Verfall und neuer Glanz

Katinka Corts
20. September 2019
Blick ins einst einladende Turmcafé des Dresdner Fernsehturms, 2019 (Foto © Jan Oelker)

Bis Mitte 1991 gelangte man mittels zweier Lifte zur Aussichtsplattform des 1969 fertiggestellten Dresdner Fernsehturms empor, von der aus man den Blick ins Elbtal und über das Land schweifen lassen konnte. Eine Etage tiefer lud ein zweistöckiges Café ein. Doch seit nunmehr 28 Jahren nutzt die Deutsche Funkturm GmbH, eine Tochterfirma der Deutschen Telekom, den Turm nur noch als technische Infrastruktur, alle öffentlichen Bereiche sind geschlossen. Die lange schon von der Bevölkerung gewünschte und öffentlich diskutierte Gesamtsanierung war letztes Jahr mit geschätzten 25,6 Millionen Euro veranschlagt worden. Die aktuelle Lösung soll finanzierbar sein – je ein Viertel tragen die Stadt Dresden und der Freistaat Sachsen, ein Bundes-Förderprogramm für Denkmalsanierung schießt weitere etwa 13 Millionen Euro zu. Möglicherweise wird somit das einstige moderne Wahrzeichen, gestaltet von den Architekten Kurt Novotny und Johannes Braune, endlich wieder zum Anziehungspunkt in der Region. 

Wie der Fernsehturm für Fortschritt und Technikaffinität der 1960er-Jahre steht, so finden sich im Osten der Bundesrepublik auch viele andere Beispiele für eine Zeit, die vom industriellen Bauen, serieller Vorfertigung und rationellen Baumethoden geprägt war. Die Bilderschau »1969 · 2019 Meilensteine der Dresdner Nachkriegsmoderne« versammelt in Ausstellung und Katalog zahlreiche dieser Zeitzeugen, die heute entweder hervorragend saniert und zu neuem Leben erweckt worden sind – wie beispielsweise der Dresdner Kulturpalast – oder über viele Jahre wechselnde Nutzungen, Leerstand oder Verfall erlebt haben und ein tristes Dasein fristen. Zu bestaunen gibt es Bilder aus der Entstehungszeit der Bauten, die aktuellen Aufnahmen gegenübergestellt wurden.

Organisiert wurde die sehenswerte Schau von der Stiftung Sächsischer Architekten. Diese nahm das fünfzigjährige Bestehen des Kulturpalastes zum Anlass, jene eindrucksvollen Projekte der Nachkriegsmoderne, die bis zum 20. Jahrestag der DDR 1969 ehrgeizig vorangetrieben wurden, im Zentrum für Baukultur Sachsen (ZfBK) an der Schloßstraße 2 in Dresden zu zeigen. Begleitet wird die Ausstellung wie erwähnt von einem Katalog, der als sechster Band der stiftungseigenen Schriftenreihe »Beiträge zur Architektur« erschienen ist. Geöffnet ist die Schau bis zum 19. Oktober dieses Jahres.

1969 · 2019 Meilensteine der Dresdner Nachkriegsmoderne

1969 · 2019 Meilensteine der Dresdner Nachkriegsmoderne
Katalog

210 x 210 mm
72 Seiten
60 Illustrationen
Klappenbroschur
ISBN 9783954985227
Stiftung Sächsischer Architekten

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