Maria-Ward-Schulen Bamberg sind Bau des Jahres 2017

Schulen!

Katinka Corts
7. Februar 2018
Die Maria-Ward-Schulen in der Bamberger Altstadt wurden teilweise unterirdisch erweitert (Bild: Gerhard Hagen)

Wenn wir alljährlich zur Stimmabgabe für den Bau des Jahres aufrufen, dürfen unsere Leserinnen und Leser darüber befinden, welches der 50 bei uns als Bau der Woche präsentierten Projekte ihnen als am besten gelungen erscheint. Dass wir in der Rubrik Bau der Woche Gebäude ganz unterschiedlicher Art zeigen, macht den Ausgang des Publikumspreises umso spannender. Dennoch gab es auch dieses Jahr einen klaren Sieger: Für das Jahr 2017 erhielt das Projekt Maria-Ward-Schulen in Bamberg mit Abstand die meisten Stimmen. Als wir die Schulerweiterung als Bau der Woche vorstellten, überzeugten uns vor allem die gute Lösung der komplexen Bauaufgabe, die städtebauliche Einfügung und die Materialisierung. Auch die Projektgeschichte war komplizierter als üblich, stand doch zunächst die grundsätzliche Frage im Raum, ob der Standort überhaupt zu halten sei.

Zwischen Gehen und Bleiben
Nachdem die Erzdiözese Bamberg im Jahr 2002 die Maria-Ward-Schulen in Bamberg – ein Ensemble aus Realschule und Gymnasium – übernommen hatten, wurde bald eine Erweiterung des Komplexes nötig. Die Landesregierung hatte mehrfach angemahnt, dass die Sportstätten und Räumlichkeiten nicht den Anforderungen genügen würden. Die Erzdiözese hatte die Wahl: entweder den Standort in der Bamberger Altstadt aufgeben und für die knapp 1200 Schülerinnen eine neue Schule außerhalb der Stadt bauen, oder das benötigte Volumen geschickt auf dem zur Verfügung stehenden Areal – dem Bereich des ehemaligen Schwesternheims für Internatschülerinnen – unterbringen. Der Entscheid fiel zugunsten eines Erweiterungsbaus und ein Architekturwettbewerb wurde ausgelobt.

Ende 2011 wählte die Jury den Entwurf von Peck.Daam Architekten zum Sieger. Dieser sah eine Aufteilung des Raumprogramms in unter- und oberirdische Bereiche vor. Die Doppelsporthalle liegt unterirdisch, in ihrer Decke befinden sich große Oberlichter, die in den Innenhof ragen und dort, gefasst von langen Bänken, zu Sitz-Skulpturen werden. "Normalerweise würde man nicht einfach so eine Sporthalle vollständig unter die Erde planen, denn das ist zunächst natürlich nicht die günstigste
Lösung", sagt Bernhard Peck zu diesem Entscheid. "In Anbetracht des knapp bemessenen
Grundstücks aber haben wir uns dafür entschieden und das Schulgebäude in Teilen über die
Sporthalle gestellt." Erst dank der unterirdisch liegenden Sporthalle ergab sich der Freiraum auf dem Gelände und zwischen den Schulbauten.

Schnitt mit versenkter Doppelsporthalle und dem darüber liegenden Innenhof
Bild: Gerhard Hagen

Bereits im Interview zum Bau der Woche lobten die Architekten die Zusammenarbeit mit der Bauherrschaft. Wir haben nochmals nachgefragt und hörten erneut: "Wir haben selten ein Projekt gehabt, in dem die Zusammenarbeit so konstruktiv und zielorientiert vonstatten gegangen ist", so Bernhard Peck. Für die Erweiterung der Schulen wurde ein Bauherrengremium gegründet, in dem ein Finanz- sowie ein Schulbeauftragter der Kirche, beide Schulleiterinnen und das Bauamt der Diözese mit dem Amtsleiter und dem zuständigen Projektleiter vertreten waren. Sehr konstruktiv habe man miteinander gearbeitet, erklärt Peck, und bei den Entscheidungen war oft nicht der Preis allein
ausschlaggebend, sondern in erster Linie Qualität und Nachhaltigkeit – eine Erfahrung, die man beim Bauen mit der Öffentlichen Hand kaum mehr mache. "Wir wollten ein Gebäude schaffen, das das seine Qualität auf Dauer bewahrt", sagt Peck. Und: "Um wirklich gute Gebäude und Details realisieren zu können, ist das Können des Architekten nur die eine Seite. Genau so wichtig ist, dass er in der Bauherrschaft ein Gegenüber hat, der Verständnis für Architektur hat und für einen offenen Austausch bereit ist".

