Logenplätze bei Longens

Guter Wein und qualitätvolle Architektur sind eine seit Jahren beliebter werdende Kombination. Die Liste der Orte aus einer solchen Verbindung kann man seit diesem Frühling um eine Adresse ergänzen: das Weinkulturgut Longen-Schlöder mit seinen neu errichteten Winzerhäuschen. Das Konzept, statt eines großen Gebäudes viele kleine Einheiten in einen Garten zu stellen, ist zwar nicht neu, doch die Anordnung der Winzerhäuschen, die heimischen Materialien, die beim Bau verwendet wurden, und die Anlage der Gärten machen es zu etwas Einzigartigem.
Rundum mit Schiefer bekleidet, strahlen die Winzerhäuschen schon von außen eine schlichte, gemütliche Atmosphäre aus, die sich im Innern fortsetzt. Massive Eichenholzdielen, ein schlichtes Bett, Schreibtisch, Stuhl und Sessel sowie ein kleines, aber durchdacht möbliertes Badezimmer begrüßen die Gäste. Ein paar Regalfächer und eine Kleiderstange bieten für den Inhalt des Koffers ausreichend Platz.

Vom Bett aus kann man den Blick entweder hinauf in den hohen Giebel schweifen lassen oder hinaus in „seinen“ Garten, der mit Obstbäumchen, Kräutern, Rosen oder Beeren aufwartet. Nicht jedermanns Sache dürfte es dabei sein, dass man ebenso auf das Bett des Nachbarn schauen kann. Denn zwölf der 14 Häuschen sind auf einer Achse angeordnet, und auch der Zugang zu Garten und Haus liegt in einer Linie mit der großen Fenstertür, die dem Gast als Eingang dient. Diese Offenheit und die Blickbeziehungen fördern allerdings auch die Kommunikation und die Begegnung der Gäste, was für Architekt und Bauherren im Vordergrund stand. Und das passt auch sehr gut zum aufgeschlossenen und immer freundlichen Ehepaar Longen und seinem Team. Wer sich also einfach mal auf diese Situation einlässt, der erlebt einen Hotelaufenthalt, bei dem die Gäste nicht möglichst ungesehen durch die Flure schleichen und sich in ihre Zimmer verkrümeln, sondern miteinander ins Gespräch kommen.

Sechs weitere Doppelzimmer fassten Matteo Thun und sein Team in einem größeren, eingeschossigen Gebäude, dem „Haus Sabine“, zusammen. Auf den eigenen Garten und den privaten Eingang müssen aber auch diese Gäste nicht verzichten, denn alle Zimmer werden direkt von außen erschlossen.
Der Verwaltungsbau, der die Gästezimmer zur Straße hin abschottet, greift die Sprache des Hauses Sabine auf und beherbergt Büroräume und den großen, hellen Frühstücksraum. Dieser ist ebenso minimalistisch eingerichtet wie die Winzerhäuschen. Durchdachte Details in der Einrichtung und der Dekoration, wie hier und da mal ein roter Stuhl zwischen viel Naturholz, farbig passendes Geschirr und frische Blumen auf den Tischen sorgen dafür, dass man sich auch hier sofort zuhause fühlt und gleichzeitig nicht zuviel vom wunderschönen Blick in die Weinberg ablenkt.

Obwohl die Winzerhäuschen architekturaffine Gäste schon seit diesem Frühling einladen, darf man gespannt sein, wie das Weingut in zwei oder drei Jahren aussehen wird. Denn das Ehepaar Longen, das vor Ideen sprüht und unendlich viel Energie zu haben scheint, plant zwischen den Apfelbäumen auf dem Weingut noch einen Naturbadeteich und ein kleines Saunahäuschen. Wenn es qualitativ so weitergeht, wie es mit den Schieferhäuschen angefangen hat, kann das nur das Tüpfelchen auf dem i werden.
Simone Hübener