Krumlov zum Zweiten

Katinka Corts
27. Juni 2018
Touristen kommen den neuen Einheimischen bei Aktionen näher (Bild: rodina6/UNES-CO)

Das Biennale-Projekt UNES-CO, über das wir im Mai berichteten, läuft nun schon fast einen Monat. Mehrere Familien haben ihre temporären Wohnungen bezogen und versuchen sich zwischen den Touristenströmen, die die tschechische Stadt Krumlov bevölkern, am normalen Leben. Erste Beobachtungen sind im Projekttagebuch nachzulesen. Hier einige ausgewählte Auszüge:

VIP (Věra i Pepa) staunen über das Verhalten der Einheimischen: „Krumlov residents do not come downtown on Saturdays and Sundays. For whole three hours, Věra didn’t meet a single person she could greet. That hasn’t happened before.“

rodina6 verzichten auf das Kartoffelschälen vor der Haustür, setzen sich aber mit Tee und Gebäck nicht nur in ihre Wohnung, sondern auch zu den Nachbarn im Erdgeschoss: „We came to the conclusion that every space has its own specifics and offers different possibilities for what will feel natural and what won’t. There is no point in trying to do something that doesn’t fit the particular place. But sometimes you have to try, even if it ends up being controversial. […] And sitting in front of your house with tea and cake is a great idea and a nice way to add life to a street otherwise filled with visitors and the occasional car.“
Als der Sohn der Familie begann, mit Kreide zu malen, zog er sofort die Aufmerksamkeit der Passanten auf sich. Doch auch Kinder kamen und malten mit, was auf Haupttouristenrouten sicher ungewöhnlich ist. Die Touristen hätten aber darauf geachtet, die Zeichnungen nicht zu betreten. „The kids were visibly happy that there was even something for them in this strange country, so perhaps they will remember Krumlov much longer and with an added sense of happiness. After all, active engagement is always better than just passively staring, even when touring the sights of a foreign country.“ Nun überlegt die Familie, an welchen Aktivitäten Passanten noch ihre Freude haben und sich zu den temporären Einheimischen gesellen könnten. „And it’s free, which more than a few tourists might find surprising.“

Doch auch andere Erfahrungen machen die Testbewohner im öffentlichen Raum. rodina5 schreibt: „Sometimes – meaning on some days – there are fewer tourists, but I still sit on my one bench, eating, and the tourists walk right across my feet. I’m half expecting them to climb onto my shoulders – I just can’t believe it! The Chinese behave like they don’t even see me.“

Bereits im Juli kommt wieder Bewegung ins Projekt, die ersten neuen Familien haben schon die aktuellen Teilnehmer zur Besprechung getroffen. Und auch die eigentlichen Einheimischen interessieren sich zunehmend für das Projekt. Künstlerin Kateřina Šeda scheint mit ihrem Projekt und der Aufforderung zur auffallenden Interaktion im Stadtraum einen Nerv bei Bewohnern und Touristen getroffen zu haben.