Zurückhaltende Noblesse

projektCC zt gmbh
10. Juli 2020
Feuerwache Lustenau (Foto: Paul Ott)
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?

Ein gewonnener EU-weit offener Wettbewerb mit 101 Teilnehmern, und das fernab unseres Bürostützpunktes, war schon von Beginn an etwas Besonderes. Letztlich war die größte Herausforderung unter anderem die städtebauliche Situierung in zentraler Lage, die komplexen, funktionalen Abläufe und Zusammenhänge baulich zu ordnen und zu verknüpfen, sowie die Integration von vielfältigen, aufwändigen und unterschiedlichen Technikeinrichtungen.

Rasterdach Übungsplatz (Foto: Paul Ott)
Welche Inspirationen liegen diesem Projekt zugrunde?

Ziel war es, an diesem Standort ein gleichsam selbstbewusstes, wie auch mit zurückhaltender Noblesse versehenes Gebäude zu entwickeln, welches mit zeitlosen und würdig alternden, aber auch robusten Materialien besticht. Auch die Einhaltung von strengen, ökologischen Standards für die Errichtung von Gemeindehochbauten in Vorarlberg hat sich von der eingangs als Herausforderung wahrgenommenen Auflage im Laufe der Projektbearbeitung zur Inspiration umgewandelt.

Foto: Paul Ott
Wie hat der Ort auf den Entwurf eingewirkt?

Das Umfeld ist geprägt von offener Bebauung geringer Dichte, eingebettet in zusammenhängende Grünflächen, akzentuiert und durchsetzt von einzelnen, markanten Solitärgebäuden für Bildung und Gewerbe. Das neue Feuerwehrhaus führt diese Entwicklung der zentrumsnahen Nachverdichtung fort und erweitert das Milieu um eine neue Funktion. Die Präsenz im öffentlichen Straßenraum der einsichtigen Fahrzeughalle stiftet die nötige Identifikation und vermittelt das Thema Sicherheit, genau dieses positive Image der Feuerwehr: »Wir sind zugegen, wenn unsere Hilfe benötigt wird.«

Einblick Fahrzeughalle (Foto: Paul Ott)
Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren Nutzer*innen den Entwurf beeinflusst?

Herausragend war der Spirit, die Vorfreude und das Bekenntnis zu Architektur, sowohl von Bauherrenseite als auch von den zukünftigen Nutzer*innen. Diese Energie war über die gesamte Projektdauer, vom Wettbewerb bis zur Übergabe des fertigen Bauwerks, ständiger Begleiter und somit Triebkraft und Motivation vor allem für uns als Architekten, aber auch für alle Beteiligten. Das spürt man am gebauten Objekt an allen Ecken und Enden! Architektur musste nicht erklärt, erkämpft oder verteidigt werden – Architektur wurde gefordert! Dementsprechend hoch waren auch die Anforderungen formuliert.

 Umkleiden (Foto: Paul Ott)
Wie gliedert sich das Gebäude in die Reihe der bestehenden Bauten des Büros ein?

So wie jedes Projekt in unserem Büro als »Prototyp« entwickelt wird, ist auch die Feuerwehr Lustenau ein eigenständiger Meilenstein in unserer Werkliste. Die geografische Entfernung zu unserem Bürostandort, und dass sich in der guten Zusammenarbeit mit einigen Beteiligten fast freundschaftsähnliche Vertrauensverhältnisse entwickelt haben, wäre speziell bei diesem Projekt erwähnenswert.

Beeinflussten aktuelle energetische, konstruktive oder gestalterische Tendenzen das Projekt?

Die ökologischen Richtlinien für den Gemeindehochbau in Vorarlberg haben nicht nur dieses Projekt beeinflusst, sondern grundsätzlich unseren Zugang und unsere Sichtweise zu dieser Thematik auch für die Zukunft nachhaltig verändert und erweitert.

 Bereitschaftsraum (Foto: Paul Ott)
Welches Produkt oder Material hat zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?

Die Essenz ist das Zusammenspiel, die Harmonie, die Wechselbeziehung aller Materialien untereinander. Unser Anspruch für die Feuerwehr Lustenau war die Errichtung eines kompromisslosen, funktionalen Zweckbaus mit zeitloser Eleganz und minimierten Instandhaltungskosten. Dieser Anspruch definiert auch die Materialisierung: robuste und beständige Sichtbetonbauteile im Sockelgeschoss und konstruktiv eingesetztes Holz für sämtliche Dachtragwerke. Auch die dunkel geölte Holzfassade ist privilegiert dafür, dass das Gebäude in Würde altern kann. Die transparenten Falttoranlagen der Fahrzeughalle in verzinkten Stahlprofilen sowie großflächige Verglasungen in Eichenrahmen bilden dazu über den gesamten Gebäudezyklus in ihrer Beständigkeit einen angenehmen Kontrast.

Lageplan Feuerwehr Lustenau (Plan: projektCC zt gmbh)
 Grundriss Erdgeschoss (Plan: projektCC zt gmbh)
 Grundriss Obergeschoss (Plan: projektCC zt gmbh)
Schnitt: projektCC zt gmbh
Name des Bauwerks
Feuerwehr Lustenau

Standort
Neudorfstraße 122, 6890 Lustenau

Nutzung
Feuerwehr und Katastropheneinsatzzentrum

Auftragsart
Planungsauftrag Architektur und Innenraumgestaltung

Bauherrschaft
Marktgemeinde Lustenau

Architektur
projektCC zt gmbh, Mesnergasse 4, 8010 Graz 

Fachplaner 
Statik: SSD Beratende Ingenieure, Röthis
Bauphysik: Spektrum, Dornbirn
HTPL: Ingenieurgüro Pflügl, Bregenz
ETPL: Elektrodesign Rene Fröhle, Schlins
Landschaftsarchitektur: Maria Anna Schneider-Moosbrugger, Egg
Bauleitung: huber zt gmbh, Lustenau

Jahr der Fertigstellung
2018

Gesamtkosten
EUR 10,8 Mio  exkl. UST

Gebäudevolumen 
19'240 m3

Kubikmeterpreis
EUR 560

Energiestandard 
HWB: 13 kWh/m2a
EEB: 9,6 kWh/m2a
KB:   0,7 kWh/m3a

Maßgeblich beteiligte Unternehmer
Baumeister und Holzbau: i+R, Lauterach
Dach: TECTUM, Hohenems
Holzfenster: Böhler, Wolfurt
Portalschlosser: Kalb, Dornbirn
Falttore: Zargen Bösch, Schwarzach
Schlosser: Böhler, Feldkirch
Bautischler: Plattner, Hohenems
Tischler: Hagen, Lustenau 
Alufenster: AluGlasTechnik, Lustenau
Trockenbau: Sardbau, Lustenau
Fliesen: Fliesenpool, Götzis
Mobile Trennwand: Steurer, Hard
Aufzug: Schindler, Dornbirn
Garderoben: Tschojer, Lienz
Leitsystem: Roland Schuster, Lustenau
Lüftung: Kranz, Weiler
Heizung/Sanitär: Berchtold, Dornbirn
Elektro: Decker, Weiler
Landschaftsbau: Brunner, Höchst 

Fotos
paul ott photografiert, Graz

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