Klimanotstand am Inn?

Elias Baumgarten
1. Juli 2019
Foto: Svíčková via Wikimedia Commons

Geht es nach SPÖ, Grünen, Für Innsbruck und ÖVP, wird in der Tiroler Landeshauptstadt am 18. Juli 2019 der Klimanotstand ausgerufen. Damit würde dem Kampf gegen die Erderwärmung seitens der Politik offiziell höchste Priorität eingeräumt. Es ist dies eine Maßnahme, die auch in vielen anderen Städten im In- und Ausland derzeit diskutiert wird. Hierzulande hat Traiskirchen diesen Schritt bereits vollzogen. In dem Innsbrucker Papier, das der Tiroler Tageszeitung (TT) exklusiv vorliegt, heißt es: »Die hier unterzeichnenden Mandatarinnen und Mandatare werden mit ihren Fraktionen in Zukunft einen besonderen Fokus darauf legen, dass im Sinne des Klimaschutzes Aktivitäten und Handlungen der Stadt Innsbruck sorgsam geprüft und nötigenfalls adaptiert werden.« Das klingt fein. Doch nicht alle sind von dem Vorstoß überzeugt, auch bei den federführenden Parteien nicht. So sagte Innsbrucks ÖVP-Obmann Christoph Appler der Presse, der Antrag sei »Effekthascherei« und behauptete, die Grünen hätten ihn »einseitig« forciert.

Spannender wäre tatsächlich, welche konkreten Maßnahmen zum Klimaschutz künftig ergriffen werden sollen. Das Land Tirol möchte bis 2050 energieautonom sein, auf Öl und Gas ganz verzichten. In Innsbruck gilt es zunächst wohl kleinere Brötchen zu backen: Bisher waren unpopuläre Änderungen wie eine City-Maut, höhere Parkgebühren, schärfere Tempolimits oder gar Fahrverbote politisch nicht durchzusetzen. Spannend, ob sich das mit Ausrufung des Klimanotstands tatsächlich ändern würde. Dass es in Österreich noch viel Nachholbedarf gibt, meinte Adam Pawloff von Greenpeace im Interview mit der TT anlässlich der aktuellen Entwicklung in Innsbruck. Er ist damit nicht allein: Die EU-Kommission hat Österreich unlängst gerügt, weil die im vergangenen Herbst verabschiedete »Klimastrategie« nach Brüssels Dafürhalten nicht weit genug geht, um bis 2030 eine Reduktion der CO2-Emissionen um 36 Prozent zu schaffen. Es brauche eine CO2-Steuer, so Pawloff, und Investitionen in Höhe von mindestens einer Milliarde Euro jährlich ins österreichische ÖV-Netz sowie 200 Millionen in Radwege. Auch Elektroautos möchte er mehr auf den Straßen sehen – ungeachtet der großen Probleme mit den wenig nachhaltigen Batterien. Maßnahmen, die wie etwa in New York die gebaute Umwelt und die Baubranche adressieren, welche für einen Großteil der CO2-Emissionen und des (schwer recyclebaren) Abfalls verantwortlich sind, wurden bisher hingegen kaum diskutiert. Lediglich wurde gefordert, das Anbringen von Solaranlagen stärker zu unterstützen. Es bleibt also noch abzuwarten, ob es sich bei der Ausrufung des Klimanotstands in Innsbruck und andernorts um mehr handelt als ein Lippenbekenntnis passend zur aktuellen politischen Großwetterlage.

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