Lebendiger Lern- und Arbeitsort

querkraft | 11. April 2025
Das große Atrium ist das Herzstück des Hochschulbaus. Eine Treppenanlage mit verschiedenen Plattformen und Galerien verbindet alle Geschosse. (Foto: Hertha Hurnaus)
Worin liegt das Besondere an dieser Bauaufgabe?


Bereits in der Wettbewerbsauslobung wurden nicht nur klassische Büro- und Besprechungsräume gefordert. Vielmehr sollten auch Räume entworfen werden, die Austausch und Kommunikation in besonderem Maße ermöglichen. Die Abteilungen der Business-School sollten die Möglichkeit haben, sich miteinander zu vernetzen und zu kooperieren. So haben wir uns gleich zu Beginn des Entwurfsprozesses entschlossen, das Gebäude um ein helles Atrium mit verschiedenen Begegnungsorten als Herzstück zu organisieren. Wissenschaft und Forschung leben von Innovation – und diese wird getragen von Kommunikation. Das Atrium bietet Orte der Begegnung mit unterschiedlichen Aufenthaltsqualitäten und lädt dazu ein, sich auszutauschen und auch spontan miteinander in Kontakt zu treten.

Zudem sollte das Erdgeschoss unterschiedlich große Seminarräume aufnehmen. Deshalb achteten wir auf eine nutzungsflexible Konstruktionsweise, die den verschiedenen Anforderungen Raum bietet und in Zukunft Änderungen ohne weiteres zulässt.

Die Fassade des Gebäudes ist aus zwei Schichten aufgebaut: Eine Pfosten-Riegel-Konstruktion bildet die isolierende Gebäudehülle, und eine vorgelagerte Stahlstruktur trägt die Sonnenschutzelemente und die Fassadenbegrünung. (Foto: Hertha Hurnaus)
Wie reagiert der Entwurf auf den Ort?


Das House of Schools ist ein Meilenstein für die Entwicklung des JKU-Campus in Linz und setzt einen architektonischen Akzent. Als erster Teil eines Bauensembles, das in drei Bauphasen realisiert werden kann, strukturiert das Gebäude den Campus im Süden klar. Gleichzeitig schafft es im Zusammenspiel mit den zukünftigen Bauten HOS2 und 3 eine attraktive Hofsituation im Norden. Unser Bau greift die bestehende Erschließungsachse auf und führt sie weiter, wodurch eine gute Orientierung gegeben ist und eine klare Gliederung entstehen. Die kompakte Anordnung der Baukörper sichert zusätzlich Raum für zukünftige Erweiterungen im Westen.

Wie kamen Sie zu dem Auftrag?


Unser Projekt ging als Sieger aus einem EU-weiten, einstufigen Realisierungswettbewerb mit vorgeschaltetem Bewerbungsverfahren hervor, bei dem 21 Entwürfe eingereicht worden waren. Anschließend wurden in einem Verhandlungsverfahren die Generalplanerleistungen an uns vergeben.

Das Atrium wartet mit unterschiedlichen Begegnungsräumen auf – sie eignen sich für fokussiertes Arbeiten in der Gruppe genauso wie für spontane Treffen. (Foto: Hertha Hurnaus)
Welche besonderen Anforderungen wurden gestellt und wie trugen Sie diesen Rechnung?


Für alle Neubauten und Generalsanierungen der BIG, also der Bundesimmobiliengesellschaft, gilt ein Nachhaltigkeitsstandard, der über die gesetzlichen Anforderungen hinausgeht. So wurde der Leitfaden Holistic-Building-Program befolgt, und die klimaaktiv-Mindestmaßnahmen sind umgesetzt. Die Bewertung und Qualitätssicherung von Gebäuden in klimaaktiv-Qualität erfolgt in vier Bewertungskategorien. Beurteilt werden die Qualität des Standorts, der Energieaufwand und die -versorgung, die Qualität der Baustoffe und der Konstruktionen sowie zentrale Aspekte hinsichtlich des Komforts und der Gesundheit. Unser Gebäude wurde mit der höchsten Qualitätsstufe Gold ausgezeichnet.

Inwiefern haben die Bauherrschaft oder die späteren Nutzenden den Entwurf beeinflusst?


Während der gesamten Planung gab es einen regen Austausch zwischen Bauherrenschaft, Nutzerinnen und Nutzern sowie dem Planungsteam. Auf Wunsch der Nutzenden entstand beispielsweise der »Common Room« im 4. Obergeschoss. Dabei handelt es sich um einen fast 70 Quadratmeter großen Gemeinschaftsraum mit Teeküche, Loungebereich und Balkon, der allen Mitarbeitenden im Gebäude zur Verfügung steht. Wir haben ihn im Zuge der Vorentwurfsplanung ergänzt.

Blick ins Atrium (Foto: Hertha Hurnaus)
Warum haben Sie sich für die eingesetzten Materialien entschieden?


Bei der Auswahl der Materialien achteten wir auf Langlebigkeit und Reduziertheit. Außerdem war uns wichtig, dass die verwendeten Baustoffe sichtbar sind und wir hinsichtlich der Oberflächen eine gewisse Materialehrlichkeit erreichen. Tragstruktur, Boden und Decke verstecken wir nicht hinter Verkleidungselementen, und Glas und metallische Oberflächen ergänzen diesen rohen Charakter. Die Wandflächen heben sich in ihrer Farbgebung und Textur eindeutig vom Rohbau ab, wodurch eine gute Lesbarkeit der einzelnen Bauelemente erzeugt wird.