«Wir freuen uns sehr über die Auszeichnung des Gebäudes zum Bau des Jahres. Der Publikumspreis zeigt uns, dass das Projekt in der Öffentlichkeit als gelungen wahrgenommen wird.»
Bernhard Peck, geschäftsführender Gesellschafter von Peck.Daam Architekten
Innenhof der Maria-Ward-Schulen mit darunter liegender Turnhalle (Bild: Gerhard Hagen)
Eingefügt in die kleinteilige Altstadt (Bild: Gerhard Hagen)

Bibliothek, Galerie, Tagungshotel und Konferenzzentrum
Auf den Plätzen zwei bis fünf versammelten sich mit nur knappen Abständen ganz unterschiedliche Projekte. Die Stadtbibliothek Heidenheim von Max Dudler, unser mit 12% zweitplatziertes Projekt, musste sich nach Außen in einem heterogenen Umfeld einfügen und beherbergt im Inneren Stadtbibliothek, Medienzentrum, Versammlungsraum und Stadtarchiv. Die Fassade des über 100m langen Baukörpers ist sowohl im Großen, anhand einer Staffelung der Bauteile als auch im Kleinen, mit den handwerklich hergestellten Wasserstrich-Backsteinklinkern, abwechslungsreich gestaltet. 
Bei der Sammlung Philaria in Düsseldorf, die bei der Abstimmung den dritten Platz belegte, erweiterten Sieber Architekten die vorhandenen Hallen einer ehemaligen Glaserei zu mehreren, aneinander gefügten Museumsräumen. Relativ unabhängig vom Siegburger Stadtkontext, wohl aber abgestimmt auf die Gebäude der Benediktiner-Abtei Michaelsberg, haben meyerschmitzmorkramer Architekten die denkmalgeschützte Anlage zu einem Tagungsort mit Hotel umgebaut. Besonders beschäftigte die Architekten beim Entwurf des bei uns Viertplatzierten das richtige Maß an Respekt, das sie der Abtei zollen mussten sowie die Frage, wieviel Aufmerksamkeit ein Neubau in dem Ensemble auf dem Stadtberg auf sich ziehen sollte. Und auch beim Konferenzzentrum der Mannheim Business School, das im Voting mit 8% den fünften Platz belegte, ging es um Bauen im Bestand: schneider+schumacher Architekten fügten in der historischen Umgebung des Mannheimer Schlosses einen modernen Campus in die stillgelegte Heizzentrale ein.

Zweitplatziert: Stadtbibliothek Heidenheim, Max Dudler Architekten (Bild: Stefan Müller, Berlin)
Auf dem dritten Platz: Sammlung Philara, Sieber Architekten (Bild: Stefan Müller, Berlin)

Schulen siegen dreifach
Auch in der Schweiz und in Amerika sind die Preise für den Bau des Jahres vergeben: Beim deutschen Nachbarn gewann mit dem Lycée Français de Zurich in Dübendorf ebenso ein Schulhaus (Architektur: Züst Gübeli Gambetti Architektur und Städtebau). Und in den USA belegte das von Leers Weinzapfel Associates entworfene John W. Olver Design Building, University of Massachusetts Amherst, den ersten Platz.

Wir gratulieren allen an den ausgezeichneten Projekten beteiligten Architekten und Planern und danken Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, für die rege Teilnahme an der Abstimmung! Und womöglich bringt Sie die diesjährige Wahl auch dazu, uns zu kontaktieren: Schicken Sie uns Informationen über Ihre Projekte und schlagen Sie sie für den Bau der Woche vor. Jene 50 Projekte, die dieses Jahr von uns ausgewählt und vorgestellt werden, sind im Januar nächsten Jahres Kandidat für den Bau des Jahres 2018.


Weitere Bildungsbauten, die wir im Jahr 2017 auf german-architects vorgestellt haben:
 

  • ​Berufliche Weiterbildung und Hochschulen
– Angewandte Schulbauforschung, Schulz und Schulz München
Berufliches Schulzentrum an der Nordhaide in München (BFN) | Berufliche Oberschule in Regensburg (BFR)
– Loggia zum See, MGF Architekten GmbH Konstanz
Neubau Seminargebäude Informatik
Labor in der Altstadt, Knoche Architekten, Leipzig
Institutsgebäude Gebäude-Energie-Umwelt (GU) der Hochschule Esslingen
Drei Riegel im Einklang, berger röcker architekten, Stuttgart
Hochschule für Technik - Stuttgart
Zeitschichten, Heinle, Wischer und Partner, Dresden
Hochschule Zittau/Görlitz, Sanierung, Umbau und Erweiterung Haus Z I
 
  • Schulbauten
– Schule im Wald, wulf architekten
Hessenwaldschule Weiterstadt
Gesundes Lernklima, (se)arch architekten Tübingen
Bildungshaus am Lindenbrunnen
Ergänzte Schule, KLUMPP + KLUMPP Architekten Kusterdingen
Gymnasium in Kusterdingen
Lernen als Team, Kresings, Münster
4. Gesamtschule Aachen
Schale versus Kern, schürmann+schürmann architekten, Stuttgart
Kindertagesstätte Anne Frank in Reinsdorf
Unter einem Dach, hirner & riehl architekten und stadtplaner, München
Kinderhaus Holzkirchen
Auf freiem Feld, NKBAK, Frankfurt am Main
Integrierte Gesamtschule Riedberg
​– Ungleiche Zwillinge, mvm+starke architekten, Köln
Sporthalle und Betreuungszentrum Lauffen am Neckar