Together but separate – ein Experimentierfeld für smarte Gebäudetechnologien

LOVE architecture and urbanism
28. Oktober 2022
Foto: Tamara Frisch
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?


Zwei Firmen, ein Eigentümer (Projekt Wohnen), zwei sehr unterschiedliche Unternehmenszwecke und ein Grundstück – so könnte man in Kürze die Rahmenbedingungen des Projekts »nfw!« im Süden von Graz umreißen.

Die Anlage besteht aus einem Büro- und einem Betriebsgebäude, die sich architektonisch deutlich unterscheiden. Weil beide Firmen in der Entwicklung smarter Gebäudetechnologien tätig sind und sich mit deren Steuerung beschäftigen, sind diese in ihrem neuen gemeinsamen Unternehmenssitz integriert und werden dort auch weiterentwickelt. Das Ensemble ist somit Experimentierfeld und Demonstrationsobjekt in einem.

Das helle »Immobiliengebäude« schraubt sich über vier Geschosse in die Höhe. Die einzelnen Stockwerke wurden als Solitäre behandelt und übereinandergestapelt. (Foto: Tamara Frisch)
Beide Häuser unterscheiden sich deutlich – und doch wirken sie verwandt. (Foto: Tamara Frisch)
Welche Inspiration liegt diesem Projekt zugrunde?


Wie schon kurz angedeutet, war uns wichtig, die beiden Bauten so auszugestalten, dass sie verwandt, aber doch deutlich unterschiedlich erscheinen. Wir haben sie als geschossweise gestapelte Solitäre behandelt. Die einzelnen Geschosse sind dabei bauklotzartig abgeschnitten. Es entsteht eine vertikale Abfolge aus Gebäudevolumen und Terrassen mit einer skulpturalen Qualität. Auch die Fensterbilder der Fassaden sind einander ähnlich: Geschosshohe Öffnungen von unterschiedlicher Größe wirken, als würden sie um jede Gebäudeebene gewickelt.

Doch ein Gebäude ist schwarz, das andere weiß. Eines ist ein Bürohaus, eines ein Gewerbeobjekt. Ein Haus entwickelt sich in die Höhe, das zweite dehnt sich horizontal aus. Zwischen den beiden haben wir Steppengras gepflanzt; ein Maximum an Distanz, Zwischenraum, Souveränität und Identität entsteht so. Es ergibt sich eine Art Mini-Ensemble aus zwei miteinander im Dialog stehenden Gebäuden auf einem Grundstück.

Die Schnittfiguren haben wir so gestaltet, dass sich für jede Gebäudeebene ein anderes Verhältnis zwischen dem Gebäudeinneren und dem als Terrasse nutzbaren Außenraum ergibt. Die Innenflächen haben wir dabei räumlich so offen wie möglich gehalten. Die Außenflächen dienen als logische Erweiterung beziehungsweise Komplettierung dieser Arbeitslandschaften. 

Die Terrassen erweitern die Büros in den Außenraum. (Foto: Tamara Frisch)
Wie hat der Ort auf den Entwurf eingewirkt?


Der Bauplatz liegt in einem Gewerbegebiet im Grazer Süden. Die Sichtbarkeit vom Autobahnzubringer aus und die Topografie waren auch für den Entwurf bestimmend.

Die Innenräume wurden möglichst offen gestaltet und lassen sich je nach momentanem Bedürfnis anpassen. (Foto: Tamara Frisch)
Foto: Tamara Frisch
Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren Nutzer*innen den Entwurf beeinflusst?


Die Zusammenarbeit war sehr intensiv und spannend. Die Auswahl des Projekts erfolgte über einen geladenen Wettbewerb, den wir gewinnen konnten. Die Bauherrschaft hat mehrere Firmen in verschiedenen Bereichen von der Elektroinstallation über die Entwicklung smarter Gebäudesysteme bis hin zur Immobilienentwicklung, die jetzt alle am Standort versammelt sind. 

Innen- und Außenraum stehen auf jeder Gebäudeebene in einem anderen Verhältnis zueinander. (Foto: Tamara Frisch)
Wie gliedert sich das Gebäude in die Reihe der bestehenden Bauten Ihres Büros ein?


Wir versuchen immer, die optimale Lösung für unsere Auftraggeber und den jeweiligen Ort zu finden. Einen eigenen »Stil« zu haben, interessiert uns weniger. Viel mehr sind uns Atmosphäre und Funktion wichtig. Kurzum, für jede Bauaufgabe wollen wir eine »eigene Welt« kreieren.

Das dunkle »Elektrogebäude« ist zweigeschossig und entwickelt sich horizontal. (Foto: Tamara Frisch)
Beeinflussten aktuelle energetische, konstruktive oder gestalterische Tendenzen das Projekt?


Ja, natürlich! Gerade bei diesem Projekt war die Integration der smarten Gebäudelösungen beziehungsweise Gebäudesteuerungen, an denen die Bauherrschaft wie eingangs erklärt arbeitet, von großem Interesse. Die Gebäude so zu planen, dass dort einmal auch heute noch gar nicht erfundene Technologien Platz finden können, war sehr spannen. Wir haben quasi eine »Open Source«-Architektur entworfen.

Lageplan
Grundriss »Elektrogebäude«
Grundriss »Immobiliengebäude«
Bauwerk
Ensemble »nfw!«
 
Standort
Neufeldweg 250a, 8041 Graz
 
Nutzung
Büro und Gewerbe
 
Auftragsart
Wettbewerb, Generalplanung
 
Bauherrschaft
Projekt Wohnen
 
Architektur
LOVE architecture and urbanism, Graz
Projektleitung: Benedikt Zipper
Team: Lena Pechmann und Tamara Frisch
 
Generalplanung
LOVE architecture and urbanism
 
ÖBA
Christian Schnopfhagen
 
Fachplaner
HKLSE: Falchner Gebäudetechnik
Statik: EngelsmannPeters Ingenieure
Bauphysik: Büro Pfeiler
 
Jahr der Fertigstellung
2021
 
Gesamtkosten
EUR 4,4 Mio.
  
Energiestandard 
B, A+
  
Maßgeblich beteiligte Unternehmer  
Kulmer Bau
Lieb Bau
Gölles/Holzer GmbH
Spitzer Gesellschaft mbH
Jaritz Stahlbau
Inside Systemtrennwände
Lindner Group
Studio von A-Z
 
Auszeichnung 
BIG see award 2022
Office of the year 2021
 
Fotos
Tamara Frisch, Graz

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