH & Co. KG, Vreden,
Möblierung / Ausstattung I: Leonhard Büro Gestaltung GmbH, Filderstadt, 
Küchenbau: Edgar Fuchs GmbH, Kirchentellinsfurt
Fliesenarbeiten: A. Chini GmbH & Co.KG, Freudenstadt
Medientechnik: mta - Rainer Stock, Rottenburg a.N

Hersteller
Außenwände – Fa. Wienerberger
Dachdeckung – Fa. KME
Fassadenputzsystem – Fa. Sto
Fensterprofilsystem – Fa. Schüco
Glas – Fa. Interpane
Sonnenschutz – Fa. Warema
Blendschutz – Fa. Silent Gliss
Vorhang – Fa. Création Baumann
Tür-/ Fensterbeschläge - Fa. FSB
Türen & Brandschutztore – Fa. Hörmann
Beschichtung – Fa. KLB
Kautschuk – Fa. Nora
Teppich – Fa. Object Carpet
Fliesen – Fa. Villeroy & Boch
Lose Bibliotheksregale – Fa. EKZ
Büromöbel – Fa. Sedus
Sitzmöbel – Fa. Vitra
Möbelbezugstoffe – Fa. Kvadrat
Leuchten – Fa. Seeger, Fa. Planlicht, Fa. BEGA
Fluchtwegpiktogramme – Fa. din-Dietmar Nocker Sicherheitstechnik GmbH & Co. KG 

Energiestandard
EnEV 2014

Bruttogeschossfläche
2.038 m²

Gebäudevolumen
7.737 m³

Kubikmeterpreis
584 €/m³( KG 300-400 ) brutto

Gebäudekosten
KG 300: 3.650.000 € brutto
KG 400: 875.000 € brutto

Gesamtkosten
KG 200 - 700: 6.050.000 € brutto

Fertigstellung
2017

Fotos
Roland Halbe