Gestapelt im Glashaus

Katinka Corts
31. Oktober 2017
Ganze 45m hoch ist der geplante Siebengeschosser (Bild: Cukrowicz Nachbaur Architekten)

In einer «Schuhschachtel» saßen wir alle wohl schon mal – klassische Konzertsäle sind auf diese Art gebaut. Alternativ dazu gibt es den «Weinberg»-Schnitt, bei dem die Besucherränge rund um die Bühne terrassenartig ansteigen – wie in der Hamburger Elbphilharmonie oder der Walt Disney Concert Hall in Los Angeles. Für den Großen Saal im geplanten Münchner Konzerthaus haben die Architekten beide Formen attraktiv verschmolzen, sodass ein Großteil des Publikums traditionell frontal auf das Orchester schaut, sich um die Bühne herum aber dennoch einige Sitzreihen ergeben. Der darunter liegende Kleine Saal fasst bis zu 900 Personen und ist klassisch zur Bühne ausgerichtet.

Fast die Hälfte des Bauvolumens ist mit diesen beiden zentral liegenden Konzerträumen bereits gefüllt. Im vorderen Viertel nach dem Haupteingang befinden sich öffentliche Bereiche wie Foyer, Garderoben und Sanitärräume. Im hinteren Viertel, nach Südwesten orientiert, liegen Büros, Technik-, Stimm- und Probenräume. Alles miteinander fasst eine nach oben schmaler werdene, gläserne Hülle, durch die die Geschossdecken, Saalkubaturen und Erschließungswege auch von außerhalb sichtbar bleiben werden.

Im Großen Saal haben 1800 Besucher Platz (Bild: Cukrowicz Nachbaur Architekten)
Der Große Saal bekrönt das Gebäude, der Kleine Saal schließt sich darunter an (Plan: Cukrowicz Nachbaur Architekten)

Mit ihrem Wettbewerbssieg haben Cukrowicz Nachbaur Architekten unter anderem David Chipperfield, Staab Architekten, Zaha Hadid Architects und die Basler Christ & Gantenbein auf die hinteren Plätze verwiesen. Über den Ausgang des Wettbewerbs entschieden insgesamt 25 Sach- und Fachpreisrichter als Stimmberechtigte – die Liste liest sich wie das who-is-who der Politik- und Architekturszene (wer nachlesen will, schaue hier). Während der zweitägigen Sitzung haben sie über die insgesamt 31 Wettbewerbsbeiträge diskutiert und sich von mehr als 30 Sachverständigen aus den Bereichen Akustik, Brandschutz, Klima, Landschaftsplanung und Verkehrsplanung beraten lassen.

Jurypräsident Arno Lederer sagte über das von Cukrowicz Nachbaur entworfene Gebäude, es sei im heterogenen Werksviertel ein nobler Ruhepunkt – zurückhaltend und ausdrucksstark zugleich. Hoffentlich übersteht der Entwurf die nun folgenden Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen; auch die Akustik der Säle wird nun detailliert und in einem separaten Wettbewerb ausgearbeitet. Wer sich anschauen möchte, wie das Werksviertel alternativ ausgesehen hätte, dem sei die Ausstellung zum Wettbewerb empfohlen: Seit dem Wochenende und noch bis zum 26. November sind die Modelle und Pläne aller Preisträger in der Galerie White Box zu sehen (täglich 10-18 Uhr).

Preisträger
1. Platz: Cukrowicz Nachbaur Architekten ZT GmbH, Bregenz
2. Platz: PFP Planungs GmbH, Hamburg
3. Platz: David Chipperfield Architects Gesellschaft von Architekten mbH, Berlin
4. Platz: 3XN A/S, Kopenhagen
5. Platz: Staab Architekten GmbH, Berlin

Anerkennungen
– Henning Larsen Architects, Kopenhagen/München
– Zaha Hadid Architects, London
– Mecanoo, Delft
– Christ & Gantenbein, Basel