Die Fassade des Gebäudes ist in zwei Ebenen geplant. Sie besteht aus einer Pfosten-Riegel-Fassade als isolierende Hülle und einer vorgelagerten Stahlkonstruktion. Letztere nimmt unterschiedliche Sonnenschutzelemente auf und trägt die Fassadenbegrünung. Durch den zweischichtigen Aufbau der Gebäudehülle und die helle Farbgebung entfaltet sich ein faszinierendes Spiel von Licht und Schatten, das der Fassade eine lebendige Tiefenwirkung verleiht.

Die Tragkonstruktion ist ein Stahlbeton-Skelettbau, der durch ein weites Stützenraster von 10 × 10 Metern eine flexible Nutzung der Räume zulässt. Diese Struktur kann Räume verschiedenster Größe aufnehmen – vom Einzelbüro bis zum Seminarraum für 60 Personen. (Foto: Hertha Hurnaus)
Inwiefern beschäftigen Sie sich im Büro mit der ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit?


Ein wesentlicher Aspekt unseres Planungsprozesses ist die emotionale Nachhaltigkeit. Um die Nutzungsdauer eines Gebäudes zu maximieren, muss dieses geliebt und langfristig gern genutzt werden. Hinzu kommt eine flexible Bauweise, die Veränderungen und Anpassungen an künftige Anforderungen zulässt. Beim House of Schools erreichten wir das durch Raumhöhen von 3.15 Metern und eine Stahlbeton-Skelettbauweise mit einem Achsraster von 10 × 10 Metern. Außerdem achteten wir der Umwelt und dem Klima zuliebe bei der Wahl des statischen Prinzips auf einen ressourcenschonenden Materialeinsatz. Wir haben zum Beispiel materialsparende Hohlkörperdecken eingebaut.

Hinsichtlich des Energie- und Haustechnikkonzepts setzten wir auf erneuerbare Energien wie Photovoltaik und Geothermie. Durch intelligente Gebäudetechnik, automatisierten Sonnenschutz, Wärmepumpen mit Erdwärme, Betonkernaktivierung und eine mechanische Lüftung mit Wärmerückgewinnung ist der Betrieb des Gebäudes umweltfreundlich und energiesparend.

Grundriss Erdgeschoss (© querkraft)
Grundriss 1. Obergeschoss (© querkraft)
Längsschnitt (© querkraft)
Querschnitt (© querkraft)
House of Schools 1
2024
4040 Linz, Oberösterreich, Österreich
 
Nutzung
Universitäts- und Institutsgebäude
 
Vergabe
EU-weiter, einstufiger Realisierungswettbewerb, 1. Preis
Generalplanerleistungen nach Verhandlungsverfahren
 
Bauherrschaft
Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H., Wien
Unternehmensbereich Universitäten
 
Architektur
querkraft, Wien
Projektleitung: Stefanie Meyer
Team: Claudia Cikanek, Gil Cloos, Veronika Felber, Julia Hosner, Stefanie Klocke, Yannic Kohnen, Bernadette Koller, Thomas Kunz, Klaus Ladstätter, Sonja Mitsch, Johanna Sieberer und Michael Voit
 
Fachplaner
Integrierende Gesamtkoordination: L-Bau Engineering
Haustechnik: Obkircher Plus
Elektrotechnik: E-sign
Bauphysik: Larix Engineering
Akustik und Schallschutz: Clemens Häusler
Brandschutz: FireX Greßlehner GmbH
Statik: Werkraum Ingenieure ZT GmbH
Kostenermittlung: GZ Engineering
Freianlagen: Kieran Fraser Landscape Design
Gebäudebegrünung: Green 4 Cities
 
Ausführende Firmen
Baumeister: Porr Bau GmbH
Fassade, Glasdach und Metalltüren: ARGE Fritscher-Ferroglas-Federer
Sonnenschutzlamellen: Linzner Metallbau GmbH
Schlosserarbeiten: M+E Metallbau GmbH
Dachdecker: FDD Ges.m.b.H. & Co KG
Trockenbau: THT Thaci Trockenbau GmbH
Bautischler: Scheschy Tischlerei GmbH
Elektrotechnik: PKE Gebäudetechnik GmbH
Haustechnik: Ing. August Lengauer GmbH & Co KG
MSR: Honeywell Austria GmbH
Estrich: Raumausstattung Wiesinger GmbH
Estrich Schleifarbeiten: Stein-Zeit Köllnreiter GmbH
Fliesen: HB Fliesen GmbH
Maler: Happy Maler Ges.m.b.H.
Möbeltischler: Füreder
Außenanlagen: Held & Francke Baugesellschaft m.b.H. und Hennerbichler GmbH
Medientechnik: Gendo GmbH
Beschilderung: Total Solution GmbH
 
Hersteller und Bauprodukte
Aufzug: Schindler S3000
PR-Fassade: Schüco FWS 50
Fassadenpaneele: Linzmeier, Linit Almst
Aufsatzkonstruktion Glasdach: Raico
Textile Sonnenschutz: Valetta ZIP XL, Sattler Screens
Sauberlaufmatten: Scheybal Mega-Mat Tex
Akustikverkleidung: Heradesign Superfine
Leichtbauwände: Knauf
Metalltüren: Tortec
Leuchten: XAL MOVE IT
Akustikvorhänge: Creation Baumann
Schließsysteme: Essecca GmbH
Schalterserie: Jung LS 990
Wandfliesen: Estudio Cermaico, Farrow Dorset
Sanitärtrennwände: Kemmlit System Classiccell
WCs und Urinale: Laufen Pro
Waschtische: Helopal Futura 110
 
Bruttogeschossfläche
7700 m² 
 
Fotos
Hertha Hurnaus, Linz

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