Ökologische Backsteinfassade System „KISmur“ von Keller AG Ziegeleien

Alternative Backstein

Thomas Geuder
3. Dezember 2018
Das Backstein-Fassadensystem KISmur vereint zwei Welten Tragen und Dämmung in einem Aufbau. (Bild: Keller AG Ziegeleien)

Produkt: Backstein-Fassadensystem KISmur | Hersteller: Keller AG Ziegeleien (Pfungen, CH) | Entwicklung zusammen mit dem Institut für Architektur der Hochschule Luzern, Projektleitung: Uli Herres

Der Brand des Grenfell Towers in London im Juni 2017, bei dem 71 Menschen ums Leben kamen, hat bei vielen – vor allem auch den Profis im Bauwesen – für ein neues Bewusstsein bei den Themen Brandschutz und Wärmedämmung gesorgt (wir berichteten: Brandfalle WDVS?). Dass die Isolation von Gebäuden mit Kunststoffen wie EPS nicht der Weisheit letzter Schluss sein kann, lag trotz der vielfachen Verwendung schon lange in der Luft. Auch weil Gebäude, die derart hermetisch verschlossen sind und dann wieder künstlich belüftet werden müssen, einen eher schlechten Ruf bei den Nutzern hatten. Dabei bietet die Architektur einige traditionelle Bauweisen, die durchaus in die heutige Zeit transportierbar sind. Das wissen auch Bauherren, Architekten und Generalunternehmer, die sich zunehmend und bewusst nach Alternativen umsehen.

Diesen Zeitgeist hat auch die Keller AG Ziegeleien aus Pfungen bei Winterthur erkannt und sich mit Partnern aus der Wissenschaft und Wirtschaft zusammengetan, um neue Wege zu finden. So begann man dort vor zwei Jahren eine intensive Zusammenarbeit mit dem Institut für Architektur der Hochschule Luzern, mit dem Ziel, eine wärmedämmende Bachsteinfassade zu entwickeln, die ganz ohne Kunststoff auskommt. Einzige Vorgabe: Die Schweizer Vorschriften betreffend Wärmedämmung mussten eingehalten werden und es sollte ein ausdrücklich nachhaltiges Produkt entstehen. Nach der Evaluation von 20 Varianten, kristallisierte sich ein Resultat heraus, das man unter dem Stichwort „Zurück zu den Wurzeln“ zusammenfassen könnte: Ein Zweischichtenmauerwerk, das eine tragende Backsteinwand mit einer dämmenden Schale aus Leichtbackstein kombiniert. „Die einzelnen Komponenten sind seit Jahrzehnten bekannt“, beschreibt Max Wassmer, Innovationsverantwortlicher bei der Keller AG, „nur die Kombination ist neu!“ Beim Zweischichtenmauerwerk „KISmur“ als Fassadensystem entfallen aufwendige Tests, da die einzelnen Komponenten geprüft sind und den SIA Normen entsprechen. Backstein ist ein mineralisches Produkt, das den Temperaturausgleich gewährleistet, den Feuchtigkeitshaushalt natürlich reguliert, nachhaltig ist, niedrige Lebenszykluskosten verursacht und zu 100 Prozent rezyklierbar ist. „Die Funktionen Tragen und Dämmen sind sauber getrennt. Das ermöglicht eine hohe Fehlertoleranz beim Bauprozess und eröffnet Spielräume bei einem allfälligen Umbau“, erklärt Wassmer weiter. Backstein kann außerdem repariert werden und besitzt eine Lebensdauer von mindestens 90 Jahren.

Nun muss man natürlich auch sehen, dass die Idee eines zweischaligen Wandaufbaus nicht wirklich zu den neuesten Entwicklungen im Bauwesen zählt. Auch in zeitgenössischen Projekten mit modernen Backsteinen finden sich zweischaltige Mauerwerke, die bewusst die Funktionen Dämmung und Tragen trennen, wie etwa das Haus „2226“ von Baumschlager Eberle in Lustenau, über das wir 2014 bereits berichteten (zur Praxis: Ganz normal). Bleibt also zumindest, dass das neue System der Keller AG sich auf den gemeinsam mit der Hochschule Luzern erarbeiteten Daten stützen und als Kombination aus einer Hersteller-Hand ganz ohne vorherige Prüfung eingesetzt werden kann. Das bringt Vorteile in der Planung und auf der Baustelle und freut somit Architekten, Handwerker und Bauherren.

Beide Backstein-Mauerwerkschalen und somit deren Funktionen sind deutlich voneinander getrennt und werden durch eine Armierung zusammengehalten. (Bild: Keller AG Ziegeleien)