Herzog & de Meuron werden Basels historisches Postgebäude umgestalten

Manuel Pestalozzi
9. Februar 2023
Herzog & de Meuron sehen in der neogotischen Architektur des historischen Basler Postgebäudes großes Potenzial. Beim Umbau des Baudenkmals soll dieses voll zur Entfaltung kommen. (Visualisierung: © Herzog & de Meuron)

Die Basler Hauptpost wurde 1853 in der Altstadt errichtet. Der Bau steht an der Stelle eines mittelalterlichen Geschäftshauses in der Freie Straße. Seine Fassade besteht aus demselben roten Sandstein wie das Basler Münster. Entworfen wurde das Bauwerk von Johann Jakob Stehlin dem Jüngeren (1826–1894), einem der bekanntesten Baumeister der Stadt. Kurz nach Fertigstellung der Hauptpost realisierte er beispielsweise die Kaserne auf der anderen Seite des Rheins. 

Später wurde am Postgebäude weitergebaut. Dabei kombinierte man die neogotische Architektur Stehlins mit neuen Baumaterialien. So wurden beispielsweise in der prächtigen Schalterhalle Säulen aus Gusseisen eingebaut. Auch viele Kunstwerke gehören zu dem Baudenkmal. Die Wandmalereien wurden mehrfach um zeitgemäße Darstellungen ergänzt.

Die Glanzzeiten sind vorüber

Die Post ist in der Schweiz zwar noch immer eine wichtige Institution mit hohem Ansehen, doch ihre Rolle hat sich gewandelt, ihre Strahlkraft und ihr Identifikationspotenzial sind geschwunden. Auch Basels Hauptpost wurde Opfer des Bedeutungsverlusts: Ende 2016 kündigte die Post wegen geringer Nutzung und eines hohen Defizits die Schließung an. Der letzte Öffnungstag für den Postbetrieb war der 12. November 2021. Eigentümerin des palastartigen Baus ist heute die Anlagestiftung des Versicherungskonzerns AXA. Sie will ihn in einen modernen Begegnungs- und Arbeitsort verwandeln. Helfen soll dabei das Team von Herzog & de Meuron. 

Nun ist die Konzeption abgeschlossen, und die Baubewilligung liegt vor. Entstehen soll in nächster Zeit ein offeneres, helleres Erdgeschoss. Wichtigster Teil der Umbaumaßnahmen wird ein überdachter Innenhof sein. Aus dem Durchgang zwischen Gerbergasse und Freie Straße soll eine öffentlich zugängliche Passage werden, von der aus man die Läden im Erdgeschoss und die oberen Etagen direkt erreichen kann.

Eine öffentliche Passage zwischen Gerbergasse und Freie Straße soll das Gebäude beleben. (Visualisierung: © Herzog & de Meuron)
Wertschätzung für den Bestand – oder: Das Potenzial der Neogotik

Im Erdgeschoss werden 1500 Quadratmeter Verkaufsfläche entstehen. Die Räume werden hier bis zu neun Meter hoch sein. Die Obergeschosse werden 5000 Quadratmeter Büro- und Dienstleistungsflächen aufnehmen. Die Geschosse fünf und sechs sollen zurückgebaut werden, wodurch die Gebäudehöhe im Vergleich zu heute etwas sinken wird. Ein neues Satteldach soll sich dank seiner Form und Materialität gut in die umliegende Dachlandschaft einfügen. Herzog & de Meuron ergänzen es mit einer umlaufenden verglasten Terrasse, die eine Rundumsicht über die Altstadt ermöglicht.

Nach einem engen Austausch mit dem Denkmalschutz sollen eingelagerte Bauelemente aus dem Archiv der Hauptpost ins Gebäude zurückkehren. Dazu zählen unter anderem sechs antike Steinbögen, die einst Teil einer Arkade waren. Die Originale stammen aus dem 14., eine Nachbildung von einem Umbau aus dem 19. Jahrhundert. Auch beim Einbau der historischen Bögen wird der Denkmalschutz seine Expertise einbringen. 

Wie beispielsweise auch der Umbau des Basler Stadtcasinos zeigt das Projekt die Wertschätzung Herzog & de Meurons für die Bautradition. Auch dies ist eine Facette der ungemein vielschichtigen Arbeit des Schweizer Büros, das sich immer wieder neu zu erfinden scheint und noch immer zu überraschen weiß. Es ist geplant, das Gebäude im Frühjahr 2025 an die neuen Mieter zu übergeben. Dann werden sich die Tore der Hauptpost wieder für die Bevölkerung öffnen.

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