Garage Pavilion

Für Traktoren und Vernissagen

21. Oktober 2015


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 Archiv «Bau der Woche»

Remisenpavillon
2015

Bergstraße 48
27257 Affinghausen

Nutzung
Garage

Auftragsart
LP 1-9 Direktbeauftragung

Bauherrschaft
privat

Architektur
Wirth Architekten, Bremen

Fachplaner
Ingenieurbüro für Bauwesen, Jens Wulf, Bassum

Ausführende Firmen
Maurer: Meyer KG, Barenburg
Zimmerer: Cohrs Holzbau, Stuhr
Dachdecker: Logemann Bedachung, Affinghausen

Hersteller
Nur projektbezogene Handarbeit

Gebäudevolumen
ca. 126 m³

Bruttogeschossfläche
42 m² 

Gesamtkosten
Unbezahlbar und kostenlos: Die Eiche für die Torbohlen hat der Blitz erschlagenen und der Sturm gefällt. Für das Mauerwerk ist vor Jahrzehnten ein Bauernhof abgebrannt. Der Bau konnte bei fast allen Beteiligten solche Emotionen wecken, dass er den Rahmen des rein wirtschaftlichen überschritten hat. Profane Kosten zu ermitteln, würde uns vor diesem Hintergrund taktlos erscheinen.

Ritterschlag
Ein Artikel von Gerhard Matzig in der Süddeutschen Zeitung

Fotos
Christian Burmester

Die Hühner haben das Sofa in der Garage sehr gut angenommen.

Katinka Corts: Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?
Jan und Benjamin Wirth: Der Bau sollte mit Selbstverständlichkeit dem Ensemble angegliedert werden. Auf keinen Fall sollte das empfindliche bäuerliche Ensemble aus dem Gleichgewicht geworfen werden. Und dennoch der Neubau eindeutig als neues Element erkennbar sein. Für den Bau haben wir uns deshalb am Gebäudebestand orientiert und uns auf das Material Ziegel fokussiert.

Die archaischen Materialien der Garage sind widerstandsfähig – auch eine Überflutung übersteht der Pavillon gut.

Wie reagiert der Entwurf auf den Ort?
Der Remisenpavillon ergänzt ein typisches altes Bauernhofensemble der Region und arbeitet mit dessen Baulinien, Maßstab und Materialien. Das Gebäude bildet einen neuen Eckpunkt des Hofensembles und damit den ersten Eindruck, wenn man sich dem Hof nähert. Was man zuerst sieht, ist also ein Abstellraum und gleichzeitig ein Auftakt. Von der Ferne erscheint der Bau als geschlossener massiger Kubus. Nähert man sich, wird die filigrane Struktur des Lochmauerwerks erkennbar. Der Bau bildet eine so reduzierte Form, dass Passanten immer wieder Fragen, was das eigentlich ist. «Das Normale wird zum Besonderen, wenn man es mit  Sorgfalt und Achtsamkeit behandelt.» sagt der Londoner Architekt David Chipperfield.

Inwiefern hat die Bauherrschaft den Entwurf beeinflusst?
Die Bauherren haben einen ganz entscheidenden Beitrag zur Qualität der Arbeit geleistet, indem sie unserer Arbeit vertraut haben. Der Pavillon sollte ursprünglich dem Lagern und Bearbeiten von Brennholz dienen, zum Abstellen von landwirtschaftlichem Gerät, zum Parken von Autos. Hinzu kommt nun die Funktion der eleganten Loggia, die für Empfänge und Gartenfeste geeignet ist. Gerhard Matzig hat in der Süddeutschen Zeitung über den Remisenpavillon geschrieben: «Die Garage ist eine Remise, die Remise ein Pavillon, der Pavillon eine Loggia, nicht in Form gesichtsloser Mehrzweckhaftigkeit, sondern in Form eines Beweises. Nun ist klar, dass das Besondere das Alltägliche ist.» Wo geparkt werden sollte, steht nun eine Inspiration, Feste zu feiern.

Die Garage ist sehr luftig, dadurch trocknen Autos schnell nach dem Regen und der Rauch zieht gut ab.
Durch das Lochmauerwerk fällt die Morgensonne. Die Garage ist lichtdurchflutet, das Innere aber vor fremden Blicken geschützt.
Durch das Lochmauerwerk fällt die Morgensonne. Die Garage ist lichtdurchflutet, das Innere aber vor fremden Blicken geschützt.

