Unendliche Geschichte

Elias Baumgarten
4. Juni 2019
Wie soll das Areal um den Bregenzer Bahnhof künftig aussehen? (Foto via Wikimedia Commons)
Auf den Wettbewerb folgten Diskussionen.

Fast eine Dekade ist es her, dass in Bregenz ein zweistufiger nichtoffener Architekturwettbewerb um die Neugestaltung des Bahnhofsareals abgehalten wurde. Ein neues Quartier mit Wohnungen, Büros, Geschäften und einem Hotel soll dort entstehen, mit einem neuen Bahnhof als Zentrum. In der ersten Stufe triumphierten Oskar Leo Kaufmann und Albert Rüf. Auf Basis ihres Entwurfs wurde im zweiten Durchgang über die Gestaltung der einzelnen Volumina entschieden. Den besten Entwurf für neuen Bahnhof selbst legten dabei nach dem Dafürhalten der Jury Dietrich | Untertrifaller Architekten vor. Sie schlugen einen wesentlich kompakteren Bau vor. Doch die Bagger sind seither nicht angerückt. Streitigkeiten um die Architektur und die Finanzierung der Anlage verhinderten den Start des Unternehmens immer wieder. Im April dieses Jahres aber schienen diese endlich beigelegt. Die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) und das Land hatten sich über die Finanzierung verständigt. 77 Millionen Euro sollen demnach investiert werden. Vor wenigen Tagen gab es dann jedoch eine erneute Wende – in Gestalt einer Studie des Bregenzer Architekten Roland Gnaiger. Dieser findet die jetzigen Pläne verfehlt und hatte seine Vision für die Umgestaltung des Bahnhofsareals schon im vergangenen Februar dem städtischen Gestaltungsbeirat vorgelegt. Daraufhin war er mit einer Überarbeitung beauftragt worden. Am Wettbewerb war Gnaiger nicht beteiligt.

Planungen für das Seequartier gemäß des Architekturwettbewerbs von 2010/11 (Plan via Dietrich | Untertrifaller)
Neue Studie mit verändertem Verlauf der Landesstraße von Roland Gnaiger (Plan © Roland Gnaiger)
Gegenvorschlag

Roland Gnaiger, der Professor an der Universität für künstlerische und industrielle Gestaltung in Linz ist, möchte vor allem den Verlauf der Landesstraße ändern, die sich heute in einer weiten S-Kurve um den Bahnhof legt. Sie ist eine der Hauptverkehrsadern der Stadt. Unzählige Fahrzeuge brausen hier täglich vorüber. Das breite Asphaltband wirkt wie eine Barriere zwischen dem Seeufer mit dem Festspielhaus und der Innenstadt. Es zu überqueren ist für Fußgänger*innen und Radfahrer*innen bisweilen eine mühselige und geduldsintensive Aufgabe. Gnaiger möchte erreichen, dass die Straße verlegt wird. Sie soll künftig parallel zu den Gleisen und auf einem kurzen Stück unterirdisch geführt werden, wodurch sich ihr Verlauf um über 50 m verkürzen und Raum gewonnen würde. Diesen will der Architekt nutzen, um eine »Flaniermeile« anzulegen und neue Wohn- und Geschäftshäuser sowie ein Hotel zu errichten. Wo sich heute der Bahnhof befindet, soll nach seinen Plänen nur noch ein überdachtes Busterminal stehen. Ersteren würde Gnaiger unter die Erde verlegen. Für ihn ist klar, so würden Uferbereich und Stadt besser verbunden. Außerdem hätte das neue Quartier eine um vieles höhere Aufenthaltsqualität und wäre ein einladender Eingang zur Stadt, meint er, der seine Studie eine »Jahrhundertchance« für Bregenz nennt. Bisher handle sich bei dem Gebiet um eine reine Transitzone. Bestehende Häuser müssten für die Pläne nicht eingerissen werden. Eine Erhöhung des Budgets aufgrund der umfangreichen Baumaßnahmen sei auch nicht nötig, behauptet der Architekt. Unterstützung erhält er von der SPÖ, deren Stadtparteivorsitzender Michael Ritsch Gnaigers Idee als »Meilenstein für die Stadtentwicklung« bezeichnet hat.

Bregenz steht ein heißer Entscheidungssommer bevor. Es wird spannend, welcher Vorschlag schlussendlich das Rennen macht und die Stadt auf die nächsten Dekaden hinaus prägen wird. Kommt Roland Gnaiger am Konkurrenzverfahren vorbei zum Zug? Gewiss scheint jedenfalls, dass die Bregenzer*innen wohl noch einige Zeit auf ihren neuen Bahnhof warten müssen.

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