«The Smile» beim London Design Festival

Laubholzlächeln

Thomas Geuder
8. November 2016
Die begehbare Skulptur «The Smile» hat beim London Design Festival die Besucher durch seine Form und seine Räumlichkeit begeistert. (Bild: Dav Stewart)

Projekt: The Smile (London, GB) | Architektur: Alison Brooks Architects (London, GB) | Tragwerksplaner: Arup (London, GB) | Bauherr: AHEC | Hersteller: American Hardwood Export Council (AHEC) – Europe (London, GB), Kompetenz: Tulipwood (Rosenholz)
 

Der Einsatz von kreuzweise verleimtem Holz, also Brettsperrholz oder auch CLT (Cross Laminated Timber) im Bauwesen ist hierzulande im Prinzip keine Besonderheit. Meist aus Nadelholz gefertigt wird es von Architekten und Tragwerksplanern zudem immer häufiger auch für die tragende Konstruktionen nicht selten beeindruckend großer Gebäude eingesetzt. Eine Alternative zum Nadelholz will der American Hardwood Export Council (AHEC) zur Verfügung stellen, der bereits seit 10 Jahren die Verwendung von CLT aus Laubholz im konstruktiven Bereich ausgelotet. Vor drei Jahren zeigte AHEC bereits zusammen mit dRMM Architects und Arup zum London Design Festival die begehbare Skulptur «Endless Stair», ein Protoyp aus Tulipwood-CLT. Die damals gesammelten Erfahrungen flossen nun in ein neues Projekt zum London Design Festival ein, bei dem die Brettsperrholz-Elemente aus Laubholz nun industriell gefertigt werden sollten. Entstanden ist «The Smile», eine 34 m lange, 3,5 m hohe und 4,5 m breite, gebogene Röhre aus kreuzweise verleimtem Laubholz, ebenfalls aus amerikanischem Tulipwood. Konzipiert wurde die urbane Installation – die im Rahmen des London Design Festivals bis Mitte Oktober in Hof des Chelsea College of Arts zu sehen war – von Alison Brooks Architects aus London zusammen mit den allseits bekannten Ingenieuren von Arup. Mit der Konstruktion wollten Auftraggeber wie Architektin das strukturelle wie räumliche Potenzial von CLT-Laubholz aufzeigen und quasi im Maßstab 1:1 austesten. «Ich wollte etwas erschaffen, mit dem man alles aus den großformatigen Tulipwood CLT-Elementen herausholen konnte. Die beste Möglichkeit, um deren Leistungsfähigkeit zu demonstrieren, war, sie in einen hohlen Körper zu verwandeln», beschreibt Alison Brooks, die sich von den strukturellen Eigenschaften des Materials beim Entwerfen beeinflussen ließ. Auch Andrew Lawrence, stellvertretender Direktor von Arup, zeigte sich begeistert: «‘The Smile‘ ist die anspruchsvollste Skulptur, die je aus Brettsperrholz konstruiert wurde. Jede Komponente wurde bis an die Grenze des Machbaren getrieben. Das Projekt zeigt definitiv das Potenzial für Laubholz im konstruktiven Bereich.»

Wo die Skulptur statisch am stärksten belastet wird, befindet sich der Eingang, durch den der Besucher über eine Rampe barierrefrei hineintreten kann. (Bild: Dav Stewart)

Warum also CLT aus Laubholz im konstruktiven Bereich? Gemessen am Gewicht kann Brettsperrholz sogar stabiler als Beton sein und bis zu einer hohen Toleranzgrenze bearbeitet werden. Durch die Vorfertigung und die schnelle Montage können die Bauzeiten reduziert werden. So waren bei «The Smile» nur wenige qualifizierte Fachkräfte nötig, um die begehbare Skulptur innerhalb von wenigen Tagen vor Ort zusammenzubauen (s. Film). Zusätzliche Nassarbeiten wie etwa Mauerwerk, Estrich oder Verputzung fielen erst gar nicht an. In öffentlichen Gebäuden oder auch im sozialen Wohnungsbau gäbe es – so David Venables, European Director von AHEC – jedoch einen Bedarf an spezialisierten, hochqualitativen Lösungen, für die sich CLT aus Laubholz geradezu anbiete. Die höhere Festigkeit und das hochwertigere Erscheinungsbild von Laubholz-CLT-Produkten seien hier eindeutig im Vorteil. Für Alison Brooks indessen war von Beginn an klar, dass sie bei ihrem Entwurf mit Kragarmen arbeiten möchte, um die Möglichkeiten des Materials auszutesten. So liegt «The Smile» lediglich auf einem Punkt in der Mitte auf, wo sich auch der Eingang befindet. Drinnen erwartet die Besucher ein gerahmter Blick durch die beiden Stirnseiten, den man sich freilich geradezu erarbeiten muss. Entstanden ist so eine räumlich wie körperlich erfahrbare, temporäre Skulptur, die bleibende Freude bereitete – nicht zuletzt deswegen hat die Architektin Alison Brooks ihr Werk «The Smile» getauft.

Die Skulptur habe, so Brooks, eine spielerische Qualität, etwas zwischen einer Landschaftsstuktur und einem Gebäude. (Bild: Dav Stewart)
Die beeindruckend dimensionierten Tulipwood CLT-Platten wurden bei Züblin Timber im bayerischen Aichach gefertigt. (Bild: Dav Stewart)
Lichtstreifen in den Bodenecken verleihen der Struktur eine zusätzliche Leichtigkeit und verlängern sie optisch. (Bild: Dav Stewart)
Die meisten Wand- und Boden-Paneele der selbsttragenden Struktur sind nur 100 mm dick. (Bild: Dav Stewart)
Im Werk von Züblin Timber wurden die einzelnen Rosenholz-Bretter zunächst zu einem Endlosbrett zusammengefügt. (Bild: Jon Cardwell)
Am Bildschirm konnte genau erkannt werden, welche Teile der Bretter herausgeschnitten werden mussten, weil sie zu starke Unregelmäßigkeiten im Holz auswiesen. (Bild: Jon Cardwell)
Schicht für Schicht wurden die Bretter zu großen Brettschichtholz-Platten durch Verleimung zusammengefügt. (Bild: Jon Cardwell)
Auch die geschwungene Form wurde im Werk bereits ausgesägt, sodass die Teile vor Ort nur noch zusammengefügt werden mussten. (Bild: Jon Cardwell)
Im Vergleich zur üblichen Produktionsweise von CLT-Platten mittels Druck, wird bei Züblin Timber eine Vakuumpresse verwendet, um das vielschichtige Produkt herzustellen. (Bild: Jon Cardwell)
Fertig gebogen und auf das richtige Maß geschnitten waren die Brettschichtholz-Platten fertig für den Transport in den Londoner Stadtteil Chelsea. (Bild: Jon Cardwell)

Projekt
The Smile
London, GB

Architektur
Alison Brooks Architects
London, GB

Tragwerksplaner
Arup
London, GB

Hersteller
American Hardwood Export Council (AHEC) - Europe
London, GB

Kompetenz
Tulipwood (Rosenholz)

Bauherr
AHEC

Lichtplaner
Grupo MCI
Barcelona, ES

Holzverarbeiter
Züblin Timber
Aichach, DE

Weitere Partner
University of the Arts London (UAL)
London, GB

seam
London, GB

Atrium
London, GB

Aufgebaut
16. September bis 12. Oktober 2016

Fotografie
Dav Stewart
Jon Cardwell
AHEC


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