Neubau Hospitalhof Stuttgart

Vertraut und neu

5. November 2014
Blick aus der Büchsenstraße auf den Neubau und die unter Denkmalschutz stehende Hospitalkirche: Der Haupteingang befindet sich zwischen beiden Gebäuden.

Thomas Geuder: Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?
LRO: Der Neubau bezieht sich an der einen Seite auf den Fußabdruck des alten Klosters. Durch die Verdrehung im Stadtgrundriss löst sich der Hospitalhof räumlich vom rechtwinkligen Straßensystem, was als Besonderheit im Stadtraum wahrgenommen wird.

Welche Inspirationen liegen diesem Projekt zugrunde?
Im Gegensatz zur Nachkriegsarchitektur, die sich (aus verständlichen Gründen) von der Geschichte zu distanzieren suchte, verstehen wir die Aufgabe als eine, die die Kluft zwischen Vergangenheit und Gegenwart schließt. Dafür stehen die Begriffe «Kontinuität» und «Weiterbauen».

Zusammenspiel von Alt und Neu: Die Kopfseite des neuen Büroriegels ist verbunden mit dem noch erhaltenen Teil der Südfassade der ursprünglichen Hospitalkirche, die hier bis zu Zweiten Weltkrieg stand.

Wie reagiert der Entwurf auf den Ort?
Ein Gebäude ist immer nur Teil eines Ganzen: Teil der Landschaft, Teil der Stadt, in der es steht. Und so begreifen wir die Aufgabe, die uns zugefallen ist, nicht als eine, die sich allein auf das Gebäude bezieht, das es zu bauen gilt, sondern als einen Beitrag zur Stadt und der näheren Umgebung, in der es steht. Das Bild der Stadt ist immer ein Zustandsbericht über die kulturelle, soziale und ökonomische Verfassung ihrer Bürger. Bauen ist deshalb eine Gemeinschaftsaufgabe.

Inwiefern haben Bauherrschaft, Auftraggeber oder die späteren NutzerInnen den Entwurf beeinflusst?
Der Neubau bildet mit der Hospitalkirche eine städtebauliche Einheit. Insofern zeigt das Ensemble, dass es sich um eine Bildungseinrichtung handelt, in der Glaube, Wissenschaft und Kunst ein Ganzes bilden.

Ansicht des Verwaltungsriegels aus der Gymnasiumstrasse: Die Büroflächen sind im üblichen Büroraster von 1,35 m entwickelt.

Welche speziellen Produkte oder Materialien haben zum Erfolg des vollendeten Bauwerks beigetragen?
Die äußere Erscheinung des Gebäudes ist durch das Mauerwerk aus hellen Ziegeln geprägt. Wir glauben, damit dem Charakter des innenstädtischen Ensembles als historischem Nukleus des Viertels gerecht zu werden. Gemauerte Fassaden kommen uns auf den ersten Blick vertraut vor. Uns interessiert dabei nicht, ob sich für den Besucher zuerst die Frage stellt, ob das Gebäude neu oder alt aussieht. Wichtiger ist die Selbstverständlichkeit, durch die es auf den ersten Blick als Teil der Stadt wahrgenommen wird. Vertraut und dennoch neu: In dieser Balance sehen wir die Fassaden; diese Eigenschaft soll auch die Innenräume prägen. Deshalb sind Decken, Wände und Böden aus Materialien, die wir nicht nur gewohnt sind, sondern die auch durch ihre Fügung den handwerklichen Charakter ausmachen. Man kann lange über moderne Produktionsmethoden streiten, zu all dem aber, was von Hand gemacht ist, haben wir eine andere Art der Zuneigung, als zu industriell hergestellten Produkten. Man hat das Gefühl, «jemand hat da für mich Hand angelegt».

An der Südfront des ehemaligen Hauptschiffs der Hospitalkirche stehen die noch erhaltenen Reste der gotischen Fenster. Sie rahmen gemeinsam mit der heutigen Hospitalkirche und dem Neubau des evangelischen Bildungszentrums Hospitalhof den Innenhof.
Mit drei Reihen klappbarer Holzflügel aus Birkenholz lassen sich unterschiedlichste Lichtsituationen im großen Saal schaffen. Der Saal bildet das Zentrum der Anlage, um das sich die anderen Räume gruppieren.
Die sklupturale Qualität des Raumes wird Treppenhaus durch die einheitlich weiß verputzen Oberflächen der Wände und der Decken besonders hervorgehoben.
Lageplan
Grundriss Erdgeschoss
Schnitt Nord-Ost
Grundriss 2. Obergeschoss
Ansicht Süd-West
Ansicht Nord-West
Ansicht Süd-Ost
Ansicht Nord-Ost
Schnitt Süd-Ost
Neubau Hospitalhof Stuttgart
2014
Büchsenstraße 33
70174 Stuttgart

Nutzung
Zentrum für Bildung, Begegnung und Kultur

Auftragsart
Wettbewerb 2009, 1. Preis

Bauherrschaft
Evangelische Gesamtkirchengemeinde Stuttgart

Architektur
LRO Lederer Ragnarsdóttir Oei GmbH & Co. KG Architekten BDA/AI, Stuttgart
Prof. Arno Lederer, Jórunn Ragnarsdóttir, Marc Oei
Team: Katja Pütter (Projektleitung), David Fornol, Philipp Gengenbach, Carmen Lock, Aydin Koyun, Simone Neuhold, Daniel Steinhhübl, Rainer Strittmatter

