So viel mehr als Architektur: Zum Tod von Hanno Schlögl

Elias Baumgarten
4. Dezember 2020
Illustration: World-Architects.com

Arno Ritter, der Direktor des Innsbrucker Architekturforums aut, nannte ihn einen »Netzwerkknoten« – Hanno Schlögl war in der Kunst- und Architekturszene Tirols allerbestens vernetzt und hochgeschätzt. Zeitlebens war der gebürtige Haller fasziniert von Musik, Malerei, Literatur und natürlich der Architektur. Schon in seiner Jugend entdeckte er seine Lust am Zeichnen und war begeistert von der Malerei der französischen Expressionisten. Früh beschloss er auch, Architekt zu werden. Wenig verwunderlich entwickelte er sich bald zum leidenschaftlichen Kunstsammler; eine seiner ersten Anschaffung war, wie er sich gern erinnerte, eine Lithographie von Le Corbusier, die er sich während einer Reise nach Zürich kaufte. Besonderes Flair hatte er für die Musik: Sie sei eine »unglaubliche Bereicherung« für sein Leben gewesen, sagte er 2017 in einem Vortrag im aut. Einmal verzichtet er sogar auf ein Honorar für seine Arbeit und genoss stattdessen lieber ein Privatkonzert von Martin Mumelter, der für ihn Johann Sebastian Bach spielte. Er schätzte sich glücklich ob der vielen Bekanntschaften mit Komponist*innen und Interpret*innen, die er – auch dank der innigen Freundschaft zu Gerhard und Maria Crepaz (Galerie St. Barbara) – im Laufe seines Lebens machen durfte. Doch nicht nur die Musik und die Malerei inspirierten ihn, auch die Beschäftigung mit Texten beflügelte seine Kreativität. Die Lektüre von Rudolf Wittkowers Buch »Grundlagen der Architektur im Zeitalter des Humanismus« gab zum Beispiel in den 1980er-Jahren den Anstoß zur Gestaltung einer Serie von Einfamilienhäusern, mit denen er das Gelesene reflektierte.

Gewinnend an Hanno Schlögl war seine ehrliche Wertschätzung gegenüber anderen Architekt*innen und Künstler*innen. Über deren Einfluss auf seine Arbeit sprach er offenherzig – was unter Gestalter*innen gewiss nicht die Regel ist. Schwerlich wäre ihm je über die Lippen gekommen, er habe seine Entwürfe allein aus sich heraus entwickelt. So fand er regelmäßig anerkennende Worte für seine Lehrer Hans Nagiller und Roland Rainer, dessen Meisterklasse er in Wien besuchte und dessen Bauten wie die Stadthalle in Ludwigshafen ihn tief beeindruckten. Gern betonte er auch, wie sehr er vom Diskurs mit anderen profitiert habe, etwa mit Andreas Egger oder Daniel Süß.

Hanno Schlögl eröffnete 1973 ein eigenes Büro in Innsbruck. Einer seiner international bekanntesten Bauten ist die Umgestaltung des Taxispalais in Innsbruck (1999). Gemeinsam mit Daniel Süß gelang es ihm damals, die Politiker*innen der Stadt zu überzeugen, ihren am Wettbewerb siegreichen Entwurf tatsächlich umzusetzen, obwohl er mehr als das Doppelte des ursprünglich festgesetzten Budgets kosten sollte. Herausragend sind ferner auch Schlögls Umbau des Salzlagers von Hall (1997) oder die drei Altersheime, die er in seinem Geburtsort baute. Selbiges gilt in besonderem Maße von seinem Haus Markl in Sistrans (1973). Neben seiner Tätigkeit als Architekt unterrichtete Schlögl am Mozarteum in Salzburg und an der Universität der Tiroler Landeshauptstadt. 1992 bis 1995 war er außerdem Mitglied des Fachbeirats für architektonische und städtebauliche Fragen in Feldkirch. Beharrlich setzte er sich immer wieder für Kunst-am-Bau-Projekte ein.

Über die Zeit wurde Schlögl mit zahlreichen Preisen geehrt, darunter die Auszeichnung des Landes Tirol für Neues Bauen (1986 und 1999) und der Tiroler Landespreis für Kunst (2019). Zuletzt erhielt er eine Anerkennung für sein skulpturales Naturparkhaus in Längenfeld. Wir dürfen das Projekt kommende Woche als »Bau der Woche« zeigen. Mit Schlögl verlieren wir einen beeindruckenden Architekten und Menschen, ein Vorbild. Er wurde 76 Jahre alt.

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