Hospital General in Puyo/Ecuador von PMMT architects

Modulare Klinik im Regenwald

Thomas Geuder
13. Dezember 2016
In Puyo im Ecuador wurde innerhalb eines Jahres das Hospital General errichtet, entworfen von PMMT arquitectura aus Barcelona. (Bild: Sebastian Crespo / DLW)

Projekt: Hospital General (Puyo, EC) | Architektur: PMMT arquitectura (Barcelona, ES) | Bauherr: Ministerio de Salud Pública de Ecuador (Quito, EC) | Hersteller: DLW (Bietigheim-Bissingen, DE), Kompetenz: Vinyl Medintone, Favorite R10 und Pastell Conductive

Puyo gehört mit über 33.000 Einwohnern zu den größeren Städten in Ecuador, ist sogar Hauptstadt der Provinz Pastaza und liegt am Rande des Amazonasbeckens im «Oriente», dem Osten des Landes, der von tropischem Regenwald charakterisiert ist und mit der Sierra – einem Gebirgszug, der das Land in Ost und West teilt – endet. Hier reihen sich gleich mehrere Vulkane wie an einer Perlenschnur auf, von denen einige als gefährlich eingestuft sind, wie etwa der Tungurahua-Vulkan. Die Gefahr eines Erdbebens gehört in dieser Region zum quasi schon zum Leben und beeinflusst zumindest ein Stück weit auch das Bauen. In Puyo finden sich daher nur wenige Häuser, die höher als zwei Geschosse sind. So war es auch für die Architekten Patricio Martínez und Maximiá Torruella aus Barcelona eine klare Entscheidung, das «Hospital General» dort nicht in die Höhe, sondern in die Breite zu bauen. Schließlich hat man hier keine Flächennot. Ihr Entwurf indessen ist so einfach wie sinnfällig: Einzelne Häuser – mit klassischem Satteldach für den vielen tropischen Regen – stehen in drei Reihen hintereinander, sind jedoch versetzt zueinander angeordnet und überschneiden sich so, dass lange Flure entstehen. Quer zu ihnen verlaufen die Flure durch die Gebäude, sodass sich ein orthogonales Wegesystem ergibt, das alle Bereiche schnell und effizient miteinander verbindet. Dem Maßstab der Stadt entsprechend wirkt der Klinik-Komplex wie eine kleine Siedlung aus separaten Wohnhäusern, mit ruhigen und privaten Gärten dazwischen. So entwickeln sich immer wieder räumliche Aufweitungen, die dem ansonsten ernsten Klinikbetrieb eine gewisse Freundlichkeit einhauchen. Auf die unterschiedlichen Raumbeziehungen reagiert die Fassade etwa mit Transluzenz (an den Stirnseiten der Häuser), mit Transparenz (an den Fluren) oder mit Geschlossenheit (oberhalb des Fenstersturzes). Die Fenster der Patientenzimmer sind mit horizontalen Streifen aus Lochblech verkleidet, wodurch Sonnenschutz und Privatheit gewährt werden. Vorherrschendes Material an der Fassade ist neben dem Glas ein simples Wellblech, das mal horizontal am Giebel, mal vertikal über den Fenstern angebracht ist.

Zwischen den langgetreckten Häusern entstehen begrünte Innenhöfe, Oasen der Ruhe, die für Licht und Luft im Innenraum sorgen. (Bild: Sebastian Crespo / DLW)

Auch im Innenraum herrscht Reduktion. Einfache Wände in Modulbauweise formen den Grundriss; Weiß, Hellgrau und Metall bilden die vorherrschende Farbstimmung. Wichtig schien Architekten wie Bauherrn – neben aller formalen wie gestalterischen Reduktion – vor allem, dass das Haus funktioniert. Dazu gehört auch, dass der Boden einige praktische Merkmale aufweist, der in verschiedenen Vinylqualitäten (DLW) ausgeführt ist – je nach Bedarf besonders rutschhemmend oder auch ableitfähig, wodurch sensible elektronische Geräte geschützt werden. Am Boden findet sich außerdem eine der wenigen Farben im Gebäude: Ein «soft green» und ein «leaf green» durchbrechen ab und an das Grau und erinnern wohlwollend an die Umgebung des tropischen Regenwalds. Der Klinikkomplex wurde zu großen Teilen regional vorgefertigt und ist in Modulbauweise gedacht und erbaut. Dadurch kann er jederzeit und von jedermann beliebig erweitert werden – die reduzierte, dadurch leicht verständliche Architektursprache und die an sich simple Konstruktion machen es möglich.

Streifen aus Lochblech vor den Fenstern schützen die Privatsphäre der Patienten und vermeiden übermäßige Sonneneinstrahlung. (Bild: Sebastian Crespo / DLW)
Das Grün der Innenhöfe wirkt immer wieder in den Innenraum hinein, der – als Gegensatz – vornehmlich in lichten Grautönen gehalten ist. (Bild: Sebastian Crespo / DLW)
Immer wieder wird am Boden das Grau durch zurückhaltende Grüntöne durchbrochen, was nicht nur den Außenraum fortsetzt, sondern auch die langen Flure gliedert. (Bild: Sebastian Crespo / DLW)
Grau- und Grüntöne bestimmen den Boden: Medintone PUR+ (hier ähnlich: soft green light), Favorite R10 PUR+ (rutschhemmend, leaf green), Pastell Conductive (ableitfähig, hier ähnlich: warm grey) (Bilder: DLW)
Die Stirn- bzw. Giebelseiten der einzelnen Gebäude sind mit transluzentem Glas versehen, wodurch die Innenräume diffus beleuchtet werden. (Bild: Sebastian Crespo / DLW)
Die einfache Idee der Addition einzelner Gebäude wird regelmäßig durchbrochen von doppelt so hohen Satteldächern, die jeweils zwei Gebäude miteinander verbinden. (Bild: Sebastian Crespo / DLW)
Am Haupteingang des Hospital General wird bereits deutlich, welcher konstruktiven Idee der Entwurf zugrunde liegt: Ein Einfeldträger überspannt die komplette Gebäudebreite und bildet gleichzeitig die Dachform aus. (Bild: Sebastian Crespo / DLW)

Projekt
Hospital General
Puyo, EC

Architektur
PMMT arquitectura
Barcelona, ES

Hersteller
DLW Flooring GmbH
Bietigheim-Bissingen, DE

Kompetenz
Vinyl Medintone, Favorite R10 und Pastell Conductive

Bauherr
Ministerio de Salud Pública de Ecuador
Quito, EC

Überbaute Fläche
14.200 m²

Kosten
32.000.000 €

Fertigstellung
2014

Fotografie
Sebastian Crespo


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