In Brüssel wird das Haus der EU-Geschichte eröffnet

Museums-Reif?

Ulf Meyer
9. Mai 2017
Bild: Christa Lachenmaier

Das Eastman-Gebäude im Leopold Park, mitten im Europaviertel der belgischen Kapitale gelegen, steht seit 1976 unter Denkmalschutz. Als Zahnklinik für arme Kinder konzipiert, wurde es einst von dem Amerikaner George Eastman gestiftet, dem Erfinder der Kodak-Kamera. Der Schweizer Architekt Michel Polak schuf das monumentale Gebäude im Jahr 1935. In einem vom EU-Parlament organisierten Architekturwettbewerb zum Umbau des Gebäudes erhielt das deutsch-französische Team Chaix & Morel aus Paris mit JSWD aus Köln den ersten Preis. Die beiden Büros hatten schon zuvor erfolgreich zusammengearbeitet. Ziel des Gemeinschafts.Entwurfs war es, in dem «Haus der Europäischen Geschichte» «intellektuelle Stimulation mit emotionalen Reaktion» zu verbinden und kein Pastiche zu schaffen, sondern einen Ort, an dem die «Europäische Idee» erlebbar wird. 

Die Fläche des im Grundriss U-förmigen Gebäudes wurde beim Umbau verdoppelt: Neue Fläche entstanden im Hof auf drei neuen Etagen. Der Axialsymmetrie des Altbaus gibt die Glasbox, die über den Altbau ragt, mit ihren Vor- und Rücksprüngen einen asymmetrischen Kontrapunkt. «Prismen in Prismen» nennen die Architekten ihren Ansatz. Opake Prismen scheinen in einer transparenten Kiste zu stehen. Als «Harmonisches Ganzes» sollen Alt- und Neubau nicht weniger als «das Ideal Europas repräsentieren» — ein hoch gestecktes symbolisches Ziel. Die Doppelfassade wird von einem gläsernen Tragwerk getragen, das Werner Sobek aus Stuttgart entworfen hat. Tagsüber treten die bedruckten Gläser visuell hervor, erst in der Dämmerung wirken die neuen Glasfassaden transluzent. Die alternierend klar und opak verglasten Bereiche schaffen in den Innenräumen unterschiedliche szenographische Möglichkeiten im Inneren, für Vitrinen, Hängeflächen und Projektionen. Zu sehen ist in der Ausstellung ein umfassender «transnationaler Überblick» über die jüngere europäische Geschichte. Das Atrium mit seiner, einläufigen Treppe und Panorama-Fahrstühlen dient als zentraler Erschließungsraum. Filigrane Handläufe aus Glas und Holzstufen verleihen der von Kabeln getragenen Treppe Eleganz. Besucher treten so nah an die Klinkerfassaden des Altbaus, die zu Innenfassaden des Atriums wurden.

Um als gebaute Werbung für die «Europäische Idee» zu fungieren, kommt das Gebäude allerdings (zu?) spät — die «Idee» wirkt derzeit angezählt.

Bild: Christa Lachenmaier
Bild: Christian Richters
Bild: Christian Richters
Bild: Didier Boy de la Tour