Fachplaner
Projektsteuerung: nps Bauprojektmanagement GmbH, Ulm
Tragwerksplanung:  Knippers Helbig GmbH, Stuttgart
Planung Elektro: Raible+Partner GmbH & Co. KG Planungsbüro für Elektro- und Kommunikationstechnik, Ditzingen
Planung H/L/S: Kuehn Bauer Partner Beratende Ingenieure GmbH, München
Bauphysik: Bayer Bauphysik Ingenieurgesellschaft mbH, Fellbach
Brandschutz: Halfkann + Kirchner Sachverständigenpartnerschaft, Stuttgart
Geologie: Prof. Dr.-Ing. Edelbert Vees und Partner Baugrundinstitut GmbH, Leinfelden-Echterdingen
Prüfingenieure:   Peter und Lochner Beratende Ingenieure für Bauwesen GmbH, Stuttgart
Vermessung: Vermessung Hils, Stuttgart
SiGeKo: Architekturbüro Axel Deuschle, Stuttgart
Schadstoffgutachter: Henke und Partner GmbH Ingenieurbüro für Geotechnik, Stuttgart

Ausführende Firmen
Abbruch: GL-Abbruch GmbH, Esslingen
Rohbau und Verblendmauerwerk: Baresel GmbH, Leinfelden-Echterdingen
Verblendmauerwerk: Klinker Kuntz GmbH, Ilmenau
Dachabdichtung: Spohn GmbH, Laupheim
Holz- / Holz-Alu-Fenster: Erich Schillinger GmbH, Oberwolfach
Elektrotechnik: Imtech Deutschland GmbH & Co. KG, Aalen
Aufzüge: KONE GmbH, Ludwigsburg
Sanitärtechnik: HEDISA Haustechnik GmbH, Stuttgart
Heizungs- / Kältetechnik: Maier Heiztechnik GmbH, Köngen
Lüftungs- und MSR-Technik: SIEGLE + EPPLE GmbH & Co. KG, Stuttgart
Wärmedämmarbeiten: K.H. Schmolke – Isolierungen Waltenhofen GmbH & Co KG, Waltenhofen
Putz- und WDVS-Arbeiten: Ullrich & Schön GmbH, Fellbach-Schmiden
Trockenbauarbeiten: sat Sanierungstechnik GmbH, Worms
Innentüren Stahl: Salzmann GmbH, Merklingen 
Innentüren Holz: Schreinerei Erwin & Markus Hecht, Binzwangen 
Malerarbeiten: Anton Geiselhart GmbH & Co. KG, Pfullingen 
Estrich: Benirschke e.K., Göppingen 
Hohlraumboden: GMI Bodensysteme GmbH, Niedernberg 
TG- und Bodenbeschichtung: T. B. Lange GmbH, Vaihingen an der Enz
Fliesenarbeiten und Natursteinarbeiten: Fliesen-Röhlich GmbH, Freiburg i.Br.
Bodenbelag: Ramsaier GmbH, Stuttgart
Innenausbau Büros: ALTMANN Laden- und Innenausbau GmbH, Bönnigheim
Innenausbau Veranstaltung: Friedrich Hanselmann GmbH & Co. KG, Neuweiler
Innenausbau Saal: RIES Akustik – Innenausbau GmbH, Alerheim
Systemtrennwände: ZEEB Innenausbau GmbH, Stuttgart-Weilimdorf
Sanitärtrennwände: Meta Trennwandanlagen GmbH & Co. KG, Rengsdorf
Schlosser: Strasser Stahl- und Metallbau, Tübingen
Schlosser: Gerhard Engelfried Stahl- und Metallbau GmbH, Stuttgart
Außenanlagen: Mayer GmbH, Leutenbach
Rohbau / Eingangsbauwerk: Wilhelm Keller GmbH & Co. KG, Denkendorf
Möblierung: Purist GmbH, Ludwigsburg
Möblierung: Leonhard Büro Gestaltung GmbH, Filderstadt-Bernhausen
Möblierung: W. Meinlschmidt GmbH, Böblingen
Schließanlage: SSK Schrauben – Schmid GmbH, Kirchheim / Teck
Betonfertigteile: Steenfelder Betonwerk Johann Meinders GmbH, Westoverledingen
Fassadenbefestigungen: Wilhelm Modersohn GmbH & Co. KG, Spenge
Verblendmauerwerk:  Ziegelei Hebrok, Hagen

Hersteller
Klinker «Divum 1148».;  Ziegelei Hebrok, Hagen
Linoleum / Teppich;  DLW Flooring GmbH
Naturstein (Bodenbelag); Anröchter Dolomitstein, Anröchte-Berge; Hubert Killing GmbH

Bruttogeschossfläche
10.653 m²

Gesamtkosten
23.100.000 € brutto (KG 200-700)

Fotos
Arno Lederer, Lederer Ragnarsdóttir Oei, Stuttgart (1-3, 5)
  Roland Halbe (4)