Wie hat sich das Projekt vom ersten Entwurf bis zum vollendeten Bauwerk verändert?
Rund zwei Jahre Planung gingen dem Bau voraus. Tatsächlich hat der Entwurf eine kopernikanische Wende genommen, als sich beim Wegwerfen der Modelle und der dabei zwanglosen Zerstörung herausstellte, dass sich der Neubau ohne geneigtes Dach am bestens ins Ensemble einfügt. Den schon eingereichten Bauantrag haben wir daraufhin geändert und noch einmal neu eingereicht.

Beeinflussten aktuelle energetische, konstruktive oder gestalterische Tendenzen das Projekt?
Die Liberalität der Bauherrschaft hat uns ermöglicht, den pauschalen Normenwahnsinn zu überspringen und stattdessen mit motivierten Ingenieuren und Handwerkern eigene Lösungen zu suchen. Zum Beispiel existiert keine Dachabklebung, die erneuert oder entsorgt werden müsste, die Dachplatte besteht einfach aus wasserundurchlässigem Beton. Wir rechnen mit rund 100 Jahren Wartungsfreiheit – erst danach beginnt Beton seine Alkalität zu verlieren und die Stahlbewehrung kann rosten.

Mauerziegel und Bestand im Dialog.
Vergoldeter Beton – das klingt allein schon schöner als «Deckeneinbaustrahler».

Welche speziellen Produkte oder Materialien haben zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?
Im Nachbarort stand eine alte Brandruine, deren Ziegel die gleichen des bestehenden Bauernhofes waren. Der Aufwand, sie abzutragen, zu reinigen und die nicht maßhaltigen Ziegel zu vermauern, hat sich gelohnt. Auch wenn sie zwischendurch verflucht wurden. Das Eichenholz der Tore stammt ebenfalls aus der unmittelbaren Nähe: Eine große Eiche wurde vor 15 Jahren vom Blitz getroffen und später vom Sturm gefällt. Der Stamm wurde zu breiten Bohlen gesägt, die jetzt die Tore bilden. Ein Restaurator hat uns beraten: wenn eine Außentür 300 Jahre überdauert, wurde sie mit Leinöl behandelt. Die Tore des Remisenpavillons sind vierfach geölt. 

Durch das Lochmauerwerk kann der Wind weiterhin ungehindert über das Feld ziehen und das Getreide trocknen.
Der markante Kubus hat Wegbeschreibungen zum Hof deutlich vereinfacht. Eine Hausnummer braucht man nicht mehr angeben.
Norddeutschland ist nicht Italien: Große Tore erleichtern nicht nur das Einparken sondern lassen sich bei Feiern auch schnell schließen, wenn Unwetter droht.
Das feierliche goldene Licht als Orientierungshilfe im flachen Land.
Der Remisenpavillon nimmt die Baulinien des Hofes auf und gibt dem Ensemble einen marktanten Eingangsbau.


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Remisenpavillon
2015

Bergstraße 48
27257 Affinghausen

Nutzung
Garage

Auftragsart
LP 1-9 Direktbeauftragung

Bauherrschaft
privat

Architektur
Wirth Architekten, Bremen

Fachplaner
Ingenieurbüro für Bauwesen, Jens Wulf, Bassum

Ausführende Firmen
Maurer: Meyer KG, Barenburg
Zimmerer: Cohrs Holzbau, Stuhr
Dachdecker: Logemann Bedachung, Affinghausen

Hersteller
Nur projektbezogene Handarbeit

Gebäudevolumen
ca. 126 m³

Bruttogeschossfläche
42 m² 

Gesamtkosten
Unbezahlbar und kostenlos: Die Eiche für die Torbohlen hat der Blitz erschlagenen und der Sturm gefällt. Für das Mauerwerk ist vor Jahrzehnten ein Bauernhof abgebrannt. Der Bau konnte bei fast allen Beteiligten solche Emotionen wecken, dass er den Rahmen des rein wirtschaftlichen überschritten hat. Profane Kosten zu ermitteln, würde uns vor diesem Hintergrund taktlos erscheinen.

Ritterschlag
Ein Artikel von Gerhard Matzig in der Süddeutschen Zeitung

Fotos
Christian Burmester