Wie wollen wir zusammenleben?

einszueins architektur
25. November 2022
Foto: Hertha Hurnaus
Herr Zilker, worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?


Die Wohnanlage Auenweide ist ein Baugruppenprojekt. Sie wurde in einem partizipativen Prozess gemeinsam mit den künftigen Nutzer*innen entwickelt.

Welche Inspiration liegt diesem Projekt zugrunde?


Im Rahmen eines Visionsworkshops reifte 2015 der Wunsch, ein gemeinschaftliches Wohnprojekt zu realisieren, das wild, organisch, vielschichtig, heimelig und magisch sein sollte. Diese im herkömmlichen Wohnbau eher unüblichen Qualitäten waren Ausgangspunkt für eine partizipative und kooperative Planung des Projekts gemeinsam mit den späteren Bewohner*innen.

Durch eine laufende Abstimmung mit den einzelnen Nutzer*innen, einer zuständigen Arbeitsgruppe sowie der gesamten Gruppe konnten sowohl die Vorstellungen Einzelner als auch jene der Gemeinschaft von einem ökologischen und gemeinschaftlichen Leben während der gesamten Bauphase eingebracht werden. Für uns Architekt*innen war dieser Prozess inspirierend. 

Foto: Hertha Hurnaus
Foto: Hertha Hurnaus
Wie hat der Ort auf den Entwurf eingewirkt?


Die Gemeinde St. Andrä-Wördern liegt nur 30 Minuten von Wien entfernt und ist seit Jahrzehnten ein Ort, an dem alternative Lebensentwürfe umgesetzt werden. Die Auenweide fügt sich als gemeinschaftliches Wohnprojekt in die bestehenden kulturellen und sozialen Strukturen des Dorfes ein und entwickelt diese zugleich auf ökologischer und gemeinschaftlicher Ebene weiter.

Eine der Besonderheiten des Grundstückes ist ein kleiner Wald, der sich auf dem Bauland befindet. Um diesen zu erhalten und das Grundstück trotzdem sinnvoll zu bebauen, haben wir die Wohngebäude und das Gemeinschaftshaus nah zusammengerückt.

Foto: Hertha Hurnaus
Foto: Hertha Hurnaus
Wie gliedert sich die Anlage in die Reihe der bestehenden Bauten Ihres Büros ein?


Beginnend mit dem Wohnprojekt Wien, das 2013 fertiggestellt wurde, haben wir uns bei einszueins architektur auf die partizipative Planung von Baugruppenprojekten spezialisiert. Im Laufe der vergangenen Jahre haben wir dabei einen Schwerpunkt auf nachhaltige und ökologische Bauweisen gelegt.

Die Auenweide stellt unsere aktuell konsequenteste Umsetzung eines ökologischen Baugruppenprojekts auf allen Ebenen dar; dies wegen der Verwendung der nachwachsenden Rohstoffe Holz, Stroh und Lehm, der Versorgung mit regenerativer Energien über eine Grundwasserwärmepumpe und der alternativen Finanzierung über einen Vermögenspool.

Foto: Hertha Hurnaus
Foto: Hertha Hurnaus
Beeinflussten aktuelle energetische, konstruktive oder gestalterische Tendenzen das Projekt?


Die Baubranche ist je nach Berechnung für ein Drittel bis gar die Hälfte aller Treibhausgasemissionen verantwortlich. Allein die Produktion von Zement verursacht dabei rund sieben Prozent aller weltweiten Emissionen. Wenn wir uns dieser Verantwortung bewusst werden, führt an einer radikalen Ökologisierung des Planens und Bauens kein Weg vorbei.

Foto: Hertha Hurnaus
Welches Produkt oder Material hat zum Erfolg der Gebäude beigetragen?


Die Häuser der Auenweide wurden als konstruktive Holzbauten errichtet. Richtungsweisend ist aus unserer Sicht die Dämmung aus eingeblasenem gehäckselten Stroh. Sämtliche Innenwände und Vorsatzschalen wurden durch die Nutzer*innen selbst mit recycelten Jutematten gedämmt und mit Lehmbauplatten verkleidet. Diese nachwachsenden Rohstoffe sind von Natur aus kreislauffähig.

Lageplan
Grundriss Erdgeschoss
Grundriss Obergeschoss
Grundriss Dachgeschoss
Schnitte A und C
Bauwerk
Die Auenweide
 
Standort
Etzelstraße 5, 3423 St. Andrä-Wördern
 
Nutzung
Wohnprojekt
 
Auftragsart
Baugruppenprojekt, Objektplanung und Planungsbeteiligung
 
Bauherrschaft
Verein Wohnprojekt Wördern
 
Architektur
einszueins architektur, Wien
David Kraler und Lisa Jochum
 
Fachplaner
Projektsteuerung: Thomas Bauer
Landschaftsplanung: DI Elisa Millonig
Statik: DI Kurt Pock/KPZT
Bauphysikplanung: Ing. Christian Demuth/DEM
Haustechnikplanung: Lemp Energietechnik
Elektroplanung: Ing. Gerhard Zimmel
 
Bauleitung
Bernhard Fink
 
Jahr der Fertigstellung
2022
 
Maßgeblich beteiligte Unternehmer 
Massiv- und Holzbau: Lieb Bau Weiz
HKLS: Lemp Energietechnik 
Elektro: Berger Elektrotechnik
Metallbau: Schinnerl 
Trockenbau: Pichler GmbH
Spengler: Resch Dach GesmbH
Außenraum: Fa. ABO 
Tischlerarbeiten: Tischlerei Pichler OG
 
Fotos
Hertha Hurnaus

Die jungen deutschen Architektinnen Kim Le Roux und Margit Sichrovsky engagieren sich für den Aufbau einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft im Bauwesen. Mit uns haben sie über ihre Arbeit gesprochen.

Im Rahmen unserer Serie »D-A-CH-Gespräche« diskutierte Verena Konrad mit Friederike Kluge und Meik Rehrmann, den Leitern des Büros Alma Maki und Mitbegründern der Schweizer Initiative Countdown 2030, sowie mit Martin Haas, dem Inhaber des Büros haascookzemmrich STUDIO2050 und Mitbegründer der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen, über eine menschen- und umweltfreundliche Baukultur.

Andere Artikel in dieser Kategorie