Wohnhaus am Bodensee

Fenster zum See

19. Oktober 2011

Wohnhaus am Bodensee
2011

Auftraggeber
privat

Architektur
Biehler Weith Associated
Freie Architekten BDA
Konstanz

Landschaftsarchitektur
Andreas Geser
Zürich

Tragwerksplanung
Baustatik Relling Gmbh
Singen

Haustechnik
Planungsbüro für Haustechnik Schwald
Steisslingen

Lichtplanung
Trieschmann GmbH
Rutesheim

Bruttogeschossfläche
620 m²

Fotografie
Brigida González

Kraftvoll und dynamisch nutzt das Haus am Bodensee seine exquisite Lage – und ist darin selbstverständlicher, als es auf den ersten Blick wirkt.

Der Bodensee liegt im Norden. Ein steiler, vom Ufer etwas zurückgesetzter Hang, das Grundstück ist von älteren Gebäuden im zurückhaltenden Landhausstil gerahmt: Hier haben die Architekten Biehler Weith einer Familie ein neues Zuhause gebaut. Und was für eines, ist man versucht, nach dem ersten Eindruck zu sagen, den man von der ufernahen Straße, von unten bekommt. Ein weit auskragender, dynamisch geschnittener Quader streckt sich über einem quergelagerten, über die gesamte Breite geöffneten Sockel in Richtung See. Die eingerückte Verglasung betont die forsche Expressivität der Geste.

Von Süden her betritt man das Grundstück – das Haus wirkt kleiner, aber auch massiver.

Wie zu den Zeiten der großen Freiheiten in den 1950er und 1960er Jahren, als hoffnungsfroher Zukunftsglaube noch ungetrübt in dynamischen und raumgreifenden Kompositionen Ausdruck finden durfte, feiert auch dieses Haus die landschaftlich privilegierte Lage, dient das Haus einerseits als Werkzeug, um sich den exponierten Ort anzueignen, den es andererseits erst selbst schafft. Je länger man das Haus wirken lässt, desto deutlicher wird, dass es eine angemessene Art ist, diesem Grundstück gerecht zu werden.

Innen- und Außenraum sind miteinander verzahnt, Form und Funktion aufeinander bezogen.

Ein Fußweg führt von unten zum Haus hinauf, aber eigentlich erschlossen wird es von Süden. Von oben wirkt das in den Hang gegrabene Haus deutlich kleiner. Die von unten spürbare Leichtigkeit, in die sich die kraftvolle Geste auflöst, scheint hier vorerst nur Kraft. Und es wird deutlich, warum dieses Haus der Dynamik der Form bedarf. Die kerngedämmte Sichtbetonkonstruktion hat eine Stärke von über 60 Zentimetern, Komfortansprüche und Energiesparzwang haben ihren Preis – erst dank des skulpturalen Gestus und der den Außen- mit dem Innenraum verzahnenden Struktur wird aus der technischen Notwendigkeit formale Sinnfälligkeit. Und so relativiert sich erneut der erste Eindruck. Durchblicke frontal und über Eck machen sichtbar, dass die Formen sich aus der inneren, auf das Außen bezogenen Logik erklären: Die Treppe, die von oben über ein Podest in den Wohnraum führt, der kleine, nach Südwesten orientierte Hof, der direkt vom Wohnzimmer aus zugänglich ist.

Der Wohnraum öffnet sich zu beiden Seiten, zum See und nach Süden.

Einmal im Haus, stellt sich die Frage kaum mehr, ob das Äußere sich vom Innen oder das Innere sich vom Außen herleitet. Über die Breite des quergelagerten Sockels öffnet sich das Haus zum See, ein Zwischenpodest auf dem Weg nach oben bietet eine kleine Nische. Zurückhaltende, aber fein gearbeitete Oberflächen – Zementestrich und Feingips an Wänden und Decke – werden ergänzt durch eine den Raum gliederndes Möbel aus Kastanienholz. Oben befindet sich das Zimmer der Tochter und im immerhin zwischen 7 und 8,40 Meter auskragenden Körper, mit bester Aussicht auf den See das Schlafzimmer des Bauherrenpaars. Diese Art, Zurückhaltung mit dem Spektakulären zu verbinden, zeigt sich im Haus mehrmals: spielerische ironische Brechungen, die es sympathisch machen. In das untere Geschoss führt ein golden gestrichenes Treppenhaus – zu den Arbeitsräumen, die durch Sichtbetonwände als Arbeitsorte charakterisiert werden.

Grundriss Obergeschoss

Auch von hier sieht man auf den See, und direkt auf eine makellos gearbeitete Spindeltreppe, ein Betonfertigteil, das wie ein verspieltes Ornament einen Kontrapunkt setzt, so als wolle es sagen, dass man sich weder von dicken Wänden noch von der dynamischen Gestik einschüchtern zu lassen braucht. Wie unverkrampft hier vorgegangen wurde, zeigt sich etwa auch darin, dass der expressiv zugeschnittenen Balkon nicht nur von Wohn- und Esszimmer, sondern auch von der Waschküche betreten durch eine Glastür betreten werden kann. Warum auch nicht? Auch beim Bügeln tut ein Blick nach draußen wohl – durch eines der vielen Fenster zum See.
Christian Holl

Grundriss Eingangsebene
Grundriss Untergeschoss
Schnitt

Wohnhaus am Bodensee
2011

Auftraggeber
privat

Architektur
Biehler Weith Associated
Freie Architekten BDA
Konstanz

Landschaftsarchitektur
Andreas Geser
Zürich

Tragwerksplanung
Baustatik Relling Gmbh
Singen

Haustechnik
Planungsbüro für Haustechnik Schwald
Steisslingen

Lichtplanung
Trieschmann GmbH
Rutesheim

Bruttogeschossfläche
620 m²

Fotografie
Brigida González